Aumühle . Droht den Bewohnern der Anlage in Aumühle der Auszug? Staatsanwaltschaft ermittelt nach Immobiliendeal.
Dunkle Wolken über dem Augustinum Aumühle: Während die Bewohner der exklusiven Seniorenresidenz einen unbeschwerten Lebensabend genießen wollen, ist beim Landgericht Lübeck eine Räumungsklage anhängig. Im schlimmsten Fall droht allen Senioren der komplette Auszug aus dem Gebäude, das sich in unmittelbarer Nähe der bekannten Bismarck-Quelle befindet.
Hintergrund ist ein Wirtschaftskrimi noch unbekannten Ausmaßes, der sich unter anderem in der Münchner Zentrale der renommierten christlichen Unternehmensgruppe abgespielt haben muss. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, sei der Sozialdienstleister mit seinen bundesweit 23 Seniorendomizilen zum Opfer eines offenbar von langer Hand geplanten Betrugs geworden. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft München wegen Betrugs und Korruption bei Immobiliengeschäften der gemeinnützigen Unternehmensgruppe.
Den Medienberichten zufolge gehe es um einen 700-Millionen Euro-Deal, falsche Gutachten und ehemalige hochrangige Manager des christlichen Unternehmens. Einer von ihnen wurde jetzt aus der U-Haft entlassen. Das Augustinum habe von 2010 bis 2013 elf seiner Seniorenstifte an eine kleine Immobilienfirma aus Norddeutschland verkauft – und gleich wieder von ihr angemietet. Besonders pikant: Der Käufer der Immobilien habe zu Beginn des Deals lediglich über 25.000 Euro Eigenkapital verfügt. Um die Kasse zu füllen, habe ausgerechnet Augustinum ein Darlehen von rund 700 Millionen Euro gewährt.
Inzwischen hat der Sozialdienstleister alle Verträge mit der Firma angefochten. Doch der bisherige Geschäftspartner geht jetzt juristisch in die Offensive. Wie Richter Stephan Bahlmann, Sprecher des Landgerichts Lübeck, dem Abendblatt bestätigte, ist in der Behörde eine Räumungsklage dieses Unternehmens gegen die Residenz in Aumühle anhängig. Die Firma hatte im Rahmen des Immobiliendeals das Seniorenstift Aumühle im Jahr 2011 vom Augustinum gekauft und sogleich an die Einrichtung zurückvermietet.
Landgerichts-Sprecher Bahlmann wollte keine weiteren Angaben zur Firma und zum Fall machen, betonte aber, dass es noch viel zu früh sei, um die Folgen abzuschätzen. Es gebe auch noch keinen Verhandlungstermin. Auch wollte und konnte der Justizsprecher nicht sagen, ob tatsächlich eine Räumungsklage erfolgreich sein könnte. Denkbar sei zumindest eine „mehrjährige Verhandlungsdauer“ in mehreren Instanzen.
Auf Abendblatt-Anfrage versicherte Matthias Glötzner, Sprecher der Unternehmensgruppe Augustinum in München: „Auf das Leben in den Wohnstiften des Augustinum haben die juristischen Auseinandersetzungen keinen Einfluss.“ Zum Hintergrund der „noch laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen“ wollte er sich nicht äußern.
Der Chef des Augustinums, Markus Rückert, betonte in einer Rundmail, die Existenz des Unternehmens sei nicht bedroht. Weder die wirtschaftliche Lage noch die Zahlungsfähigkeit seien gefährdet. Man werde sich „mit aller Kraft“ gegen die Machenschaften wehren und versuchen, die schief gegangenen Geschäfte der früheren Manager rückgängig zu machen. „Wir streiten für unser Recht.“ Das Unternehmen war im vergangenen Jahr selbst auf die wirtschaftlichen und finanziellen Unregelmäßigkeiten gestoßen und hatte schließlich die Münchner Staatsanwaltschaft informiert.
Die Augustinum-Gruppe gilt als eines der führenden Sozialdienstleistungs-Unternehmen in Deutschland. Der Umsatz betrug zuletzt 326,4 Millionen Euro pro Jahr. Bundesweit beschäftigte das Unternehmen im Jahr 2013 mehr als 4300 Mitarbeiter. Bundesweit verbringen rund 7400 Senioren ihren Lebensabend in den Wohnstiften.
In Norddeutschland betreibt das Augustinum drei Seniorenstifte – neben Aumühle auch in Hamburg-Övelgönne und Mölln. Der Einstiegspreis für den exklusiven Alterswohnsitz über dem Hamburger Hafen liegt bei 2086 Euro im Monat. Wer in Aumühle ein Appartement beziehen will, muss mindestens 1431 Euro bezahlen. Und in Mölln werden monatlich 1117 Euro fällig. Ob auch gegen die Hamburger Seniorenresidenz eine Räumungsklage vorliegt, war bis Redaktionsschluss der vorliegenden Zeitungsausgabe nicht bekannt.
Wer seinen Lebensabend übrigens im Hamburger Augustinum am Hafen verbringen will, sollte sich rechtzeitig vor der Pension anmelden. Die Wartezeit beträgt zehn bis 15 Jahre. Das Durchschnittsalter der insgesamt rund 155 Residenten liegt nach Angaben der Direktion bei 85 Jahren; die durchschnittliche Verweildauer betrage acht Jahre.