Hamburg. Aber 1,3 Millionen Euro Zwangsgeld in Winterhude nicht eingetrieben. In Lokstedt musste ein Gericht über Leerstand entscheiden.
Angesichts der Krise im Wohnungsbau und des Mangels an Unterkünften vor allem für ukrainische Geflüchtete wird der Kampf gegen Wohnungsleerstand immer wichtiger. 2610 Wohnungen stehen derzeit in Hamburg leer. Das kam im Sommer durch eine CDU-Anfrage ans Licht – nicht wenige von ihnen sogar schon seit Jahren.
Um ungerechtfertigten Leerstand zu ahnden, kann die Stadt das Wohnraumschutzgesetz anwenden. So setzte das Bezirksamt Hamburg-Nord in diesem Jahr für leerstehende Objekte an der Ohlsdorfer Straße und der Andreasstraße (beide Winterhude) Zwangsgelder in Höhe von mehr als 1,3 Millionen Euro fest. Doch die Vollstreckung wurde ausgesetzt – aus Gründen, die das Bezirksamt nicht näher erläutern wollte.
Wohnungs-Leerstand in Hamburg: Rekordbußen
Anders in Lokstedt, wo zahlreiche Wohnungen am Grandweg seit Jahren leerstehen und verkommen. Das Bezirksamt Eimsbüttel wollte jetzt eine Ausgleichszahlung vom Eigentümer in Höhe von 842.250 Euro eintreiben. Der zog mit einem Eilantrag vor das Verwaltungsgericht – und scheiterte. In ihrem Beschluss schrieben die Richter: Dem Hamburger Wohnungsmarkt sei über Jahre „dringend benötigter Wohnraum vorenthalten“ worden.
Der Eigentümer will den juristischen Weg weitergehen, wollte sich auf Abendblatt-Anfrage aber nicht näher äußern. Seit Jahren stehen am Grandweg/An der Lohbek zahlreiche Wohnungen in bester Lage leer, die zwischenzeitlich für Geflüchtete genutzt wurden. Der Streit zwischen dem Eigentümer und dem Bezirksamt dauert ebenso lange an.
Philipp Kroll von der CDU Hamburg-Nord, den vor allem der Leerstand im nachgefragten Stadtteil Winterhude umtreibt, sagt: „Es stellt sich die Frage, ob die Bezirksämter überfordert sind und es nicht für ganz Hamburg eine zentrale Stelle geben sollte, die sich um Leerstände kümmert.“
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Umstrittener Investor hat Immobilien in Hamburg verkauft
Unterdessen hat nach Abendblatt-Informationen der umstrittene Hamburger Investor HRP, der jahrelang bis zu 105 Wohnungen in Eppendorf und Winterhude leer stehen ließ, die Immobilien verkauft. Neue Eigentümerin ist die Versicherungskammer Bayern, die – so der zuständige Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz – „ihr Interesse an einer Vermietung durch fortlaufende Vermarktung und Vermietung belegt“. Er glaubt, dass sich angesichts der „massiven und vielschichtigen Vorgehensweise des Bezirksamtes gegen den Leerstand“ – es waren sechsstellige Bußgelder verhängt worden – die ursprünglichen Gewinnerwartungen des Unternehmens nicht realisieren ließen.
Angesichts der Herausforderungen bei der Flüchtlingsunterbringung fordert auch die Linke in der Bürgerschaft ein konsequenteres Durchgreifen. „Der Stadt müssen im Notfall Instrumente zur Verfügung stehen, um leerstehende Flächen auch zwangsweise einer gemeinwohlorientierten Nutzung zuzuführen“, sagt die Abgeordnete Carola Ensslen.