Hamburg. Die Kreuzfahrtbranche boomt, doch viele Umweltschäden gehen auf das Konto der Riesenschiffe. Gibt es klimafreundliche Kreuzfahrten?
Mit Kreuzfahrten können Reisende gleich mehrere Ziele in einem Urlaub besuchen. Ihre steigende Beliebtheit zeigt sich in Zahlen: Laut Statista waren letztes Jahr 31,7 Millionen Menschen auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Trotzdem steht diese Reiseform wegen ihrer Umweltauswirkungen in der Kritik. Umweltschützer bezeichnen die schwimmenden Städte aufgrund ihrer Luftverschmutzung, ihrer Müllproduktion und ihrem hohen Ressourcenverbrauch als regelrechte Klimasünde. Doch es wird zunächst nicht besser: Ein aktueller Bericht der Organisation „Transport & Enviroment“ (T&E) erklärt, dass die Schiffe und Passagierzahlen weiter zunehmen werden. Allein im nächsten Jahr sollen 15 neue Schiffe in See stechen.
Auch Angaben des Umweltbundesamtes zeigen, dass schon eine siebentägige Mittelmeerkreuzfahrt pro Person durchschnittlich 1,9 Tonnen Treibhausgase ausstößt. Zum Vergleich: Mit der Nutzung von Auto, Bus und Bahn verursacht der deutsche Durchschnittsbürger auf ein Jahr gerechnet insgesamt 1,5 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen.
Doch gibt es eine Kreuzfahrt, die das Klima nicht so sehr belastet – und ist es möglich, sowohl einen Kreuzfahrturlaub zu machen als auch die Umwelt zu schützen? Raija Koch, Referentin für Verkehrspolitik beim Naturschutzbund (Nabu), gibt klare Empfehlungen.
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Kreuzfahrt klimafreundlicher gestalten: Worauf können Reisende achten?
Dass Kreuzfahrten nicht besonders gut für die Umwelt sind, ist mittlerweile bekannt. Selbst Reedereien stecken sich mittlerweile eigene Klimaziele. Allerdings sind diese oft weniger ambitioniert als jene der Bundesrepublik. So will Deutschland laut Klimaschutzgesetz bis 2045 CO₂-neutral sein. Aida und TUI Cruises wollten dies ursprünglich bis 2040 erreichen, verlängerten das Ziel aber nun um zehn Jahre bis 2050. Das Pariser Klimaabkommen erwähnt die Schifffahrt dagegen gar nicht erst.
Daher liegt es letztlich auch am Verbraucher, auf die Umwelt zu achten: “Ein klimabewusster Mensch sollte sich fragen, ob er wirklich jetzt eine Kreuzfahrt machen will oder nicht erst in ein paar Jahren, wenn die klimafreundliche Transformation der Kreuzfahrt weiter fortgeschritten ist“, sagt Koch. Doch was ist, wenn die Kreuzfahrtreise nicht so lange warten kann?
Klimafreundliche Kreuzfahrt? Tipps für Buchung, Anreise und Co.
Reedereien bewusst auswählen
Das Kreuzfahrtranking des Nabu bewertet jedes Jahr verschiedene Reedereien bezüglich ihrer Klima- und Umweltschutzmaßnahmen. Die vordersten Plätze sicherten sich dabei Hurtigruten, Havila, Hurtigruten Expeditions, Mein Schiff und Ponant. Wer also eine Kreuzfahrt erleben und diese mit Bedacht wählen möchte, fährt mit diesen Reedereien aus Klimasicht aktuell am besten. Dennoch: „Eine Kreuzfahrt, die das Klima nicht belastet, wird auch von den Spitzenreitern des Kreuzfahrtrankings nicht angeboten“, unterstreicht die Expertin.
Routen kritisch auswählen
Die Gletscher schwinden und das Eis schmilzt mittlerweile dreimal schneller als im letzten Jahrhundert. Das zeigt unter anderem ein Bericht der ARD. Doch es gibt viele weitere Folgen des Klimawandels für die Natur, wie wir sie kennen: Laut eines Artikels im Magazin der Universität Bremen zeigt sich die hohe CO₂-Belastung zum Beispiel auch im Korallensterben.
Um die Natur und ihre Bewohner zu schützen, verhängen viele Länder mittlerweile sogar Verbote für Kreuzfahrtschiffe. In den Fjorden Norwegens sind mit Schweröl betriebene Schiffe beispielsweise nicht mehr erlaubt. Auch an Nordsee und Ostsee gelten strengere Vorschriften. Reisende sollten daher ihre Route hinterfragen und diese mit Bedacht wählen.
Klimafreundliche Verkehrsmittel zur Anreise nutzen
Nicht nur die Kreuzfahrt an sich, auch die An- und Rückreise treiben den CO₂-Ausstoß in die Höhe, erklärt Koch. „Die Anreise mit dem Flugzeug verschlechtert die Klimabilanz drastisch, während die Anreise mit Bus und Bahn deutliche Emissionseinsparungen mit sich bringt“, so die Expertin.
Reisende sollten deshalb auf Kreuzfahrten setzen, deren An- und Ablegestellen mit umweltfreundlicheren Verkehrsmitteln als beispielsweise dem Flugzeug zu erreichen sind. Denn auch der Emissionsvergleich des Umweltbundesamtes zeigt: Wer mit dem Auto anreist, ist immer noch klimafreundlicher unterwegs als mit dem Flugzeug. Am besten schneiden aber E-Bike, Bus und Bahn ab.
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Richtigen Zeitpunkt abpassen
Viele Kreuzfahrtschiffe laufen mit Schweröl oder flüssigem Erdgas (LNG). Beides sind Kraftstoffe, die der Nabu als klimaschädlich bewertet. Als die aktuell beste Alternative nennt er eMethanol. Andere Kraftstoffe wie Ammoniak, Methanol und Wasserstoff seien zwar klimafreundlicher als Schweröl und LNG – für das Kreuzfahrtgeschäft seien sie zum Beispiel wegen Toxizität (Ammoniak) und hohem Volumenbedarf (Wasserstoff) aber nicht die erste Wahl. Außerdem werde eMethanol im Vergleich zu Methanol nicht aus fossilen Ressourcen gewonnen.
Alternativen seien momentan außerdem nur begrenzt verfügbar. Trotzdem sei es für die Reedereien wichtig, diese Antriebssysteme schon jetzt für die Neubestellungen mitzudenken. Für die Passagiere heißt das: Wer auf seiner Kreuzfahrt umweltfreundlicher unterwegs sein möchte, sollte am besten noch warten.
NABU-Kreuzfahrtranking: Welche Reedereien schneiden am besten ab?
- Für 2024 erreicht die Reederei Hurtigruten im Kreuzfahrtranking des Nabu den ersten Platz. Die Reederei bietet Kreuzfahrten entlang der norwegischen Küste sowie in die Arktis und die Antarktis an.
- Auf dem zweiten Platz landet die Reederei Havila, die ebenfalls für Kreuzfahrten entlang der norwegischen Küste von Bergen bis Kirkenes bekannt ist.
- Den dritten Platz belegt die Reederei Hurtigruten Expeditions. Sie organisiert Expeditionsreisen in verschiedenen Regionen und auf unterschiedliche Kontinente. Dabei fährt sie auf Routen um Norwegen, die Antarktis, die Arktis, die Nordwestpassage, um Südamerika, Europa oder entlang der britischen Inseln.
Ein grüner Trend ist bei der Schiffsfahrt in Skandinavien also durchaus sichtbar. Die skandinavischen Reiseziele werden aber auch allgemein beliebter, wie der Begriff „Coolcation“ zeigt. Zwar zeichnet sich hier noch kein allgemeiner Reisetrend ab, die Buchungszahlen für Reiseziele in Nordeuropa gehen jedoch sichtbar nach oben. Das erklärte auf eine Anfrage unserer Redaktion hin auch das Reiseunternehmen TUI.
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Umweltfreundlichere Kreuzfahrt – mit welchen Schiffen?
Die wohl wichtigste Komponente bei Kreuzfahrtschiffen und ihrer Umweltbilanz dürften aber nach wie vor Effizienzmaßnahmen der Schiffe und ihre Treibstoffnutzung sein. „Positiv auf die Klimabilanz wirken sich derzeit die Nutzung von Windkraft, Solarenergie, Batteriesystemen, Brennstoffzellen und andere Effizienzmaßnahmen wie eine energiesparende Bauweise, langsames Fahren und die Optimierung der Technik von Rumpf bis Propeller aus.“ Außerdem, so Koch, seien die Nutzung von Landstrom im Hafen sowie das Fahren mit Marinediesel und zusätzlichen Stickoxidkatalysatoren im Vergleich zum Fahren mit Schweröl oder mit LNG (Flüssigerdgas) klimafreundlicher.
Viele Reedereien werben damit, auf den Treibstoff LNG umzusteigen. Dieser bringe aber andere verheerende Klimafolgen mit sich, so die Expertin: „LNG-betriebene Schiffe stoßen zwar weniger Kohlenstoffdioxid und weniger Schwefeloxid aus. Dafür kommt es aber zu höheren Methanemissionen, einem rund 80 Mal klimaschädlicheren Treibhausgas als Kohlenstoffdioxid.“
Hurtigruten: Klimaneutrale Kreuzfahrt ab 2030 möglich
Die Reederei Hurtigruten gilt als Vorreiter bei umweltfreundlicheren Kreuzfahrten. Laut eines Spiegel-Berichts verzichtet die Reederei mittlerweile komplett auf Schweröl. Neben dem Antrieb aus erneuerbaren Energien tragen, so Raija Koch, aber auch Effizienzmaßnahmen in Bauweise, Geschwindigkeit und Technik zu einer besseren Klimabilanz bei. Auch in diesem Punkt sticht Hurtigruten hervor: Das neue Schiff Sea Zero soll 2030 auf Fahrt gehen – und das komplett klimaneutral. Als Antrieb nutzt das Schiff Batterien sowie Wind- und Sonnenenergie.
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Mein Schiff 7 liefert Fortschritt in Richtung umweltfreundlicher Kreuzfahrt
Gegenüber der Redaktion lobte der Nabu aber auch das neue Schiff von TUI Cruises: Mein Schiff 7 soll künftig mit grünem Methanol statt fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Dieser Kraftstoff ermöglicht den klimaneutralen Schiffsbetrieb, eine langjährige Forderung des Nabu. Trotz verbleibender technischer Herausforderungen und der begrenzten Verfügbarkeit von klimaneutralem Methanol sieht der Naturschutzbund demnach laut eigener Aussage eine positive Entwicklung in Richtung Klimaneutralität.
Tipps für die Reise und an Bord
Wer bereits auf See unterwegs ist, kann sich an Bord klimabewusster verhalten – auch wenn das angesichts der gigantischen Schiffsemissionen nur einen vergleichsweise kleinen Unterschied für die Umwelt macht.
- keine Wegwerfartikel benutzen, etwa Strohhalme, Plastikbecher und -flaschen
- Handtücher zum Duschen und Schwimmen mehrfach verwenden
- Licht beim Verlassen der Kabine ausschalten
- Ladekabel aus der Steckdose ziehen, wenn das Handy geladen ist
- Klimaanlage bewusst nutzen
- Wasser beim Zähneputzen und Einschäumen abstellen
- auf lange Duschen verzichten und Wasser sparen
- Mehrmals ans Buffet gehen, statt den Teller vollzuladen und Lebensmittel wegzuwerfen
- Landgänge mit einem umweltfreundlichem Programm planen, etwa Radtouren und Wanderungen
Nachhaltig reisen: Umweltbundesamt gibt Tipps
Reisende, die eine Kreuzfahrt machen und auf das Klima achten wollen, können bei der Planung und der Reise selbst ansetzen. Diese Punkte stehen aber nicht im Verhältnis zum Umweltschaden der Reise an sich. Kurz gesagt: Wer nachhaltig Urlaub machen will, sollte vorerst auf eine Kreuzfahrt verzichten und warten, bis die Schiffe vollständig modernisiert sind.
Das Umweltbundesamt gibt darüber hinaus Tipps, wie nachhaltiger Urlaub aussehen kann:
- Wer statt mehreren Reisen einen großen Jahresurlaub macht, spart Emissionen.
- Auch Reiseziele in der näheren Umgebung sorgen für Erholung und neue Eindrücke. Dafür reicht dem Umweltamt zufolge bereits ein Radius von 1.000 Kilometern.
- Falls es aber doch ein Flug oder eine Kreuzfahrt sein sollen: Diese können durch freiwillige Kompensationszahlungen an Klimaschutzprojekte (zum Beispiel über Atmosfair) zumindest kompensiert werden.
Die wichtigsten Kreuzfahrt-Tipps haben wir auf dieser Seite für Sie zusammengefasst. Und hier finden Sie aktuelle Kreuzfahrt-News. Die besten Kreuzfahrt-Angebote oder Hintergrundinfos zu beliebten Kreuzfahrt-Reedereien können Sie hier nachlesen. Weitere Artikel zum Thema Urlaub und Reise finden Sie hier.