Schwarzenbek. Martina Özel betreibt den Treffpunkt seit fünf Jahren, trotzt Krisen und Inflation. Sie setzt auf ein ganz bestimmtes Erfolgsrezept.

Es herrscht eifrige Betriebsamkeit im Café „Alte Marktschule“ am alten Markt in Schwarzenbek. Und das liegt nicht nur an der Feier zum fünfjährigen Bestehen unter Betreiberin Martina Özel. Denn zum Jubiläum steht nicht nur die Generation 60plus – die Kernklientel des Cafés im Fokus. Auf dem Marktplatz neben dem Café gibt es am Sonntag, 16. April, auch ein Bobby-Car-Rennen und ein Basketball-Turnier für Kinder und Jugendliche. „Wir wollten auch jungen Familien etwas zu unserem Jubiläum bieten, denn Aktionen auf dem alten Markt sind ja eher selten geworden. Das war eine Idee von meinem Mann“, sagt die 52-Jährige, die auch Mutter von vier Kindern ist. Die gelernte Einzelhandelskauffrau aus Lauenburg hat alles fest im Griff in dem mit mehr als hundert Porzellan-Puppen und alten Bildern geschmückten gemütlichen Café im Zentrum der Stadt Schwarzenbek.

Café „Alte Marktschule“ ist ein Magnet für die Innenstadt

Ihr Kuchen- und Tortenbüfett, der Mittagstisch und vor allem auch das leckere Frühstück sind ein Erfolgsgarant für den kleinen Betrieb im Stadtzentrum, den Bauunternehmer Hans-Heino Meier im Jahr 2007 geschaffen hat. Der Schwarzenbeker hatte 2004 die alte Marktschule von 1827 gekauft und abgerissen. 2007 eröffnete Timo Vokuhl hier das erste Café, das mittlerweile mehrfach den Besitzer wechselte. Als vierte Betreiberin führt Martina Özel gemeinsam mit ihrer Familie und einigen Mitarbeitern das beliebte Café – ein Lebenstraum für die gelernte Einzelhandelskauffrau. Aber trotz des Erfolgs hat auch sie mit der Situation in der Schwarzenbeker Innenstadt und den Folgen von Corona-Krise und der Inflation zu kämpfen.

Ältere Kundschaft schätzt das Café als Treffpunkt

„Ich habe überwiegend ältere Stammkunden in der Altersgruppe von 60 bis 80 Jahren. Natürlich kommen auch jüngere Menschen zu mir, aber die Senioren, von denen viele in den umliegenden Heimen wohnen, sind mein Kerngeschäft und für sie schlägt auch mein Herz, weil ich ihnen einen Treffpunkt biete und sie aus ihrer Isolation heraus hole“, sagt die Lauenburgerin. Der Laden „brummt“ – vor allem an den Wochenenden, aber auch sonst. Doch die Laufkundschaft hat seit der Schließung des Rossmann-Marktes an der Lauenburger Straße vor einem Jahr massiv abgenommen. Darüber hatten zuletzt auch Matthias und Bettina Gräper von der alteingesessenen Bäckerei und Konditorei Gräper – nur etwa hundert Meter entfernt auf der anderen Straßenseite – geklagt. Sie hatten mit einer um zwei Stunden verkürzten Öffnungszeit pro Tag reagiert.

Immer weniger Laufkundschaft in Schwarzenbeks Zentrum

Auch Martina Özel hat ihre Öffnungszeiten reduziert und denkt über eine weitere Kürzung nach. Dabei ist sie grundsätzlich sehr zufrieden mit der Entscheidung, das Café zu übernehmen. „Das war mein Lebenstraum. Ich habe vorher im Einzelhandel gearbeitet und bin Quereinsteigerin. Ich war zuvor auch in der Gastronomie aktiv, habe immer von einem eigenen Café geträumt, aber eben nicht in Lauenburg, wo ich mit meiner Familie lebe. Da wären Kunden und Privatleben zu dicht beieinander“, erzählt sie.

Auch die Familie ihres Ehemanns kommt aus der Gastronomie. Die Özels betrieben früher den „Lindenhof“ in Geesthacht. Dann entdeckte das Ehepaar vor einigen Jahren die „Alte Marktschule“. „Ich habe vier mittlerweile erwachsene Kinder. Sie waren gleich gegenüber beim Kieferorthopäden in Behandlung. Immer während der Untersuchungen habe ich hier Kaffee getrunken und fand die Location klasse. Als mein Mann sagte, dass das Café zum Verkauf steht, waren wir beider Feuer und Flamme“, erzählt die 52-Jährige.

Die Rechnung ist aufgegangen. Kunden sind Senioren, Passanten, aber auch zahlreiche Touristen auf der Durchreise. „Vor einem Jahr kam hier ein Harley-Davidson-Club aus Dänemark vorbei. Wir waren die letzte Station vor der Heimreise. Die Biker waren so begeistert, dass sie dieses Jahr wiederkommen wollen und wir haben bereits mehrere Anfragen von anderen Motorradclubs aus Dänemark, die auch hier Station machen wollen“, erzählt Martina Özel. Stammkunden sind auch die Mitglieder des Vereins „Aktive Senioren“, die jeden Dienstag zum Karten spielen kommen.

Spätfolgen der Pandemie und die Inflation belasten den Einzelhandel

Trotzdem hat die Erfolgsgeschichte Schattenseiten. Kurz nach der Eröffnung und kostenintensiven Umbauten kam 2020 der Corona-Lockdown. „Besitzer Hans-Heino Meier kam ungefragt auf uns zu und hat uns die Pacht gesenkt. Das hat uns sehr geholfen. Als die Pandemie vorbei war, kam der Krieg in der Ukraine mit Energiekrise und steigender Inflation. Die höheren Kosten können wir nur zum Teil an die Kunden weitergeben. Außerdem blieben viele Gäste aus, weil sie nicht mehr so viel Geld haben“, erzählt die Chefin.

Mehr Laufkundschaft würde helfen. Deshalb verfolgt Martina Özel interessiert die aktuelle Diskussion um die Innenstadtentwicklung und ist auch Mitglied in der Wirtschaftlichen Vereinigung, an deren Aktionen sie teilnimmt. „Mehr Veranstaltungen auf dem alten Markt würden die Innenstadt voranbringen. Auch eine Verlegung des Wochenmarkts hierher würde sicherlich ein Magnet für das Zentrum sein. Ob uns allerdings die angedachte Verkehrsberuhigung weiterbringt weiß ich nicht. Möglicherweise hält das nur weitere Kundschaft, die sich als Touristen oder Pendler auf der Durchreise befinden, fern“, sagt sie.

Innenstadtentwicklung wird ein wichtiges Thema in der kommenden Wahlperiode

Wie es mit der Innenstadt weitergeht, ist Thema der Abschlussveranstaltung zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das von der Stadt gemeinsam mit externen Planern vorangetrieben worden ist. Die Veranstaltung beginnt am Montag, 24. April, um 18 Uhr im Festsaal des Rathauses. „Wir sollten die Innenstadt auf keinen Fall zu eng fassen und in jedem Fall das Amtsrichterhaus mit einbeziehen. Unser Ostereiersuchen mit mehr als 200 Besuchern hat uns darin bestärkt, dass das historische Gebäude ein wichtiger Ankerpunkt im Zentrum ist“, so SPD-Chef Candy Rudolph. Dieses Ergebnis hatten auch die bisherigen Bürgerbeteiligungen im ISEK erbracht.

Auch die Grünen haben die Innenstadtentwicklung zur Kommunalwahl zu einem Kernthema gemacht und setzen große Erwartungen in das ISEK. „Konkrete Maßnahmen sind für uns unter anderem eine grundlegende Umgestaltung der Areale rund um den Ritter-Wulf-Platz und das leerstehende Postgebäude, die Förderung neuer, ansprechender Laden- und Gastronomieangebote und die Belebung von leerstehenden Gewerbeflächen durch städtisch geförderte kommerzielle Zwischennutzungen. Ein Citymanager und ein Wirtschaftsbeirat sollen die Umsetzung der Maßnahmen koordinieren und beraten“, fordert Grünen-Politiker Christian Wruck.