Aumühle/Wentorf. Die Witterung lässt derzeit ein gutes Sammelergebnis erwarten. Doch Vorsicht und Nachsicht sind geboten. Tipps von Fachleuten.

Frisch gesammelte Pilze schmecken nicht nur in der Pfanne zum Abendbrot. Sie dienen auch vielen Wildtieren als Nahrung und sind zudem von entscheidender Bedeutung für das Ökosystem Wald: Denn abgestorbene Pflanzen und verendete Tiere werden von Pilzen zersetzt und so in nährstoffreichen Boden umgewandelt. Wie lässt sich also naturverträglich sammeln und wo dürfen eigentlich Pilze gesammelt werden?

Grundsätzlich dürfen Sammlerinnen und Sammler nur so viele Pilze pro Tag aus dem Wald mitnehmen, wie sie einer Familienmahlzeit entsprechen, erläutert Bert Havekost, Förster der Fürstlich von Bismarck’schen Verwaltung. „Allerdings werden von einigen Leuten zurzeit riesige Mengen, ganze Wannen aus dem Sachsenwald herausgetragen“, berichtet er. Im Sachsenwald sei das Pilzesammeln außerhalb der Schutzgebiete grundsätzlich erlaubt. Havekost vermutet, dass einige der Sammler gewerblich unterwegs sind. Leider würden diese Vertreter auch auf Schutzgebiete keine Rücksicht nehmen.

In der Natur der Wentorfer Lohe ist Pilzesammeln für Eigenbedarf erlaubt

Denn ein großer Teil des Sachsenwaldes ist Vogelschutzgebiet mit einer Größe von 7,4 Hektar. Es erstreckt sich südlich und westlich von Schwarzenbek bis zum Billetal und umfasst das größte geschlossene Waldgebiet Schleswig-Holsteins. Teilbereiche des Vogelschutzgebietes sind als FFH-Gebiete (Fauna-Flora-Habitat) gemeldet und dürfen nicht betreten werden. Dort leben Eisvogel und Gebirgsstelze nahe der Steilhänge oder kleiner Abbruchkanten der Waldbäche. In den Bruch- und Auwäldern der Bachtäler brüten Kranich und Waldwasserläufer. Die Wasseramsel wurde dort als Überwinterungsgast nachgewiesen. Das Sachsenwald-Gebiet ist insgesamt als Brutplatz für zahlreiche Arten der naturnahen Wälder und Bäche besonders schutzwürdig.

Wenn es nach Förster Havekost ginge, dürften die Pilzsammler ihrer Leidenschaft nur von 10 bis 15 Uhr nachgehen, um Rücksicht auf das äsende Wild zu nehmen. „Außerdem wäre es doch eine gute Idee, wenn jede Sammlerin oder jeder Sammler noch eine Plastiktüte für Müll mitbringen würde und beim Sammeln gleichzeitig das Unterholz von Müll befreien könnte“, sagt der Förster. Durch den sonnigen, heißen Sommer und die darauf einsetzende Regenphase schießen jetzt besonders die Maronen und Steinpilze – bis der erste Frost einsetzt.

Jeder darf am Tag einen Korb voller Pilze sammeln

Sogar in der Wentorfer Lohe ist das Pilzesammeln für den Eigenbedarf erlaubt. „Denn das Areal ist zwar Nationales Naturerbe und die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein ist beauftragt, es in Richtung Naturschutzgebiet zu entwickeln, doch noch greift das Naturschutzgesetz dort nicht“, erläutert Christiane Oppermann von der Stiftung. Für die Menge gelte die „gute alte Korbregel“. Jeder und jede dürfe einen Korb voller Pilze sammeln. Die Größe sei zwar nicht näher festgelegt, aber sie geht von einer Menge aus, die in eine durchschnittlich große Pfanne passt.

Am nachhaltigsten sei das Sammeln, wenn der Pilz am Fuß leicht gedreht und dann mit einem Messer abgeschnitten werde. Oppermann bittet darum, dass die Sammelnden Rücksicht auf die in der Lohe lebenden Tiere nehmen und möglichst nicht die Wege zu verlassen. Sie warnt: „Wildschweine, die sich tagsüber ins Unterholz zurückziehen, können gefährlich werden, wenn sie sich bedroht fühlen.“

Auch in der Feldmark wachsen Maronen und Steinpilze

Joachim Niemann, Urgestein der Reinbeker Gastronomie, und ehemals Betreiber des Gasthofes Gut Silk, sammelt selbst keine Pilze. „Das macht eher meine Frau“, erzählt er und verrät, dass sie dafür nicht weit laufen müsse. Denn auch in der Feldmark und den Gehölzen in direkter Nachbarschaft in Silk wachsen Steinpilze und Maronen. Er kenne einen Reinbeker, der auf dem Weg vom Bahnhof Reinbek durchs Villenviertel bis Prahlsdorf zwei Kilogramm Maronen sammeln könnte. „Sie gehen eine Symbiose mit Buchen und Eichen ein“, erklärt er. „Dort wachsen sie.“

Das passt wieder zum Sachsenwald: Seine Bestände sind von Laubwäldern, Mischwäldern und einzelnen Nadelholzbeständen geprägt. Insbesondere auf den Talhängen der Gewässer finden sich strukturreiche, naturnahe Laubwälder. Denn die hier ausgeprägten Buchen-Eichenwälder sind durch markante Altbäume sowie einen hohen Totholzanteil geprägt.

Pilze sind kalorien- und fettarm, versorgen den Körper mit Eiweiß

Gesammelt werden dürfe laut Niemann nur für den Eigenbedarf einer Familie, „also zwei bis drei Kilogramm.“ In Naturschutzgebieten sei das Sammeln selbstverständlich tabu. Sein Wissen hat er von der Kochschule. Gesund sind die Pilze – soweit genießbar – übrigens auch: Einerseits enthalten sie fast kein Salz, sind cholesterinfrei und zudem ausgesprochen kalorien- und fettarm. Sie sind zum Beispiel eine wichtige Quelle für die Versorgung unseres Körpers mit Eiweiß oder den Vitaminen der B-Gruppe. Darüber hinaus enthalten sie auch beachtliche Mengen an Mineralien, Spurenelementen und Ballaststoffen. Bemerkenswert ist der hohe Eiweißgehalt: 100 Gramm Pilze enthalten durchschnittlich 3,3 Gramm Eiweiß – mehr als die meisten Gemüsesorten.

Auskennen sollte man sich allerdings: Eine Pilzsammlerin aus der Wentorfer Lohe sagt: „Man sollte sich nicht 100-, sondern 200-prozentig sicher sein.“ Um kein Risiko einzugehen einen Gilftpilz zu erwischen, sammelt sie nur Stein- und Birkenpilze, nur Pilze „ohne Lamellen“ wie sie erklärt.

Die nächsten Pilzsachverständigen gibt es in Hamburg-Allermöhe und in Bad Segeberg (Quelle: Deutsche Gesellschaft für Mykologie, www.dgfm-ev.de), Lehrwanderungen macht der Pilzsachverständige Alexander Etzelsberger (nordpilz.de).