Ein zehnjähriges Mädchen wurde 2011 verschüttet als sich mehrere tausend Kubikmeter Kreide aus einem Steilküstenkliff auf der Insel Rügen lösten.

Kap Arkona. Ein halbes Jahr nach dem tödlichen Steilküstenabbruch am Kap Arkona weisen zum Start der Sommersaison neue Informationstafeln auf die Gefahren an Rügens Steilküsten hin. Die ersten Tafeln stehen in Putgarten am Nordstrand, an der Königstreppe und in Vitt. Auf den vom Land in Auftrag gegebenen Tafeln werde das richtige Verhalten an den Steilküsten erklärt, sagte Umweltminister Till Backhaus (SPD) am Montag bei der Übergabe am Kap Arkona. „Steilküsten in Mecklenburg-Vorpommern bestehen aus Lockersedimenten und sind anfällig für Abbrüche und Rutschungen“, erläuterte er. Bei dem Abbruch am 26. Dezember 2011 war die zehnjährige Katharina aus Brandenburg ums Leben gekommen.

Die Informationstafel sind 120 mal 80 Zentimeter groß und sollen auch an anderen Küstenabschnitten aufgestellt werden. Auf ihnen würden die ständig ablaufenden Küstenveränderungen allgemeinverständlich dargestellt, sagte Backhaus. Das sei ein wichtiger Beitrag zur Umweltbildung. Außerdem wurden vom Land 15 000 Faltblätter, die über die Gefahren an den Steilküsten aufklären, an Hotels, Pensionen und den Landkreis verteilt.

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Seit dem Küstenabbruch an den Weihnachtstagen 2011 hatten die Ämter auf Rügen ihre Sicherheitskonzepte überarbeitet. Die Nebelsignalstation direkt über der Unglücksstelle an der Nordspitze der Insel wurde geschlossen und ein Wanderweg auf einer Länge von 250 Metern um rund 20 Meter ins Landesinnere verlegt. Bis auf die Unglücksstelle unterhalb der Nebelsignalstation seien jedoch alle Steilküsten des Kaps freizugänglich, betonte Putgartens Bürgermeister Ernst Heinemann.

Die dramatische Suche nach dem Kind hat sich allen tief ins Gedächtnis gegraben. Zudem sprechen Urlauber Einheimische immer wieder darauf an. Zwei Wochen lang suchten damals Feuerwehr und THW vergeblich nach dem Mädchen, das mit seiner Mutter und Schwester unbeschwerte Urlaubstage auf Rügen verbringen wollte und bei einem Spaziergang von dem Küstenabbruch überrascht wurde. Erst gut einen Monat nach dem Abbruch wurde die freigespülte Leiche des Kindes am Kap gefunden.

Die Tafeln auf dem Steilküstenplateau informieren über die Geologie, die natürliche Küstendynamik und die Gefahren. „Die Urlauber haben nach dem Unglück viele Fragen“, sagte Heinemann. Bei geführten Wanderungen oder in den Ausstellungen im Leuchtturm beantworten Mitarbeiter die Fragen und verteilen Faltblätter. Täglich kommen – je nach Wetter – zwischen 500 bis 1500 Besucher an das Kap. Übers Jahr besuchen rund 600 000 Gäste den nördlichsten Teil Rügens.

Die Schilder stoßen aber auch auf Kritik. Auf einer der drei Tafeln findet sich ein direkter Hinweis auf das Unglück vom Dezember und eine Abbildung von der Unglücksstelle. Antje Grotelueschen, die am Kap eine Töpferei betreibt, findet das unangemessen. „Das befördert den Sensationstourismus nur“, kritisierte sie. Seit dem Unglück erkundigten sich allein bei ihr täglich 10 bis 20 Gäste nach der Unglücksstelle. Obwohl dieser Steilküstenabschnitt gesperrt sei, würden die Hinweise ignoriert. „Nach einer halben Stunde kommen die Besucher nach oben und zeigen uns einen Stein, den sie von der Unglücksstelle mitgebracht haben.“ Das Kap mit dem alten slawischen Burgwall sei für sie immer ein magischer Ort gewesen, berichtete Groteluschen. „Seit einem halben Jahr ist alles anders.“

Gemeindechef Heinemann findet dagegen den Bezug zur Unglücksstelle richtig. Und wer an der Unglücksstelle erwischt werde, müsse offensiv über die Gefahren aufgeklärt werden. Die Stelle, an der Katharina ums Leben kam, bleibe vorerst weiter geschlossen. „Wir haben hier am Kap zehn Kilometer Steilküsten. Wer die Schönheit dieser Küstenform erleben möchte, hat genügend Auswahl.“ (dpa)