Lauenburg/Geesthacht/Schwarzenbek. Berlin und Kiel setzen Städte und Gemeinden unter Zeitdruck. Doch Experten fehlen. Wie die Wärmeplanung dennoch gelingen soll.

In der Bundesregierung wurde heftig diskutiert, zumindest der Rahmen und der ungefähre Zeitplan für eine bundesweite kommunale Wärmeplanung sind inzwischen besprochen. Bevor jedoch der Bundestag sein Okay für den Koalitionskompromiss gegeben hat, ist bereits eines klar: Der Zeitplan für die geforderten Konzepte zum Klimaschutz ist selbst unter optimistischen Annahmen kaum einzuhalten. Dabei haben sich Kommunen wie Geesthacht, Schwarzenbek und Büchen bereits auf den Weg gemacht, nehmen, wie Lauenburg, auch Kooperationen mit Nachbarn und neue technische Lösungen in den Fokus.

Zunächst hatten nur Kommunen ab einer bestimmten Größe eine solche Planung aufstellen sollen, mit der sie den Weg in eine weitgehend Kohlendioxid-freie Wärmeversorgung aufzeigen. Noch bevor zumindest Konzepte bis 2027/28 vorgelegt werden, hätten jedoch bereits viele Menschen entscheiden sollen, wie sie künftig ihre Häuser oder Eigentumswohnungen beheizen und dabei eine Quote von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien einhalten. Ohne zu wissen, ob ihre Stadt oder Gemeinde künftig Fernwärmenetze ausbaut oder eventuell Nahwärmenetze schafft und diese etwa mit Biogas, Holzhackschnitzeln, Erdwärme oder neuen Energieträgern klimaschonend betreibt.

Wärmeplanung: Zweifel am Zeitplan wachsen

Der 65-Prozent-Wert hat trotz massiver Proteste im Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) Bestand. Mit dem Gesetzentwurf zur kommunalen Wärmeplanung steht die Forderung im Raum, dass voraussichtlich die meisten Kommunen Planungen vorlegen müssen: von Millionen-Metropolen wie Berlin und Hamburg bis möglicherweise zur kleinsten „Stadt Deutschlands“, Arnis an der Schlei mit kaum 300 Einwohnern.

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    Was viele Menschen angesichts des Wirrwarrs der vergangenen Monate hoffen lässt, treibt Verantwortlichen Sorgenfalten auf die Stirn. Wie soll in Schleswig-Holstein der Zeitplan erfüllt werden, wenn die Zahl der betroffenen Kommunen massiv wachsen wird? Früh hatten Insider gewarnt, Planungsbüros und Fachleute mit der notwendigen Expertise seien sehr dünn gesät.

    Es fehlt an Planungsbüros und Experten

    Schon als es nur darum ging, dass eine eingeschränkte Zahl von Gemeinden und Städten zu einer Wärmeplanung verpflichtet wird, hatten Klimaschützer und Kommunen Zweifel am Zeitplan geäußert. „Eine solche Planung können wir nicht selbst leisten, die ist ausgeschrieben“, so Büchens Bürgermeister Uwe Möller noch vor dem Koalitionskompromiss.

    Es bleibe nichts anderes, als zunächst abzuwarten, ob überhaupt Angebote eingehen. „Eines ist klar, wir brauchen externen Sachverstand.“ Und: Der Termin 2028 sei „sehr ambitioniert“.

    Geesthacht muss bis 2024 Wärmeplanung vorlegen

    Deutlich optimistischer als Büchens Verwaltungschef präsentiert sich Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze. Dabei weiß er: „Wir haben nicht bis 2028 Zeit.“ Geesthacht müsse aufgrund seiner Größe seine Planung bereits Ende 2024 vorlegen, unabhängig von der Beschlussfassung in Berlin: „Das regelt das Landesrecht.“

    Die kommunale Wärmeplanung sei jüngst ausgeschrieben worden, so Schulze. „Wir hoffen auf Angebote bis Mitte August, wir müssen sehen, was kommt.“ Was Geesthachts Bürgermeister optimistisch in die Zukunft blicken lässt, sind die Stadtwerke Geesthacht. „Wir sind froh, dass wir sie nicht verkauft haben.“

    Geesthachts Stadtwerke befeuern von verschiedenen Standorten aus das Fernwärmenetz.
    Geesthachts Stadtwerke befeuern von verschiedenen Standorten aus das Fernwärmenetz. © Stadtwerke Geesthacht | Stadtwerke Geesthacht

    Neben der Expertise seien es die vorhandenen Daten, mit denen sich arbeiten lasse. „Was wir noch benötigen, sind etwa Angaben zur Zahl von Ölheizungen, da setzen wir auf die Schornsteinfeger.“ Daten zu Gas- und Stromanschlüssen sowie zur Fernwärmeversorgung seien über die Stadtwerke verfügbar, „doch für unsere kommunale Wärmeplanung benötigen wir alle Angaben“.

    Wo Fernwärme ein Wunschtraum bleibt

    Nicht alle Wünsche werden erfüllt: So werden etwa Geesthachter im Moorviertel enttäuscht, die vor dem Hintergrund der strengen Vorgaben des GEG gehofft haben, bald an das Fernwärmenetz in der Stadt angeschlossen zu werden, so einem drohenden teuren Heizungstausch zu entgehen. Im Vorfeld geplanter Straßenarbeiten wird klar, dass eine Verlegung von Fernwärmeleitungen in dem durch Einfamilienhausbebauung geprägten Gebiet weiterhin nicht geplant ist.

    Als Unterzentrum hat Schwarzenbek bis 2027 Zeit, seine kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Der zuständige Fachausschuss hat jüngst einstimmig beschlossen, das Vorhaben auszuschreiben. „Auch wir brauchen professionelle Unterstützung, es ist wichtig, dass dieser Beschluss jetzt gefallen ist“, sagt Nina Reimers, Klimaschutzmanagerin der Stadt.

    2027 im Blick: Schwarzenbeks Politiker geben Gas

    Die Landesregierung in Kiel hat 70 Kommunen verpflichtet, Wärmeplanungen aufzustellen. Sollte Berlin diese Zahl jetzt noch deutlich ausweiten, sei es für Schwarzenbek wichtig, rechtzeitig voranzukommen. „Ich bin noch optimistisch, dass wir es bis 2027 schaffen können“, sagt Nina Reimers.

    Neben Gesprächen mit potenziellen Planern und dem Austausch mit anderen Kommunen hat Reimers bereits Kontakt mit dem Stromanbieter SH-Netz. Sie setzt darauf, dass das Unternehmen die benötigten Daten zur Verfügung stellt, ebenso die Schornsteinfeger. Weitere Zahlen könnten die Stadtwerke liefern: Schwarzenbeks Bauamtsleiter ist in Personalunion Geschäftsführer Technik der Stadtwerke.

    Ausbau von Wärmenetzen ist ein Knackpunkt

    Eine zentrale Frage für die gefordert Planung ist, ob vorhandene Wärmenetze ausgebaut werden. Das Wohngebiet Mühlenbogen wie auch der Lupuspark und anliegende Wohnbebauung werden durch zwei Blockheizwerke mit Wärme versorgt. Dazu liefert ein Heizwerk an der alten Realschule Energie für mehrere städtische Gebäude.

    Als Energieträger zum Einsatz kommt auch Biogas aus der Nachbargemeinde Grove: Ein Teil der Energieversorgung wird bereits ohne fossile Brennstoffe bestritten.

    Schwarzenbeks Klimaschutzmanagerin Nina Reimers: „Auch wir brauchen professionelle Unterstützung für die Aufstellung einer kommunalen Wärmeplanung.“
    Schwarzenbeks Klimaschutzmanagerin Nina Reimers: „Auch wir brauchen professionelle Unterstützung für die Aufstellung einer kommunalen Wärmeplanung.“ © Stefan Huhndorf

    Lauenburg will mit Nachbarn zusammenarbeiten

    In Lauenburg wird derweil bereits an einer weitergehenden Kooperation mit Nachbarn gearbeitet. Der Plan ist, mit Boizenburg und dem Amt Lütau eine gemeinsame kommunale Wärmeplanung aufzustellen, bestätigt Lauenburgs Bauamtsleiter Christian Asboe.

    Die benachbarten Städte sind über die Versorgungsbetriebe Elbe miteinander verbunden. Die GmbH soll die Wärmeplanung steuern. „Viele benötigte Daten liegen dort vor“, so Asboe. „Aber auch wir müssen uns externen Sachverstand suchen.“

    Erdwärme aus Lütau für die Lauenburger Altstadt?

    Eine Frage sei, welche Wärmequellen genutzt werden können. Abwärme aus Müll sei ebenso denkbar wie etwa die Idee, über Wärmetauscher dem Elbwasser Energie zu entziehen, um diese in die Wärmenetze einzuspeisen. „Möglicherweise lässt sich auch Geothermie, also Erdwärme, nutzen, etwa aus dem Amt Lütau“, so Asboe.

    Tatsächlich reichen die Überlegungen für Nah- und Fernwärmeversorgung in Lauenburg noch weiter. Nachgedacht wird etwa auch über die Kopplung verschiedener Netze mit dem Ziel, die Energieausbeute zu steigern. Ein „heißes Nahwärmenetz“ könnte denkmalgeschützte, schlecht gedämmte Häuser der Lauenburger Altstadt versorgen, erläutert der Bauamtsleiter. „Verknüpfen wir dies mit einem Netz für Neubaugebiete, könnten im zweiten Schritt mit der Rücklauftemperatur von etwa 40 Grad modern gedämmte Häuser beheizt werden.“ Vorteil: Einmal erhitztes Wasser würde doppelt genutzt.

    Kommunen müssen Millioneninvestitionen stemmen

    Die Lauenburger setzen darauf, dass bereits Mitte 2025 Untersuchungsergebnisse und Konzeptideen vorliegen. Dass die Schifferstadt die Wärmeplanung bis 2028 abschließen könne, sei aber unwahrscheinlich. „Wir müssen richtig dicke Bretter bohren“, sagt Asboe. Für die Umsetzung der Planungen dürfe eines keinesfalls aus dem Blick geraten: „Wir reden hier über Investitionen im hohen zweistelligen Millionenbereich.“