Schwarzenbek. SPD und FWS planten in Schwarzenbek, eine Fraktionsgemeinschaft zu bilden: Doch dazu kam es nicht. Die Gründe.

Bei der Kommunalwahl am 14. Mai hatte die CDU 32,2 Prozent der Stimmen und damit 12 Sitze gewonnen, war der klare Wahlsieger. Die SPD hatte hingegen 6,8 Prozent gegenüber 2018 verloren, kommt nur auf acht Sitze. Eine Fraktionsgemeinschaft mit den Freien Wähler (5 Sitze) hätte die Mehrheitsverhältnisse verändert.

Um Punkt 19 Uhr eröffnete am Donnerstagabend, 8. Juni, ein gut gelaunter Rüdiger Jekubik (SPD) die konstituierende Sitzung der Stadtverordnetenversammlung. Deutlich ernster sind die Mienen bei den übrigen Fraktionen, besondern Bernhard Böttel, Fraktionschef der Freien Wähler Schwarzenbek (FWS) wirkt angeschlagen. Bis kurz vor Sitzungsbeginn hatte er mit den Mitgliedern seiner Fraktion vor der Tür des Festsaals noch diskutiert. Den Zuschauern fällt nur auf, dass es bei der Besetzung der Ausschüsse etwas „rumpelt“: Zum Teil hat die SPD keine Politiker nominiert, zum Teil sind FWS-Mitglieder auf für die SPD vorgesehenen Plätzen gesetzt.

FWS-Fraktionschef Bernhard Böttel (l.) ringt sich zu Sitzungsbeginn ein Lächeln ab: Wenige Minuten zuvor hatten die Freien Wähler einer Fraktionsgemeinschaft mit der SPD eine Absage erteilt.
FWS-Fraktionschef Bernhard Böttel (l.) ringt sich zu Sitzungsbeginn ein Lächeln ab: Wenige Minuten zuvor hatten die Freien Wähler einer Fraktionsgemeinschaft mit der SPD eine Absage erteilt. © Marcus Jürgensen

Neue Fraktion hätte Wahlergebnis auf den Kopf gestellt

Doch das ist so gewollt: Während die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen, FWS und FDP – die AfD hat mit zwei Abgeordneten keinen Fraktionsstatus – in den vergangenen Wochen sehr intensiv über einen Neuzuschnitt der Ausschüsse mit der Stadtverwaltung beraten haben, liefen hinter verschlossenen Türen auch Beratungen zwischen FWS und SPD über die Gründung einer Fraktionsgemeinschaft.

Zusammen hätte beide 13 Sitze gehabt – und damit das Wahlergebnis auf den Kopf gestellt. Nicht mehr die CDU, die 12 von 14 Wahlkreisen direkt gewonnen hatte, hätte das Vorschlagsrecht für Bürgervorsteher und Ersten Stadtrat gehabt sowie das erste Zugriffsrecht auf einen Ausschussvorsitz, sondern SPD und FWS.

Kurz vor Sitzungsbeginn machten die FWS einen Rückzieher

Gegen 12 Uhr hatten am Donnerstag offenbar beide Fraktionen per E-Mail die übrigen Stadtverordneten informiert – und für großen Unmut gesorgt. Kurz vor Eröffnung der Sitzung kam dann die Kehrtwende: Die Freien Wähler sagten die Fraktionsgemeinschaft ab. „Das wäre ein kurzfristiger Coups geworden“, so Fraktionschef Böttel: „Die Frage ist jedoch, ob das uns auch langfristig genutzt hätte und ob es gut für die Stadt gewesen wäre.“

2018 hatte es eine ähnliche Konstellation gegeben: Die langjährige CDU-Fraktionsvorsitzende Heike Wladow war aus Ärger, von ihrer Fraktion bei der Benennung des Kandidaten für den Bürgervorsteherposten übergangen worden zu sein, zur SPD gewechselt – und hatte diese zur stärksten Fraktion gemacht. Doch die übrigen Fraktionen machen nicht mit: Erst nach 58 Tagen wurde mit Matthias Schirmacher (Grüne) ein Kompromisskandidat zum Bürgervorsteher gewählt.

Entspannte Mienen bei SPD-Fraktionschef Rüdiger Jekubik und dessen Stellvertreter Nils Hilger (l.): Gemeinsam mit der FWS hätte es für den Vorsitz im Hauptausschuss gereicht, so bleibt es beim Bau- und Kita- und Schulausschuss.
Entspannte Mienen bei SPD-Fraktionschef Rüdiger Jekubik und dessen Stellvertreter Nils Hilger (l.): Gemeinsam mit der FWS hätte es für den Vorsitz im Hauptausschuss gereicht, so bleibt es beim Bau- und Kita- und Schulausschuss. © Marcus Jürgensen

Viele „sachliche Übereinstimmungen“ zwischen FWS und SPD

Die schlechte Stimmung zwischen den Fraktionen dauerte noch länger. Erst 2020 konnte, nach dem Rücktritt Schirrmachers, Jekubik, der jetzt SPD-Fraktionschef ist, Bürgervorsteher werden. Diese Missstimmung wollte man bei der FWS vermeiden, aber auch die eigene Selbstständigkeit nicht aufgeben: Mit fünf Abgeordneten können die Freien Wähler bei vielen Entscheidungen künftig das Zünglein an der Waage sein, in einer Fraktionsgemeinschaft wären sie hingegen der Steigbügelhalter der Sozialdemokraten.

Auch ohne gemeinsame Fraktion wollen FWS und SPD jedoch zusammenarbeiten: „Es gibt sehr viele sachliche Übereinstimmungen mit der SPD“, sagt Böttel und kritisiert die CDU: „Sich als Wahlsieger feiern zu lassen, war nicht richtig. Bei einer Wahlbeteiligung von 40,3 Prozent sind wir alle die Verlierer, weil es uns weder im Wahlkampf noch in den vorangegangenen fünf Jahren gelungen ist, die Wähler zu überzeugen.“

Verärgerung über Wahlkampfthemen der CDU

Besonders verärgert sind FWS und SPD über zwei Wahlkampfthemen, mit denen die CDU bei den Wählern offenbar punkten konnte: der Hallenbadbau und das Bahnhofsumfeld. Angesichts der finanziellen Lage der Stadt hatten sich die Fraktionen auf eine gemeinsame Prioritätenliste mit Neubauten für Feuerwehr und Grundschulen sowie Innenstadtentwicklung und den Umbau der alten Realschule zum Dienstleistungszentrum geeinigt. Der Neubau eines Hallenbades sowie die Neugestaltung des Bahnhofsumfelds waren wegen der Kosten ad acta gelegt worden. „Das hat uns schon verärgert“, sagt der SPD-Fraktionschef. In den Beratungen vor der konstituierenden Sitzung sei man sich dann nähergekommen, habe die Idee einer Fraktionsgemeinschaft entwickelt, so Jekubik.

Er versichert jedoch glaubhaft, dass es an der Wahl von Roman Larisch (CDU) zum Bürgervorsteher und Burkhard Franke (CDU) zum Ersten Stadtrat nichts geändert hätte: „Wir haben ja auch jetzt für die beiden Kandidaten gestimmt.“ Allerdings wäre das Zugriffsrecht auf den ersten Ausschussvorsitz von der CDU zur SPD/FWS gewechselt. „Wir hätten den Hauptausschuss mit unseren Leuten besetzt“, gibt Jekubik zu.

Tische und Stühle stehen im Festsaal dicht an dicht: Durch viele Überhangmandate hat die Stadtverordnetenversammlung jetzt 37 Mitglieder.
Tische und Stühle stehen im Festsaal dicht an dicht: Durch viele Überhangmandate hat die Stadtverordnetenversammlung jetzt 37 Mitglieder. © Marcus Jürgensen

Jeweils zwei Ausschussvorsitze für CDU und SPD

So aber wird der wichtige Hauptausschuss künftig von Hans-Jürgen Stribrny (CDU) geleitet. Der Finanzausschuss bleibt in FDP-Hand: Hartmut Hintze hatte den Ausschuss in den vergangenen fünf Jahren als bürgerliches Mitglied ohne Sitz in der Stadtverordnetenversammlung geleitet, ist jetzt Vorsitzender der FDP-Fraktion. Der neue Stadtentwicklungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschuss, der den bisherigen Planungsausschuss ersetzt und Aufgaben aus dem Bauausschuss übernimmt, wird von Eduard Klaus (Grüne) geleitet, im Bauausschuss übernimmt Heinz-Werner Rose (SPD) den Vorsitz.

Während diese Ausschussvorsitzenden Stimmen aus allen Fraktionen erhielten und mit nur wenigen Enthaltungen gewählt wurden, war es beim Vorsitz des neuen Ausschusses für Soziales, Kita und Sport anders: SPD (8) und FWS (5) stimmten gemeinsam gegen die CDU-Kandidatin Maja Bienwald, die dennoch mit den Stimmen von CDU (12), Grünen (7) und FDP (3) gewählt wurde.

Maja Bienwald soll helfen, die Frauenquote in der CDU-Fraktion heben

Bienwald war 2015 von der SPD zur CDU gewechselt und bei der Kommunalwahl gar nicht angetreten: Als bürgerliches Mitglied soll sie nun helfen, die Frauenquote in der CDU-Fraktion zu heben. Den Ausschuss für Kita und Schule leitet künftig Rüdiger Jekubik (SPD), den Rechnungsprüfungsausschuss übernimmt Thomas-René Lonsert (FWS).

Als erster Ausschuss wird am Donnerstag, 29. Juni, der neue Stadtentwicklungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschuss (SUMA) tagen, der Haupt- und Bauausschuss folgen am 3. und 6. Juli. Die nächste Stadtverordnetenversammlung ist für Donnerstag, 13. Juli, geplant. Danach folgt die kommunalpolitische Sommerpause, bevor es am 29. August mit dem Hauptausschuss wieder in die Gremienarbeit geht.