Schwarzenbek. Drei der sieben Mitglieder des Schwarzenbeker Gremiums wollen nicht mehr für die Interessen der Generation 60plus antreten. Die Gründe.
„Ich kann meine Freizeit auch sinnvoller gestalten und mich mehr der Familie widmen“, laute das resignierende Fazit des Vorsitzenden Ulf Pielot nach einem Jahr an der Spitze des Seniorenbeirats. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter Oliver Blöse hat er das Amt niedergelegt und den Seniorenbeirat verlassen. Auch Rolf Limbach hat sein Amt niedergelegt. Verblieben sind vier Mitglieder, die jetzt einen neuen Vorstand bilden müssen, um weitermachen zu können.
Die Gründe für den Rückzug des engagierten Spitzenduos sind vielfältig. Hauptursache ist das mangelnde Interesse der rund 5000 in Schwarzenbek lebenden Männern und Frauen der Generation 60plus an den Angeboten des Beirats. Bei Sprechstunden oder Sitzungen waren die Mitglieder des Beirats unter sich. Auch auf Aktionen gab es kaum Resonanz.
Schwarzenbeker Seniorenbeirat: Vorstand schmeißt Handtuch
Aber auch von der Politik fühlen sich die drei nicht wahr genommen. Bürokratische Hemmnisse bei der Arbeit seien ebenfalls frustrierend. „Wir haben versucht, die Beleuchtung an der Kreuzung beim Lupuspark zu verbessern und eine Sanierung des maroden Radwegs an der Möllner Straße durchzusetzen. Das macht keinen Spaß“, so Pielot. „Auch bei der Erweiterung der Boulebahn gab es Widerstand von Seiten der Verwaltung“, berichtet Bernd von Beuningen, der weiter als einfaches Mitglied ohne Funktion im Gremium mitarbeiten möchte.
„Ich bin bei den ,Bikern fahren für Kinder‘ aktiv und Versichertenberater der Rentenversicherung. Mehr ehrenamtliches Engagement kann ich nicht leisten“, sagte er. Rolf Limbach, der ebenfalls ausgetreten ist, betonte, dass er den Arbeitsaufwand für den Job im Seniorenbeirat unterschätzt habe und sich mehr seinem beruflichen Engagement als Musikproduzent widmen möchte.
Seniorenbeirat bleibt als Gremium weiter erhalten
„Der Seniorenbeirat an sich bleibt als Gremium aber erhalten. Die vier verbliebenen Mitglieder wollen weitermachen. Das reicht zahlenmäßig auch aus“, sagt Petra Scheerer, Leiterin des Fachdienstes öffentliche Sicherheit und Soziales, die den Seniorenbeirat von Verwaltungsseite aus auch unterstützt. Verblieben sind jetzt Jan Göttsche (Schriftführer), Beate Grömling (Kassenwartin), Bernd von Beuningen und Karin Radny.
René Franke (AfD) hatte bereits vor der Wahl im November 2022 seine Kandidatur zurückgezogen, weil er einen Sitz in der Stadtvertretung anstrebte. Politisches Mandat und ein Sitz im Seniorenbeirat schließen sich jedoch aus. Auch Ilona Badermann hatte sich schon kurz nach der Wahl aus dem Gremium zurückgezogen. Nachrücker gibt es also nicht mehr. Die Stadtvertretung kann aber Mitglieder für den Beirat benennen, sofern das erforderlich ist.
Jugendliche müssen an Entscheidungen beteiligt werden
Für die Stadt ist der Seniorenbeirat ein wichtiges Gremium, weil es immer wieder Vorhaben gibt, bei denen die Interessen von älteren Menschen berücksichtigt werden sollten beziehungsweise müssen. „Das kann beim Bau eines Pflegeheims ebenso sein wie bei Fragen der Barrierefreiheit. Die Beteiligung ist sinnvoll und gewünscht, aber nicht nach Gemeindeordnung zwingend. Aber bei einem bestehenden Seniorenbeirat ist die Beteiligung problemlos gewährleistet. Anderenfalls müsste man andere Formen der Beteiligung suchen“, so Petra Scheerer.
So macht es die Stadt beispielsweise bei Kindern und Jugendlichen, deren Interessen allerdings im Gegensatz zu denen der Senioren zwingend bei Angelegenheiten wie Spielplätzen, Kitas oder ähnlichen Projekten berücksichtigt werden müssen. In solchen Fällen wird die Beteiligung über Workshops bei der Stadtjugendpflege sichergestellt, weil sich seit vielen Jahren keine Kandidaten für den Kinder- und Jugendbeirat gefunden haben.
Gesellige Komponente stand über Jahrzehnte im Vordergrund
Der Seniorenbeirat hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Gegründet wurde er in den 1990er-Jahren mit der Zielsetzung, etwas für die älteren Schwarzenbeker zu tun. Dabei stand die gesellige Komponente über Jahrzehnte im Vordergrund. Das kommt bei den Senioren in der Europastadt auch bestens an, wie die gut frequentierten Spielnachmittage des Vereins „Aktive Senioren“, die Seniorenfrühstücke von Ursula Behnke in Schröders Hotel oder aber auch die geselligen Mittagstische und Ausfahrten der Arbeiterwohlfahrt von Gabriele und Rudolf Neumann zeigen.
„Wenn wir kochen, ist der Saal in der Begegnungsstätte an der Kolberger Straße immer voll“, sagte Gabriele Neumann. „Unser Reiseprogramm ist auch praktisch immer ausgebucht“, fügte Rudolf Neumann hinzu.
Seit 2013 dürfen die Senioren in politischen Gremien mitmischen
Seit 2013 hat der Seniorenbeirat eine beratende Funktion in den politischen Gremien und auch das Antragsrecht. Dafür hatte der mittlerweile verstorbene damalige Vorsitzende Hans-Dietrich Zymny über Jahre vehement gekämpft. Er wollte Senioren nicht nur bespaßen, sondern der stetig wachsenden Gruppe der älteren Bewohner der Stadt auch eine Stimme verschaffen.
Allerdings gab es in den Folgejahren eine Kombination aus Veranstaltungen und Interessenvertretung. Das funktionierte auch gut. „Die Senioren fühlten sich gut betreut, und wenn sie Sorgen hatten, konnten sie diese bei den Veranstaltungen äußern. Das neue Konstrukt, dass der Beirat nur noch politisch agiert, kam nicht so gut an“, sagt Ursula Behnke, die über ihre Seniorenfrühstücke entsprechende Rückmeldungen bekommen hat.
Verein „Aktive Senioren“ hat Veranstaltungsprogramm übernommen
Zuletzt hatte es im vorigen Seniorenbeirat unter der Leitung von Jörg Scheele immer die Kombination der Interessenvertretung mit Veranstaltungen wie dem beliebten Sommerfest, Ausfahrten und Frühstücksrunden gegeben.
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Das hat sich geändert. Der aus dem Seniorenbeirat hervorgegangene Verein „Aktive Senioren“ hat praktisch das komplette Veranstaltungsprogramm übernommen, nachdem die Neuwahl des Gremiums im Jahr 2020 mit einem Eklat geendet hatte. Damals trat der Seniorenbeirat zurück, weil die breite Mehrheit die Mitgliedschaft des demokratisch gewählten Mitgliedes René Franke wegen seiner AfD-Mitgliedschaft ablehnte.
Es dauerte dann zwei Jahre, bis sich neue Kandidaten fanden. Allerdings war das Interesse an der Wahl gering. Die Beteiligung lag bei gerade einmal bei 25 Prozent. Das Team um Ulf Pielot und Oliver Blöse startete mit großem Engagement und war schnell enttäuscht, als es zu Sprechstunden und bei der Ideensammlung für Themen, die Senioren auf den Nägeln brennen, kaum Resonanz gab. Das führte dann letztlich zum Rückzug der drei ausgeschiedenen Mitglieder.