Schwarzenbek. Nicht einmal zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs knüpfte Schwarzenbeks Bürgermeister Hans Koch Kontakte nach Frankreich.

Der Zweite Weltkrieg war gerade mal acht Jahre vorbei, die Gräben zwischen den ehemals verfeindeten Nationen waren noch tief. In dieser Zeit des beginnenden Wirtschaftswunders machte sich Hans Koch auf den Weg an den Genfer See, um erste Kontakte für die spätere Verbrüderung mit Aubenas (Frankreich), Zelzate (Belgien) und Sierre (Schweiz) zu knüpfen.

„Das war und ist weit mehr als eine lockere Städtepartnerschaft, sondern ein fester Bund, der durch einen Eid besiegelt wird. Das war eine beispielhafte Leistung für den europäischen Gedanken, der heute wichtiger denn je ist. Der Zusammenhalt in Europa ist wichtig, weil er uns Wohlstand, Freiheit und über viele Jahrzehnte Frieden beschert hat“, betont der Erste Stadtrat Rüdiger Jekubik (SPD) mit Blick auf den Festakt in der Europastadt, der heute auf den Tag genau 65 Jahre zurückliegt.

Die Verbrüderungsidee wurde 1953 geboren

Ausgangspunkt dieser Idee war der 27. Juni 1953. Im Rahmen der Feierlichkeiten zur Verleihung der Stadtrechte sollte die 700-jährige Geschichte Schwarzenbeks durch das Heimatspiel „Im Lauenburger Land um 1813“ – geschrieben von Hans Koch – aufgeführt werden. Unter den Besuchern waren auch zwei französische Wirtschaftsfachleute, denen Fette-Chef Hans Kruse die Aufführung ausdrücklich empfohlen hatte. Sie waren begeistert und rieten Bürgermeister Koch, Kontakt zu einer französischen Kleinstadt zu suchen. Zwei Jahre später lud der Zentrale Rat der Gemeinden Europas Koch nach Genf ein, wo dieser auf Vertreter aus Aubenas (Frankreich), Sierre (Schweiz) und Zelzate (Belgien) traf. Das war die Geburtsstunde der Verbrüderung, die 1961 durch den Beitritt von Cesenatico (Italien) und Delfzijl (Niederlande, seit 2011 nicht mehr dabei) ergänzt wurde. Dafür gab es 1961 auch den Europapreis, den Schwarzenbek bis heute als einzige Stadt in Schleswig-Holstein erhielt und als zweite deutsche Stadt nach Offenbach bekam.

Ausstellung und Festvortragzum Jubiläum muss entfallen

„Es hat zahlreiche Begegnungen in den vergangenen 65 Jahren gegeben und der Eid der Bürgermeister wurde mehrfach erneuert. Eigentlich hatte ich für das Jubiläum eine Ausstellung mit Gastgeschenken und anderen Erinnerungsstücken sowie alten Fotos und einem Festvortrag geplant. Das geht wegen der Corona-Beschränkungen leider alles nicht“, sagt Stadtarchivar Dr. Lukas Schaefer.

Historische Bilder in Schaufenstern zum Jubiläum

So ganz unbemerkt wird das Jubiläum dennoch nicht über die Bühne gehen. Schaefer hat zwölf Fotomotive aus der Zeit der Verbrüderung mehrfach kopiert. Sie werden in der kommenden Woche in den Schaufenstern Schwarzenbeker Geschäfte zu sehen seien. Außerdem werden dort Fähnchen aus Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien und der Schweiz hängen. Friederike Hobusch war im Vorjahr bei einer Reise nach Sierre dabei, ihre Kinder haben an Jugendbegegnungen teilgenommen. Sie sagt: „Der Gedanke der Verbrüderung ist wichtig und muss an die Neubürger sowie die jüngere Generation herangetragen werden.“ Die Marketing-Expertin will ein Europa-Komitee in Schwarzenbek gründen, um noch stärker für den europäischen Gedanken zu werben.

Auch der stellvertretende Bürgermeister Rüdiger Jekubik möchte den europäischen Gedanken mehr in den Blickpunkt rücken. „Wir führen zwar den Titel Europastadt und haben eine Europaschule, aber es ist wenig zu diesem Thema öffentlich sichtbar. Man könnte beispielsweise die neu entstehenden Kreisel in der Stadt entsprechend gestalten“, regt der Sozialdemokrat an.