Lauenburg. Lauenburg ist für viele Denkmäler bekannt. Doch manche schlummern im Verborgenen. Eines soll jetzt aufgewertet werden.
In wie vielen Touristenführern Lauenburg beschrieben wird, lässt sich schwer sagen. Die malerische Altstadt ist das Ziel vieler Besucher, die hier einen Tag verbringen oder auch für länger bleiben. Doch auch in der Oberstadt gibt es geschichtsträchtige Plätze, die nicht mal alle Einheimischen kennen. Auf der Denkmalliste des Landes steht die sogenannte Uhrbrocksiedlung. Verschiedene Quellen bezeichnen sie als die älteste Arbeitersiedlung in Schleswig-Holstein.
Ob alle der derzeitigen Bewohner dies wissen, sei mal dahingestellt. Sie stolpern täglich über das unebene Kopfsteinpflaster, das um 1858 gelegt wurde – dem Baubeginn der Siedlung der Lauenburger Werftarbeiter. Für die Sanierung des Viertels hat die Stadt Städtebaufördermittel bewilligt bekommen. Für fast eine Millionen Euro können hier nun Straßen, Wege und Plätze aufgewertet werden. „Ein aus Naturstein gestalteter Gehweg schafft künftig Abhilfe und wird der historischen Bedeutung der Werftarbeitersiedlung gerecht“, heißt es in dem Zuwendungsbescheid.
Lauenburg: Amtsbaumeister Uhrbrock und sein Vermächtnis an die Stadt
Der Volksmund hat früher für die Uhrbrocksiedlung den Namen Koppel geprägt. Möglicherweise deshalb, weil die winzigen Parzellen seinerzeit auf der ehemaligen Koppel des Lauenburger Gastwirtes Körting errichtet wurden. Nach ihm wurde eine Straße des Viertels benannt, die angrenzende Uhrbrockstraße erinnert an den Amtsbaumeister Friedrich Uhrbrock, der die Siedlungshäuser errichtet und an die Arbeiter vermietete.
Johann Ernst Friedrich Uhrbrock entstammte einer angesehenen Lauenburger Familie. Er galt als ein Mann mit ausgeprägtem Pflichtgefühl und starkem Gerechtigkeitssinn. Ganz ein Patriarch der damaligen Zeit sorgte er für die Familie, verlangte dafür aber absolute Gehorsamkeit. Wer sich ihm widersetzte, wurde enterbt. Das galt übrigens auch für die Stadt Lauenburg selbst, die er in seinem Testament mit einer Stiftung bedachte, aus der das Lauenburger Krankenhaus finanziert wurde. Als Gegenleistung sollte die Stadt nach seinen Tod seine Grabstätte pflegen. Seine Stiftung wurde 1928 von der Stadt übernommen.
Sanierung im Sinne des Denkmalschutzes
Der Bau der Siedlung für die Arbeiter war aber keineswegs nur von der Wohltätigkeit des Amtsbaumeisters geprägt. Heute würde man sagen, Uhrbrock verdiente sich eine goldene Nase damit. „Die Wohnungsnot in den von Zuzüglern heimgesuchten Ort muss gewaltig gewesen sein. Bevor er das erste Haus verkaufen konnte, waren dessen drei Wohnungen schon vermietet, sodass der Käufer einem Mieter kündigen musste, um einziehen zu können“, schreibt der Lauenburger Historiker Dr. Wichmann von Meding in einem wissenschaftlichen Artikel zu diesem Thema.
Die jetzt geplante Aufwertung der historischen Siedlung ist übrigens nicht der erste Anlauf der Stadt. Im Juli 1965 stand das Thema auf der Tagesordnung der Stadtvertretersitzung. „Ein Hauch von Landwirtschaft, doch gegen Neugestaltung wehren sich viele Bürger“ titelte die Lauenburgische Landeszeitung am 17. Juli 1965. Im Artikel ist von einer „harten Nuss“ die Rede, die die Politiker diesbezüglich knacken müssten. Im Ergebnis blieb alles wie es war – bis heute.
Mittlerweile sind fast 60 weitere Jahre ins Land gegangen, und das historische Pflaster ist mittlerweile eine einzige Stolperfalle. Wer nicht gut zu Fuß ist, versucht es besser gar nicht erst, von hier ohne Auto den kurzen Weg in die Innenstadt zu nehmen. Doch das soll sich jetzt ändern.
Nicht nur die Straßen und Wege des Viertels, sondern auch die Freiflächen werden komplett umgestaltet. Das ist ein Spagat, denn auf die historische Pflasterung legen die Denkmalschützer besonderen Wert. „Wir haben gefühlt über jeden Stein gesprochen“, sagt Bauamtsleiter Christian Asboe.
Barrierefreiheit im gesamten Viertel
Jetzt steht das Konzept: Von den historischen Steinen werden so viele wie möglich wieder verlegt und, wo nötig, ergänzt. Zusätzlich gibt es einen Streifen, der die Barrierefreiheit in der historischen Siedlung sicherstellt. Dazu werden Pflastersteine von Hand so begradigt, das nach dem Verlegen eine plane Fläche entsteht.
Außerdem werden neue Hecken gepflanzt, Sitzgelegenheiten geschaffen und die Straßenbeleuchtung erneuert und verdichtet. Mit 923.300 Euro Fördermittel aus dem Topf der Städtebauförderung kann die Stadt rechnen. Allerdings muss im Haushalt ein Eigenanteil von einem Drittel der Fördersumme eingeplant werden.
Lauenburg profitiert seit 2011 von der Städtebauförderung
Neben dem Geld für die Sanierung der Uhrenbrocksiedlung enthält der Förderbescheid einen weiteren Betrag für die Erneuerung der Krügerstraße, unweit der Uhrbrocksiedlung. Für die Erneuerung des historischen Pflasters dort stehen insgesamt 483.300 Euro zur Verfügung. Auch für dieses Projekt muss die Stadt einen Eigenanteil von einem Drittel der Fördersumme aufbringen.
Schon 2011 hat Lauenburg die städtebauliche Gesamtmaßnahme „Ortskern Oberstadt“ auf den Weg gebracht. Im selben Jahr wurde die Stadt damit in das Bund-Länder-Programm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ aufgenommen. 2015 wurde der „Ortskern Oberstadt“ per politischem Beschluss zum Sanierungsgebiet erklärt. Seit 2020 wird die Maßnahme im Programm „Sozialer Zusammenhalt“ gefördert. In den vergangenen 12 Jahren erhielt die Stadt fast 6,9 Millionen Euro Mittel aus den Programmen der Städtebauförderung.
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Bisher Fokus auf Ankauf und Abriss von Gebäuden
Angesichts dieser hohen Summe stellt sich die Frage, was bisher mit den Fördermitteln für die Innenstadt passiert ist. „Um die Pläne umsetzen zu können, musst die Stadt einige Gebäude ankaufen, die zum Teil schon abgerissen wurden“, erklärt Christian Asboe. Das betrifft unter anderem die Passage, auf deren Fläche die Markttwiete errichtet werden soll. Seit Kurzem hat sich die Stadt auch das ehemalige Rossmann-Gebäude gesichert.
Aber auch die Wettbewerbe für verschiedene Projekte in der Innenstadt wurden aus Mitteln der Städtebauförderung finanziert. Das betraf einmal das Interessenbekundungsverfahren für die Brachfläche an der Berliner Straße im November 2021. Ein Jahr später wurde der Architektenwettbewerb um die Gestaltung der Freifläche vor dem neuen Medienzentrum entschieden. Mit der Sanierung der Uhrbrocksiedlung rückt im Rahmen der Städtebauförderung ein neues Thema in den Fokus: statt abgerissen wird gebaut.