Schwarzenbek. Durch Flutkatastrophe gilt in der Emilia-Romagna Alarmstufe Rot – auch für Cesenatico. Beunruhigung durch Leichenfund am Strand.
Der Himmel über Cesenatico ist grau und es waren für Montag, 22. Mai, 22 Grad angesagt. Für den 24. Mai sind neue Regenfälle angekündigt. „Die Lage ist angespannt“, heißt es von Bewohnern aus Schwarzenbeks Partnerstadt Cesenatico. Die Webcam vom Strand zeigt leere Liegen, die meisten sind aufgestapelt. Vor einigen Tagen ist am Strand von Schwarzenbeks Partnerstadt am Rande des Flutgebiets an der Adriaküste (Region Emilia-Romagna) eine tote Frau gefunden worden. Sie wurde dort angespült. Der Bürgermeister des knapp 26.000 Einwohner zählenden Touristenorts, Matteo Gozzoli, war laut Medienberichten mit den Worten zitiert worden: „Ich kenne die Hintergründe noch nicht, die Polizei ermittelt.“
Ansonsten ist die Stadt, die direkt am Rande des Überschwemmungsgebiets an der Küste 22 Kilometer nördlich von Rimini und nur 17 Kilometer östlich vom besonders von der Flut betroffenen Cesena entfernt liegt, bislang offenbar glimpflich davongekommen. „Hier ist im Augenblick alles normal, wir hatten Probleme mit hohen Wellen“, sagte eine Mitarbeiterin des Tourismusbüros in Cesenatico gegenüber unserer Zeitung. Aber überflutet sei die Stadt nicht, teilte die Angestellte auf Nachfrage mit.
Flutkatastrophe hat Schwarzenbeks Verbrüderungsstadt noch nicht erreicht
Insgesamt 21 Flüsse in der Region traten in den vergangenen Tagen über die Ufer. 37 Gemeinden sind überflutet worden. 50.000 Menschen waren zwischenzeitlich ohne Strom, mehr als 100.000 ohne Mobilfunknetz. Der Bahnverkehr in der Emilia-Romagna wurde komplett eingestellt, viele Straßen sind noch unter Wasser. Mittlerweile haben in Teilen der Region die Aufräumarbeiten begonnen. Die Regierung hat die Alarmstufe Rot für die Region von Bologna bis Rimini verhängt. Es gab 14 Tote, die Sachschäden gehen nach ersten Schätzungen in die Milliardenhöhe. Und es sind weitere Regenfälle angekündigt.
Es gilt weiterhin eine Reisewarnung für die Küstenregion an der Adria
Das Auswärtige Amt hat bereits am vergangenen Donnerstag eine Reisewarnung für Italien herausgegeben. „Im Landesinnern besteht die Gefahr von Überschwemmungen und Erdrutschen; an der gesamten Küste auch Mittel- und Süditaliens können Sturmfluten einsetzen“, heißt es auf der Webseite der Behörde.
Den direktesten Kontakt nach Cesenatico hatte am Montag Christine Uhde aus Büchen. Sie war viele Jahre Verbrüderungssekretärin in der Europastadt, spricht fließend italienisch und kennt sich in der Region bestens aus. Über WhatsApp steht sie in Verbindung mit Freunden in der Verbrüderungsstadt. „Sowohl Pascale Buda als auch der Sänger Paolo Polini haben mitgeteilt, dass es weiter regnet und die Situation sehr angespannt ist. Die Informationen kommen sehr spärlich, die Menschen haben jetzt andere Sorgen, als zu chatten“, sagt die pensionierte Verbrüderungssekretärin.
Bürgermeister Lütjens sagt seinem Amtskollegen in Cesenatico Unterstützung zu
„In einem offiziellen Schreiben von unserem Bürgermeister Norbert Lütjens an den Bürgermeister von Cesenatico, Matteo Gozzoli, haben wir unsere Anteilnahme bekundet und unsere Hilfe angeboten. Wir hoffen natürlich, dass das bevorstehende Verbrüderungstreffen in Cesenatico im August trotz der aktuellen Umstände stattfinden kann“, teilte Schwarzenbeks neue Verbrüderungssekretärin Hannah Kloosterman mit.
„Wir sind mit unseren Kollegen in Cesenatico darüber in stetigem Austausch und werden rechtzeitig darüber informieren, sollten die dortigen Umstände einen Einfluss auf das Stattfinden des Verbrüderungstreffens haben“, so die Verbrüderungssekretärin weiter.
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„Ich habe keine aktuellen Informationen über die Situation vor Ort. Ich kenne nur die Berichte über die Flutkatastrophe aus den Medien. Wir müssen erst einmal klären, ob in irgendeiner Form Hilfe in Cesenatico benötigt wird. Das hat Vorrang“, betonte auch Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik.
Mit der Flutkatastrophe in der Region bekommt die aktuelle Klimadiskussion, die die Bürgermeister aus den Verbrüderungsstädten bereits im vergangenen Jahr bei zwei Treffen in Sierre (Schweiz) und Aubenas (Frankreich) angeschoben haben, eine neue Dimension. Denn eine Ursache der Überflutungen rund um Cesenatico ist die Folge von sehr langer Dürre und anschließend extrem starken Regenfällen, die die Flüsse und der Boden nicht mehr aufnehmen können.
Verbrüderungsstädte wollen Klimawandel und Umweltschutz mehr in den Fokus stellen
Bei dem Treffen in Aubenas (Frankreich) im Sommer des vergangenen Jahres ging es um die durch den Klimawandel bedingte Wasserknappheit im Schweizer Kanton Wallis, von dem auch die Verbrüderungsstadt betroffen ist. Dabei verständigten die Bürgermeister sich darauf, dass die Verbrüderungsarbeit ausgeweitet werden und es regelmäßige Arbeitstreffen der Verwaltungschefs geben soll. Ein erstes Treffen fand im November in Sierre (Schweiz) statt. Ökologische Fragen und Energiepolitik standen im Fokus. Daraus sollen Projekte entstehen, bei denen zunächst der Umweltschutz im Fokus steht. Das Motto lautet: „Wissen teilen in Europa.“
Wie wichtig das ist, macht jetzt die Flutkatastrophe deutlich. Aber auch schon vorher haben sich die Menschen in den Verbrüderungsstädten Aubenas, Sierre, Cesenatico, dem belgischen Zelzate und Schwarzenbek Sorgen um diese Thematik gemacht. Ein zentrales Thema war die Angst der Menschen vor dem Klimawandel auch bei dem 2020 angeschobenen Videoprojekt „Fünf Städte, sechs Fragen“, bei dem Bewohner der Verbrüderungsstädte interviewt wurden und Klimawandel als wichtiges Thema nannten. Der Zusammenschnitt der Videos ist auf der Homepage der Stadt unter www.schwarzenbek.de zu sehen.
Schwarzenbek ist seit 62 Jahren preisgekrönte Europastadt
Die europäische Zusammenarbeit hat eine lange Tradition in Schwarzenbek. 1955 begann die Verbrüderungsarbeit. Initiator und treibende Kraft war der damalige Bürgermeister Hans Koch. Im Zuge einer Europawoche mit Aubenas (Frankreich), Zelzate (Belgien) und Sierre (Schweiz) entstanden die ersten Partnerschaften. Später kamen im Jahr 1960 Cesenatico (Italien) und Delfzijl (Holland dazu). 1961 gab’s dafür den Europapreis vom Europa-Rat. Delfzijl ist allerdings vor einigen Jahren aus dem Städtebund ausgestiegen.