Schwarzenbek/Cesenatico. Vor allem die Jugend macht Druck für mehr Klimaschutz. Die Folgen der Katastrophe vom Mai in Norditalien sind noch zu sehen.
Starkregen in Cesenatico und dann wieder Trockenheit – aber auch in den anderen Verbrüderungsstädten von Schwarzenbek sind der Klimawandel und die langen Dürreperioden ein wichtiges Thema. Deshalb haben die Europastadt und ihre Partner in Italien, Frankreich, der Schweiz und Belgien schon vor einem Jahr den Klimaschutz als eines der gemeinsamen Ziele in den Fokus gerückt. Daran und auch zu Fragen der Migration wollen Schwarzenbek sowie Cesenatico, Aubenas, Sierre und Zelzate in den kommenden Jahren stärker zusammenarbeiten.
Wie sehr der Klimawandel zur wachsenden Bedrohung wird, hat sich gerade jetzt wieder beim Verbrüderungstreffen in Cesenatico gezeigt, von dem eine 30-köpfige Delegation, angeführt von Bürgermeister Norbert Lütjens und Bürgervorsteher Roman Larisch, jetzt zurückgekehrt ist. „Bei den Überschwemmungen im Frühjahr in der Region ist unsere Partnerstadt glimpflich davongekommen. Im 20 Kilometer weit entfernten Cesena sieht man heute noch die Schäden. Das haben wir bei der Durchfahrt beobachtet“, berichtet Norbert Lütjens.
Die Folgen der Flutkatastrophe aus dem Mai sind noch zu sehen
In Cesenatico selbst gab es bei den starken Unwettern im Mai keine Schäden, doch hohe Wellen und starker Regen bedrohten die Stadt. „Es wird aber ein zunehmendes Problem, das Wasser aus Cesenatico und Umgebung ins Meer zu bekommen. Große Teile des Gebiets liegen unter dem Meeresspiegel. Starkregen nimmt zu, dann muss das Wasser abgepumpt werden. Nach dem Regen folgt dann wieder große Trockenheit, weil auch der Grundwasserspiegel gesunken ist“, erläutert Lütjens, der zum ersten Mal in Cesenatico war. Bereits im Vorjahr beim Treffen in französischen Aubenas hatten die Verwaltungschefs der Verbrüderungsstädte beschlossen, gemeinsame Projekte mit einem Schwerpunkt auf den Umweltschutz anzuschieben und voneinander zu lernen.
Mit dabei war deshalb auch die Schwarzenbeker Klimaschutzbeauftragte Nina Reimers. „Klimaschutz ist bei uns mittlerweile institutionalisiert. Bei allen Prozessen, Projekten und Bauleitplanungen ist unsere Klimaschutzmanagerin mit eingebunden, um zu prüfen, ob alle Klimaschutzbelange berücksichtigt sind ober ob es etwas zu verbessern oder Fördermittel einzuwerben gibt“, erläutert Lütjens. In Cesenatico hat sie vorgestellt, welche Projekte in Schwarzenbek bereits verwirklicht wurden und was jetzt ansteht. Dazu gehört beispielsweise die vollelektrische Stadtbuslinie oder der fahrradfreundliche Bahnhof. „Jetzt prüfen wir alle möglichen Standorte für Solarenergienutzung und entwickeln den kommunalen Wärmeplan. Aber auch der Ausbau der Fahrradinfrastruktur und ein ökologisches Mobilitätskonzept stehen auf der Agenda“, so Lütjens.
Städte suchen gemeinsam Konzepte für Energiewende und Umweltschutz
Bei dem Treffen in Cesenatico haben auch die Vertreter der anderen Verbrüderungsstädte ihre Konzepte für die Energiewende vorgestellt. Die Probleme und Herausforderungen sind allerorts die gleichen. „Wir wollen weiterhin eng im Austausch bleiben und voneinander lernen, wie sich die Probleme am besten lösen lassen. In einem international aufgestellten Team lassen sich besser Ideen entwickeln, weil wir dabei auch über den Tellerrand hinweg schauen“, so Lütjens. Denn viele Projekte lassen sich möglicherweise auch über Fördermittel aus der EU lösen – und die Förderkulisse ist für alle Verbrüderungsstädte die gleiche.
Sehr engagiert haben sich auch die Jugendlichen eingebracht. Sie machten gut die Hälfte der Gruppe aus und forderten mehr Tempo beim Umsetzen von Klimaschutzmaßnahmen. Schon bei den öffentlichen Workshops zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) war das Interesse der Jugendlichen an der Zukunft ihrer Stadt sehr groß und mehr als 80 von ihnen machten aktiv bei der Ideenfindung mit. Damals wie auch jetzt wieder in Cesenatico kristallisierte sich heraus, dass die Jugendlichen viel Wert auf eine ökologische Zukunft setzen.
Jugendlichen geht es mit dem Klimaschutz nicht schnell genug voran
„Sie fordern Tempo. Es geht ihnen alles nicht schnell genug. Wenn es nach den Jugendlichen ginge, würde es schon längst Solarmodule auf den Dächern öffentlicher Gebäude und neue Radwege im Stadtzentrum geben. Es kostet Überzeugungsarbeit, ihnen klar zu machen, dass das alles Planungsprozesse sind, die ihre Zeit dauern“, so Lütjens. Ein Vorschlag, der von den Jugendlichen bei dem Treffen in Cesenatico kam, war aber auch die stärkere Verrieselung von Wasser auf Baugrundstücken, um den Grundwasserspiegel zu heben und die Kanalisation zu entlasten.
„Wir werden an diesen Themen kontinuierlich weiter arbeiten. Wir haben mittlerweile Vierteljährliche Arbeitstreffen unter uns Bürgermeistern aus den Verbrüderungsstädten etabliert. Die Sitzungen finden meist virtuell über Videokonferenzen statt“, erläutert der Verwaltungschef. Aber im vergangenen Jahr hat es auch außer der Reihe ein Präsenztreffen der Bürgermeister mit Kleindelegationen in Sierre gegeben.
140 Teilnehmer fördern an der Adria den europäischen Gedanken
Während die Begegnung, zu der 140 Teilnehmer aus den fünf Verbrüderungsstädte kamen war das einzige, was nicht mitspielte, das Wetter. „Wir hatten uns auf Sommer eingestellt, aber es hat fast die ganze Zeit geregnet und war kühl“, sagt die neue Kulturbeauftragte und Verbrüderungssekretärin Hannah Kloosterman, für die es die erste Reise in eine der Verbrüderungsstädte war. Mit dabei war auch ihre mittlerweile pensionierte Vorgängerin Christine Uhde, die fließend Italienisch spricht und als Dolmetscherin fungierte. „Sehr schön und vor allem auch wichtig für unsere Verbrüderungsarbeit war es, dass die Gruppe zum einen zur Hälfte aus Menschen bestand, die noch nie an so einer Reise teilgenommen haben und zum anderen, dass die Hälfte junge Menschen waren. Das ist wichtig, um den Europäischen Gedanken tiefer in der Bevölkerung zu verwurzeln“, sagte Hannah Kloosterman.
Allerdings ist nach dem Verbrüderungstreffen vor dem Verbrüderungstreffen. Der Treffpunkt wechselt jährlich, vom 7. bis zum 11. August 2024 ist Schwarzenbek an der Reihe. Während die Gruppen diesmal in Hotels untergebracht waren – in einem Badeort an der Adria kein Problem – braucht die Stadt für diese Zeit Privatunterkünfte für die Gäste. Es werden etwa 120 Personen aus den Verbrüderungsstädten erwartet. „Wir werden die Erfahrungen nachbesprechen und beginnen dann aber auch schon sehr bald mit der Findungsphase für Ideen zur Ausgestaltung des nächsten Treffens“, so Hannah Kloosterman.
Beim Treffen in 2024 in Schwarzenbek geht es um Umwelt und Migration
Was jetzt schon feststeht ist, dass es drei Themenkomplexe für die Workshops geben soll. Klimaschutz und Migration sind gesetzt, ein dritter Bereich wird noch entwickelt. „Wir wollen die Themen im Rahmen eines World Cafés bearbeiten. Außerdem sollen in den Delegationen aus den Verbrüderungsstädten auch Experten zu den Themen sein, damit wir ein fundiertes Input bekommen“, so Lütjens. Bei einem World Café werden Themenkomplexe in Kleingruppen erarbeitet und dann zusammengetragen und gemeinsam diskutiert.
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Traditionell wird bei allen Treffen, wie auch jetzt in Cesenatico, der Verbrüderungseid erneuert. Denn den Städtebund gibt es bereits seit 1955 und nach einem längeren Dornröschenschlaf hat die Partnerschaft durch neue Initiativen, wie beispielsweise den Schüleraustausch des Gymnasiums mit Sierre, dem Praktikantenaustausch mit Zelzate oder das Videoprojekt „Fünf Städte, sechs Fragen“ an Dymnamik gewonnen.
Wer sich an dem Prozess beteiligen möchte oder Interesse hat, Gäste aus Aubenas, Sierre, Cesenatico oder Zelzate aufzunehmen, kann sich bei Hannah Kloosterman unter 04151/88 11 32 melden.