Aumühle. Der Betreiber hatte seine Seniorenheime für 700 Millionen Euro verkauft, um seine Bilanz zu verbessern – und wurde dabei betrogen.
Nach achtjährigen juristischen Auseinandersetzungen hat die Münchner Augustinum Gruppe Rechtsstreitigkeiten um dubiose Immobiliengeschäfte abgeschlossen. Das teilt das Unternehmen am Freitag in einer Presseerklärung mit. Hintergrund der Prozesse war, dass das renommierte christliche Unternehmen zwischen 2011 bis 2013 elf seiner Seniorenresidenzen an ein kleines norddeutsches Immobilienunternehmen, die Nordic-Kontor-Gruppe, für 700 Millionen Euro verkauft hatte – um sie dann wieder zu mieten.
Eine legale Methode, um die Bilanz des Konzerns besser aussehen zu lassen. Bei den Verkäufen aber sollen – mithilfe des damaligen kaufmännischen Geschäftsführers – Millionen abgezweigt worden sein. Zu den elf Häusern gehörte auch das Augustinum in Aumühle mit 163 Appartements. Das Seniorenstift in unmittelbarer Nähe der Bismarckquelle wechselte 2011 den Besitzer. Zwischenzeitlich drohte den 170 Bewohnern und 100 Mitarbeitern sogar der Auszug, weil der Käufer eine Räumungsklage beim Landgericht Lübeck eingereicht hatte.
Augustinum Aumühle: Ex-Geschäftsführer verurteilt
2014 flog der Immoblienskandal auf, hatte das Augustinum selbst Strafanzeige erstattet. Der damalige Geschäftsführer wurde fristlos entlassen. Das Landgericht München verurteilte den Mann Anfang letzten Jahres unter anderem wegen Untreue in einem besonders schweren Fall zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Das Strafverfahren gegen drei weitere angeklagte Personen auf Käuferseite war im Vorfeld gegen teils hohe Geldauflagen eingestellt worden.
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Zivilgerichte haben nun entschieden, dass das Augustinum bei den Geschäften massiv getäuscht wurde. Die Verkäufe wurden dadurch von Anfang an unwirksam, die Immobilien in Aumühle, Bad Neuenahr, Bonn, Braunschweig, Dießen am Ammersee, Dortmund, Essen, Kassel, Roth bei Nürnberg, Stuttgart-Sillenbuch und in Überlingen am Bodensee gehörten zu jedem Zeitpunkt dem Augustinum.
Augustinum-Gruppe fordert weiterhin Schadensersatz
„Wir sind froh, dass die langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen um die Eigentumsfrage jetzt erfolgreich abgeschlossen sind“, sagt Joachim Gengenbach, Vorsitzender der Augustinum-Geschäftsführung. Wesentliche Auswirkungen auf die Bilanz hat der Gerichtserfolg nicht, die wesentlichen finanziellen Folgen hat das Augustinum bereits in seinem Jahresabschluss 2014 bilanziert und seither regelmäßig positive Jahresergebnisse im gewohnten Umfang erwirtschaftet.
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Die Gruppe betreibt 23 Seniorenheime, zwei Sanatorien, eine Klinik, heilpädagogische Einrichtungen, Schulen und Internate und ist eines der führenden Sozialdienstleistungsunternehmen in Deutschland. Der Umsatz betrug laut Geschäftsbericht in 2021 etwa 398,1 Millionen Euro. Bundesweit beschäftigt die Gruppe knapp 5500 Mitarbeiter. Der Großteil, mehr als 3000 Menschen, kümmert sich um die rund 7500 Bewohner in den Seniorendomizilen im gehobenen Preissegment.
Ganz sind die Rechtsstreitigkeiten damit aber nicht abgeschlossen: Das Augustinum fordert weiterhin Schadensersatz aus dem Nachlass des 2014 verstorbenen früheren Aufsichtsratsvorsitzenden, vom entlassenen Geschäftsführer sowie von den einstigen Käufern.