Geesthacht. Vor allem die Hafencity hat der Stadt an der Elbe neue Einwohner beschert. Doch wie weit soll die Stadt noch wachsen? Politik uneins.
Geesthacht wächst und wächst – vor allem in der Hafencity. Als Olaf Schulze im Februar 2016 den Posten als Bürgermeister antrat, fing der erste Bauabschnitt gerade an. Wenn die Bautätigkeiten dort einmal abgeschlossen sind, werden allein in diesem neuen Stadtteil etwa 2400 Neubürger leben. Nicht nur aufgrund des dort geschaffenen Wohnraums steigt die Einwohnerzahl rasant an. Der durchschnittliche Zuwachs in den vergangenen vier Jahren lag bei 510 Bürgern pro Jahr. Das hat nun zur Folge, dass die Elbstadt in der Rangliste der größten Städte in Schleswig-Holstein in die Top Ten aufgestiegen ist.
Laut dem Statistikamt Nord hatte Geesthacht (Stand 30. Juni 2023) genau 32.522 Einwohner und hat damit das bislang zehntplatzierte Itzehoe (32.352) hinter sich gelassen. Auch Ahrensburg (34.387) und Wedel (34.531) auf den nächsten Plätzen liegen in Schlagdistanz, geht es in diesem Tempo weiter. Allerdings bringt dieses Wachstum auch Probleme mit sich: Es fehlen Plätze in Kitas und in der Ganztagsbetreuung, auch die Straßen sind zunehmend überlastet. Daher drängt sich die Frage auf: Welche Größe ist gut für die Elbestadt? Und weiter: Wohin soll diese Reise noch führen?
Städteranking: Geesthacht ist auf Platz zehn vorgerückt
„Für unsere Entwicklung brauchen wir eine gewisse Größe. Wenn ich etwa an unsere Einkaufsstraße denke und wir dort Vielfalt haben wollen. Manche Geschäfte kommen halt nur ab einer bestimmten Größe zu uns. Und wir haben keinen Leerstand. Das können die wenigsten Städte sagen“, betont Bürgermeister Olaf Schulze, in dessen Amtszeit Geesthacht um rund zehn Prozent mehr Einwohner bekommen hat.
„Darauf habe ich als Chef der Verwaltung ja wenig Einfluss. Das sind politische Entscheidungen. Dazu kommt, wie sich die Metropolregion Hamburg entwickelt und auch die Zinspolitik, also ob Investoren bauen wollen. Außerdem gab es eine ganze Zeit lang gar kein Wachstum. Wir holen also nur etwas auf. Aber ich muss jetzt nicht die 40.000 anpeilen“, gibt der frühere SPD-Landtagsabgeordnete zu bedenken. Zum Vergleich: Vor rund 30 Jahren pendelte Geesthacht um die 25.000-Einwohner-Marke, zwischen 2008 und 2016 waren es konstant über 29.000-Einwohner.
BfG: „Das wächst uns über den Kopf“
Für die Wählergemeinschaft Bürger für Geesthacht (BfG) geht es derzeit eindeutig zu schnell: „Das wächst Geesthacht über den Kopf“, sagt der Fraktionsvorsitzende Christoph Hinrichs. Und weiter: „ÖPNV, Kitas, Schulen, steigende Mieten, Straßen im bemitleidenswerten Zustand – wir haben genug andere Baustellen. Diese Hausaufgaben zu erledigen, ist wichtig.“
Auf die Bremse tritt auch Bündnis 90/Die Grünen: „Wir sind für ein langsames Wachstum, um die Auswirkungen etwa auf den Verkehr mit Sinn und Verstand abfedern zu können. Deswegen erteilen wir neuen Bebauungsplänen am Stadtrand auch immer eine Abfuhr. Bereits bebaute Flächen in der Hafencity zu nutzen, unterstützen wir“, sagt Ratsherr Jens Kalke.
Schulze: „Liegt nicht nur am Wachstum, die Schullandschaft hat sich verändert“
Bei Kita- und Schulplätzen verweist der Bürgermeister indes auch auf geänderte Rahmenbedingungen. „Bei den 14- bis 18-Jährigen haben wir heute mit 1221 Schülern weniger als 2013, als es 1235 waren. Seit zehn Jahren werden auch wieder mehr Schüler geboren. Dazu hat sich die Schullandschaft einfach verändert, wir haben heute kleinere Klassenteiler. Das hat nichts mit unserem Wachstum zu tun“, gibt Olaf Schulze zu bedenken.
Dass aktuell 50 Prozent der Krippenkinder (unter drei Jahren) keinen Platz in Geesthacht finden, liege ebenfalls an den veränderten Rahmenbedingunen. „Unter Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU, 2005 bis 2009, die Red.) sollten die Kommunen Plätze für 35 Prozent der Krippenkinder schaffen. Das hat Geesthacht getan. Heute geben deutlich mehr Eltern ihr Kind früh in die Kita“, sagt Petra Burmeister, SPD-Fraktionschefin in der Ratsversammlung. Das aufzuholen, brauche Zeit.
CDU ist für neue Baugebiete in Grünhof
Für die CDU war der Sprung in die Top Ten der größten Städte bei dem Wachstum des Hamburger Speckgürtels erwartbar. Die Christdemokraten hätten in Geesthachts Stellungnahme zum neuen Regionalplan gerne neue Baugebiete nördlich der B5 in Grünhof ausgewiesen, was mehrheitlich abgelehnt wurde. Aus Sicht von CDU und BfG erschwert dies auch einen dringend benötigten Bau einer neuen Feuerwache im Ortsteil Grünhof-Tesperhude.
„Wenn wir keine neuen Baugebiete bekommen, bleibt uns nur, in die Höhe zu wachsen. Aber das sehen wir inzwischen kritisch“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Björn Reuter. Bei der Innenstadtverdichtung hat der fast fertige mächtige Zillmann-Park an der Geesthachter Straße eine abschrenkende Wirkung – nicht nur auf die CDU. Bei der Neuaufstellung des Bebauungsplanes wurden die Vorschläge der Verwaltung, die Firsthöhe an der Geesthachter Straße auf 18 Meter zu legen, mehrheitlich abgelehnt. „Vier Stockwerke und 14 Meter sind genug“, sagt Björn Reuter.
Gleichwohl seien jungen Familien und eine gute Altersstruktur der Bewohner ein Zeichen für die Attraktivität einer Stadt, gibt Petra Burmeister zu bedenken. Bei bezahlbarem Wohnraum gebe es nach wie vor Bedarf.
Die größten Städte in der Übersicht
Ein Ende des Wachstums ist vorerst nicht in Sicht. Noch einmal zurück zu den Zahlen: Zwischen 1. Januar 2019 und 1. November 2023 gab es in Geesthacht 11.478 zugezogene Personen und 1384 Geburten. Ihnen gegenüber stehen 9865 Weggezogene und 1959 Sterbefälle. Was die aktuelle Einwohnerzahl angeht, ist Geesthacht laut eigenen Meldeamt übrigens bereits 33.651 Einwohnern. Das Statistikamt Nord hinkt hier immer etwas hinterher.
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Die Landeshauptstadt Kiel ist auf Platz eins (248.034 Einwohner). Dahinter komplettieren die Top Ten in der Reihenfolge: Lübeck (218.062), Flensburg (92.323), Norderstedt (82.010), Neumünster (79.711), Elmshorn (50.696), Pinneberg (44.391) sowie Wedel, Ahrensburg und jetzt Geesthacht. Zum Vergleich die übrigen Städte unserer Region: Reinbek (28.501), Schwarzenbek (17.294), Glinde (18.476) und Lauenburg (11.957).