Wütende Proteste auf der einen und wilde Entschlossenheit auf der anderen Seite. Die Regierung in Kiel hält an seinem Sparkurs fest.

Kiel. Tausende Demonstranten , schmerzhafte Sparbeschlüsse, umstrittene Entscheidungen wie die über ein neues Sparkassengesetz – die schwarz-gelbe Koalition in Kiel muss ihre bisher härteste Landtagssitzung bestehen. 6000 bis 10.000 Demonstranten gegen die angekündigten Ausgabenkürzungen bei den Hochschulen werden an diesem Mittwoch an der Förde erwartet, viele davon aus Lübeck und Flensburg. In der Hansestadt soll nach dem bisherigen Stand das Medizinstudium eingestellt werden, in Flensburg das Studium der Wirtschaftswissenschaften. Die Proteste dagegen werden parallel zur Sitzung des Landtages ihren vorläufigen Höhepunkt erreichen, doch die Koalition hält an ihren Sparzielen fest.

Dies wird Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) am Mittwoch in einer Regierungserklärung zum Auftakt der dreitägigen Beratungen unterstreichen. Wenn das mit fast 25 Milliarden Euro verschuldete Land jetzt nicht die Kurve bekommt, wird es bald jegliche Handlungsfähigkeit verlieren, ist seine Überzeugung. Die CDU/FDP-Koalition will von 2011 an jährlich 125 Millionen Euro einsparen, um das strukturelle Defizit bis 2020 auf Null zu senken. Von dem Jahr an darf das Land laut Verfassung keine neuen Kredite aufnehmen. „Die Gesamtsumme am Ende muss erreicht werden“, sagte CDU- Fraktionschef Christian von Boetticher am Dienstag. „Wer einen Baustein rausnimmt, muss einen gleich großen Baustein wieder reinlegen.“

Der Hinweis signalisiert erneut, dass die Koalition Alternativen nicht ausschließt, sofern unter dem Strich das Sparziel erreicht wird - ein Hoffnungszeichen möglicherweise auch für das Medizinstudium in Lübeck. Carstensen, von Boetticher und FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sind bei diesem Thema auch im Gespräch mit dem Bund. Die Lübecker Uni will selbst Alternativen vorschlagen, um ihr Medizinstudium zu retten. Verärgert zeigte sich von Boetticher darüber, dass der CDU-Kreisverband Flensburg die Protestaktion am Mittwoch unterstützt: Dies sei „nicht besonders lustig“.

SPD-Fraktionschef Ralf Stegner kündigte für den 2. Juli ein Alternativkonzept an. Die SPD müsse schon deshalb vernünftige, seriöse Vorschläge machen, weil sie früher als erwartet wieder in der Regierung sein werde, sagte er voraus. Die jetzige Koalition betreibe „teilweise richtige Zerstörungspolitik“.

Am Donnerstag bestimmt der Landtag seine Wahlleute, die am 30. Juni mit über den neuen Bundespräsidenten entscheiden werden. Spannend wird es am Freitag: Dann will die Koalition ihr umstrittenes Sparkassengesetz beschließen – trotz aller Kritik aus Opposition, Sparkassen und zum Teil aus eigenen Reihen. Einige CDU-Abgeordnete gelten als „Wackelkandidaten“, und Schwarz-Gelb hat nur eine Stimme Mehrheit. Der Fraktionschef gab sich zuversichtlich: „Ich bin da sehr, sehr guter Dinge“. Die Kritiker befürchten, dass die Gesetzesänderung letztlich zum Einfallstor für Privatisierungen der Sparkassen werden könnte.

Die Koalition will mit der Novelle der Hamburger Haspa die Möglichkeit geben, sich an öffentlich-rechtlichen Instituten im Norden zu beteiligen und so deren Kapitalbasis vergrößern. Sie geht auch davon aus, dass ihre noch einmal überarbeitete Vorlage so „europarechtssicher“ wie möglich ist und sich damit auch keine Großbanken den Einstieg bei Sparkassen im Land erzwingen können.

Die Sparkassen bekräftigten trotz der Änderungen ihre Bedenken und warfen der Koalition handwerkliche Fehler vor, die schwere Folgen haben könnten. Um die Eigenkapitalbasis zu stärken, müsse das Gesetz auch nicht geändert werden, hieß es.

Ebenfalls am Freitag will Schwarz-Gelb das im letzten Sommer eingeführte beitragsfreie dritte Kita-Jahr wieder abschaffen. Damit wird das Land jährlich 35 Millionen Euro einsparen. Der Zuschuss für die Kita-Betriebskosten soll dafür von 60 auf 70 Millionen Euro steigen. Für die Entscheidungen über die Sparkassen und Kitas hat die SPD namentliche Abstimmung beantragt.