Gegen den Transport des Atommülls sprechen sich zahlreiche Künstler und Politiker aus. Greenpeace warnt vor brennbarem Gas im Salzstock Gorleben.
Hannover/Paris. Der Protest gegen den Transport von hoch radioaktivem Atommüll ins niedersächsische Gorleben in einer Woche weitet sich aus. Auch zahlreiche Künstler , darunter Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, Moderatorin Charlotte Roche und Rocksänger Udo Lindenberg, rufen zu Aktionen gegen längere Atomlaufzeiten und den Castor-Transport auf. Neben der Grünen-Bundesspitze will außerdem der Vorstand der Linken an den Demonstrationen im Wendland teilnehmen. Anti-Atom-Gruppen kündigten massive Proteste an: Sie wollen den Transport ins Zwischenlager Gorleben möglichst lange aufhalten.
Die Umweltorganisation Greenpeace hält den Salzstock in Gorleben wegen unterirdischer Gasvorkommen als Endlager für hoch radioaktiven Atommüll für ungeeignet. Neue Aktenfunde belegten, dass brennbare Gasvorkommen nicht wie bisher bekannt nur tief unter dem Salzstock lagern, sondern in unmittelbarer Nähe zu möglichen Einlagerungsbereichen, teilte Greenpeace am Freitag mit. Die Organisation will an diesem Dienstag in Berlin über ihre Erkenntnisse informieren. Der Salzstock könne durch die Gasvorkommen zur „tickenden Zeitbombe“ werden, hieß es. Das zeigten Bohrberichte, die laut Greenpeace bisher aber heruntergespielt wurden.
Der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel forderte unterdessen Ministerpräsident David McAllister (CDU) in einem Brief auf, sich gegen ein mögliches Atom-Endlager im Salzstock Gorleben zu wenden. „Es ist höchste Zeit für eine mutige Entscheidung“, schrieb er am Freitag.
Als einziger Standort in Deutschland wird bisher Gorleben als mögliches Endlager für hoch radioaktiven Abfall untersucht. Gleich neben dem Salzstock liegt das oberirdische Zwischenlager, wo bereits 91 Atommüll-Behälter zum Abkühlen stehen. Greenpeace forderte die offizielle Bekanntgabe der Strecke für den Castor-Sonderzug von Frankreich nach Gorleben. Die elf Spezialbehälter mit verglasten Abfällen aus deutschen Atomkraftwerken müssen insgesamt rund 1000 Kilometer zurücklegen.
„Die Menschen in Frankreich und Deutschland haben ein Recht darauf zu erfahren, ob und wann ein derart gefährlicher Konvoi bei ihnen in der Nähe vorbeifährt“, betonte Yannick Rousselet, Atomexperte von Greenpeace. Die Umweltorganisation veröffentlichte zugleich eine Karte und einen Zeitplan des möglichen Zugverlaufs. Atomkraftgegner rechnen beim Transport zum Zwischenlager Gorleben mit so vielen Demonstranten wie seit Jahren nicht mehr. Mindestens 30.000 Menschen werden nach Angaben der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg zur zentralen Protestkundgebung am 6. November in Dannenberg erwartet.
Auch einige Künstler – etwa der Musiker Bela B und die Autorinnen Roche und Petra Oelker – werden dabei sein, teilten die Initiatoren des Künstleraufrufs mit. Eine Anti-Atom-Gruppe kündigte an, bei den geplanten Sitzblockaden könnten sich die Demonstranten diesmal auch miteinander verketten. Andere Atomkraftgegner wollen Schotter aus dem Gleisbett entfernen, um die Fahrt des Schwerlastzugs zu verzögern. Um die 16.500 Polizisten werden während des Castor-Transports eingesetzt.
Der niedersächsische Atomexperte der Linksfraktion, Kurt Herzog, sagte am Freitag: „Ich erwarte, dass wir den härtesten Polizeieinsatz in der Geschichte Gorlebens bekommen werden.“ Herzog wohnt in Dannenberg direkt an der Route, auf der der Atommüll transportiert wird. Die Entschlossenheit der Menschen vor Ort und ihr Ärger über die politischenEntscheidungen in Berlin sei so groß wie nie zuvor, sagte er.
Nach Informationen von Greenpeace soll der Zug von Valognes in der Nähe der Wiederaufarbeitungsanlage von La Hague über Caen nach Metz fahren. Von dort aus gebe es drei Varianten, um die Grenze nach Deutschland zu überqueren: über Lauterburg, Forbach oder Kehl. Der Zug soll um 14.20 Uhr starten und je nach Strecke zwischen halb elf und halb eins an der Grenze sein.