Hodenhagen. Mit drei Jahren kam Fabrizio Sepe nach Deutschland und wuchs zwischen Löwen und Krokodilen auf. Als Chef krempelte er den Park kräftig um.
Der Serengeti-Park in Hodenhagenfeiert dieser Tage seinen 50. Geburtstag mit vielen Aktionen – und ist im Frühjahr in eine besondere Saison 2024 mit zahlreichen Höhepunkten gestartet. Kopf und Herz des Tier- und Freizeitparks und Familienunternehmens in der Lüneburger Heide ist Dr. Fabrizio Sepe. 53 Jahre alt, geboren in Mailand und aufgewachsen zwischen wilden Tieren in Niedersachsen.
Während Vater Paolo Sepe das Safari-Erlebnis zwischen Löwen, Krokodilen und Elefanten überhaupt erst nach Deutschland brachte, baute der Italiener das Vermächtnis seines Vaters zu dem tierischen Spektakel für Kinder um, wie es Familien heute kennen und lieben.
Chef im Serengeti-Park: Der Familienbetrieb bedeutet ihm alles
Eines wird im Gespräch mit Fabrizio Sepe sofort klar: Der Parkleiter erzählt gern und ausführlich, er versprüht Charisma und er trägt sein Herz auf der Zunge. Und er präsentiert sich als Mensch, der all seine Kraft und Kreativität in das vom Vater gegründete Familienunternehmen steckt. „Der Park ist mein Leben“, schreibt er auch in seiner 2023 erschienen Autobiografie „Die Safari meines Lebens“. Seine Vision: Er wolle eine echte Verbindung zwischen Mensch und Natur herstellen und die Tierwelt schützen.
Wenn Sepe schildert, wie er die Geburt des ersten afrikanischen Elefantenbabys Norddeutschlands seit Jahrzehnten miterlebte, bleibt an seiner Leidenschaft kein Zweifel. „Das war für mich fast so emotional wie die Geburt meiner kleinen Tochter“, sagte er. „Ich habe zwei Nächte mit im Stall geschlafen.“ Der neugeborene Elefant habe erst angestrengt durch den Mund geatmet, bevor er selbst mit großer Überraschung seinen Rüssel entdeckte. „Danach fing er an, aufgeregt mit seinen riesigen Ohren zu flattern.“
Seiner Begeisterung verleiht der Safari-Boss auch regelmäßig in Videos Ausdruck und spricht die Fans und Besucher des Parks persönlich an – wie hier zur Saisoneröffnung 2024:
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Ein „verrückter Italiener“, der gezügelt werden muss
Seit 1997 ist Fabrizio Sepe Geschäftsführer des Serengeti-Parks, seit 2017 alleiniger Inhaber. „Die Mischung macht dieses Unternehmen aus“, sagt er. Mit dem „verrückten Italiener ganz oben“, wie er selbst sagt, einigen kreativen Köpfen und ganz vielen rationalen Menschen und Bedenkenträgern darunter. „Die sind aber ganz wichtig. Allein hätte ich das ganze vermutlich schon gegen die Wand gefahren.“
Sepe ist heute Herr über 1600 Tiere auf 220 Hektar Land – das entspricht mehr als 300 Fußballfeldern. Er ist Chef von mehr als 600 Angestellten und eine bekannte Persönlichkeit in der Region, der den Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff zu seinen engen Freunden zählt. Und er ist ein Mensch mit einem Gespür für öffentlichkeitswirksame Aktionen. Darin unterscheidet er sich von seinem Vater Paolo, der den Park 1973 eröffnete.
Kindheit: Seine erste Freundin küsste er im Park
Mit drei Jahren war Sepe aus Mailand nach Deutschland gekommen, da baute sein Vater den Serengeti-Park gerade auf. Die Eltern hatten sich getrennt, der kleine Fabrizio musste in einem fremden Land mit einer unbekannten Sprache klarkommen. Anschließend wuchs er zwischen wilden Tieren und Attraktionen auf. Seine erste Freundin küsste er im Alter von neuen Jahren im Park. Zwischenzeitlich holte die Mutter ihn zurück nach Mailand. Danach besuchte er ein Internat in der Schweiz.
Eine ungewöhnliche Kindheit in den 70er- und 80er-Jahren, in der er sich oft wie der Filmheld „Crocodile Dundee“ gefühlt habe. „Ich bin mit Elefantenbabys, Tigerbabys, Nashornbabys und Krokodilbabys aufgewachsen, sie waren meine Freunde.“
Ausbruch aus Deutschland fürs Marketing-Studium
Für sein Marketing-Studium ging er einige Jahre nach Mailand und besuchte für seine 800-seitige Doktorarbeit 100 Parks auf der ganzen Welt. Nach diesen Einblicken war ihm klar: Der Serengeti-Park muss sich stärker auf die Kinder ausrichten. Und so entstand auch der von Kindern eingesungene Radiojingle, der seit vielen Jahren unverändert ausgestrahlt wird: „Serengeti-Park, du hast alles was ich mag, wilde Tiere, Karussells den ganzen Tag.“
Während Paolo Sepe sich von diesem Strategiewechsel schnell überzeugen ließ, gerieten Vater und Sohn in anderen Fragen häufig aneinander. „Er war ein sehr harter Chef und ein absoluter Macho-Patriarch“, sagt Fabrizio Sepe. Schon als Kind habe er sich geschworen, es anders anzugehen.
Boss im Park: „Auf diesem Stuhl kann man nicht der Freund von allen sein“
Nach vollendeter Doktorarbeit arbeitete Fabrizio Sepe zunächst als gewöhnlicher Mitarbeiter in allen Abteilungen. Als er dann selbst zum Chef des Unternehmens mit Hunderten Mitarbeitern, Tausenden Tieren sowie Fahrgeschäften, Übernachtungseinrichtungen und vielem mehr wurde, habe er seine eigenen Lektionen lernen müssen.
Im Streben nach Teamgefühl und gemeinsamen Entscheidungen sei er allzu freundschaftlich gewesen, um ein Unternehmen dieser Größenordnung zu leiten. „Auf diesem Stuhl kann man nicht der Freund von allen sein“, sagt Fabrizio Sepe am Chefplatz in seinem Büro. Auf der anderen Seite habe er seinen Mitarbeitern zu wenig Freiheiten gelassen und den „Kontrolletti“ gemacht. „Ich bin vom dem Park besessen. Da fällt es schwer, loszulassen.“
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Psychotherapie, Probleme Ehe und „La dolce vita“
Bei der Aufarbeitung seiner Probleme habe eine dreijährige, intensive Psychotherapie geholfen. Auch bei der Bewältigung des „größten Fehlers“ seines Lebens – seiner ersten Ehe. Dort habe er gelernt: „Man haut so eine Ehe gemeinsam gegen die Wand, neigt aber dazu, auf den anderen zu zeigen.“
Heute ist Fabrizio Sepe mit der Neurowissenschaftlerin Dr. Idu Azogu-Sepe verheiratet. Gemeinsam haben sie zwei Töchter. Sein Ziel: „Am Ende meines Lebens will ich auf 95 Prozent glückliche Momente zurückblicken.“ Um das zu erreichen, breche er so häufig wie möglich aus dem Alltag in Norddeutschland aus.
Dazu habe ihm sein Vater schon in frühen Jahren geraten. „Hier ist Pünktlichkeit, Gründlichkeit, Arbeit und Präzision angesagt. Und dem müssen wir uns fügen, wir sind hier Gast“, habe er gesagt. Und: „Sonst werden wir ausgespuckt wie ein Olivenkern.“ Doch er solle Italiener bleiben und umschalten, sobald es möglich sei. „Reise und lebe ‚La dolce vita‘ – und wenn es nur für ein paar Tage ist.“
Spontankauf? Berühmter Bundeswehrflieger wird zum Problem
Bekannt ist Fabrizio Sepe für seine ausgefallenen Ideen: Ende 2021 kaufte er beispielsweise einen Airbus A 310 für den Park. Ein ausgemusterter Bundeswehrflieger, der fest im Serengeti-Park stehen und dort als Besucher-Restaurant mit Blick auf Giraffen und Antilopen dienen soll.
Das Flugzeug „Kurt Schumacher“ hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Nach 30 Jahren im Dienst der Bundeswehr war der Truppentransporter vor seinem Dienstende noch an der dramatischen Evakuierungsmission in Afghanistan im Jahr 2021 beteiligt.
Als Rentner bereitet der Flieger seinem Eigentümer allerhand Kopfzerbrechen: Nach einer Teil-Demontage des 60-Tonnen-Flugzeuges darf der Airbus aus Umweltschutzgründen nicht vom Flughafen Hannover nach Hodenhagen befördert werden. Es ist weiterhin offen, ob der Park jemals eine genehmigungsfähige Route finden wird oder mit einer Klage Erfolg hat.
Eigenes Flugzeug – die größte Niederlage seiner Karriere?
Unbekannt ist auch der Kaufpreis. Allein in Gutachten für den Transport seien 30.000 Euro geflossen. Sepe spricht von „der größten Niederlage“ oder „dem größten Erfolg“ seiner Karriere. Das Lachen vergeht dem Italiener nicht so schnell. „Solche Wagnisse gehören dazu, ich bleibe guter Hoffnung“, sagte er im vergangenen Jahr. Und ließ sich auch von Großkrisen die Zuversicht nicht nehmen.
Corona hatte das fast geschafft: Nach Ausbruch der Pandemie, Lockdowns und schwindenden finanziellen Mitteln für tonnenweise benötigtes Tierfutter hätten er und seine Frau auf dem Fußboden gesessen und vor Verzweiflung geweint. Doch auch von der „Horrorperiode der Pandemie“ erholte sich der Serengeti-Park. Bis zum nächsten Schlag durch die Flut folgten wirtschaftliche Rekordjahre.
Der Serengeti-Park in Hodenhagen
Der große Tier- und Freizeitpark in Hodenhagen in der Lüneburger Heide will die Saison 2024 im März eröffnen. Dann können Gäste wieder mehr als 1500 Tiere (80 verschiedene Arten) erleben und rund 40 Fahrgeschäfte und Shows besuchen – auf einer Fläche von 220 Hektar. Zum Vergleich: Der Wildpark Schwarze Berge (Rosengarten) erstreckt sich über 50 Hektar mit 1000 Tieren.
Die „Serengeti-Safari“ mit 16 weitläufigen Freianlagen (Wild-Areale) kann mit dem eigenen Pkw oder per geführter Bus- oder Jeep-Tour durchfahren werden. Die „Dschungel-Safari“ mit Affen in einer Inselwelt erkunden Besucher zu Fuß. Die „Abenteuer-Safari“ ist der Freizeitpark mit Fahrgeschäften, Spielplätzen und Streichelgehegen. Jährlich zählt der Park bis zu 742.000 Besucher und 140.000 Übernachtungen.
Flut-Krise: Wassermassen zerstören den Serengeti-Park Ende 2023
Im vergangenen Dezember mussten Sepe und seine Crew dann die wohl größte Krise in der 50-jährigen Geschichte des Familienunternehmens bewältigen: Kurz vor Weihnachten fluteten Wassermassen das Parkgelände, brachten die Tiere in Gefahr und hinterließen Zerstörungen in Millionenhöhe.
Dass der Serengeti-Boss noch während der Aufräumarbeiten positiv und voller Vorfreude auf das Jubiläumsjahr 2024 blickte, veranschaulicht, wie der Mann tickt.
Justin Biebers Affe sowie weiße Löwen und Tiger von Siegfried und Roy
Zu seinem Erfolgsrezept gehören auch die bunten Schlagzeilen, für die der Park immer wieder sorgt. „Serengeti-Park bietet an, weiße Tiger und Löwen von Siegfried und Roy aufzunehmen“, hieß es etwa Anfang 2021. Dass das Kapuzineräffchen Mally des US-Popstars Justin Bieber in Hodenhagen lebt, ist seit der Aufnahme 2013 immer wieder Thema in den Medien.
Reine Zufälle und kein PR-Kalkül – darauf besteht Fabrizio Sepe gegenüber dem Abendblatt. Selbst scheut der „König der Serengeti“ („Bild“) Kameras und die Öffentlichkeit nicht und platzierte schon so manches Raubtier oder süße Tierbaby in den Medien. „Mein Vater hatte das Marketing und die PR-Arbeit immer etwas vernachlässigt“, schreibt Sepe im Buch. „Das war meine Chance, etwas neu aufzubauen.“ Und er bleibt am Ball – mit Aktionen wie dieser Liegestütz-Challenge in den sozialen Medien:
Serengeti Park im Jahr 2024: Jubiläumsjahr nach der Flutkatastrophe
Für das Jubiläumswochenende (ab 24. Mai) lockt der Serengeti-Park mit 50 Prozent reduziertem Eintrittspreis, zahlreichen Walking-Acts und Überraschungen. Die große Feier zum 50-jährigen Bestehen des Tierparks musste Sepe in Folge des Hochwassers auf Mai 2024 schieben. Auch die Eröffnung im Jahr 1974 konnte wegen Unwetterschäden erst später stattfinden. Vielleicht ein gutes Omen für 2024 und die nächsten 50 Jahre.
Anmerkung der Redaktion: Diesen Artikel haben wir das erste Mal am 22. April 2023 veröffentlicht. Aus aktuellem Anlass haben wir das Porträt aktualisiert.