Hamburg. Groß, größer, am größten: Kreuzfahrschiffe nehmen immer gewaltigere Dimensionen an. Wie gigantisch sind die „Cruisezillas“ der Zukunft?

Die Kreuzfahrtindustrie boomt und mit ihr nehmen die Passagierschiffe immer größere Dimensionen an. Eine aktuelle Veröffentlichung der Umweltorganisation „Transport & Enviroment“ (T&E) zeigt: Seit dem Jahr 2000 haben sich Kreuzfahrtschiffe in der Größe verdoppelt. Bei der aktuellen Wachstumsrate könnten die schwimmenden Städte, auch „Cruisezillas“ genannt, im Jahr 2050 achtmal so groß sein, wie das einst größte Passagierschiff der Welt. 

Moderne Kreuzfahrtschiffe: Titanic im Vergleich ein „kleines Fischboot“ 

Die Titanic hatte eine Bruttoraumzahl (BRZ), ein Maß für das gesamte Volumen eines Schiffes, von etwa 46.000. Ihre Länge betrug 269 Meter und die Kapazität schaffte 2.500 Passagiere. Verglichen mit heutigen Ozeanriesen ist die Titanic aber nicht mehr so „titanisch“. Denn seither hat die Größe von Passagierschiffen kometenhaft zugenommen. Im Jahr 2000 wurde erstmals die „Voyager of the Seas“ mit einer BRZ von 137.276 zum größten Schiff der Welt gekürt.  

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„Icon of the Seas“ hält Rekord

Das aktuell größte Kreuzfahrtschiff der Welt, die „Icon of the Seas“, kommt auf etwa 250.000 BRZ. Auf ihr können über 7.000 Passagiere unterkommen. Der See-Gigant „Icons“ ist mit rund 365 Meter etwa so lang wie drei Fußballfelder und 100 Meter größer als die Titanic. „Die Kreuzfahrtschiffe von heute lassen die Titanic wie ein kleines Fischerboot aussehen“, sagt Inesa Ulichina, Analystin für nachhaltige Schifffahrt bei T&E in einer Erklärung.

Passagierschiffe: Größe hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt

Die durchschnittliche Größe der zehn größten Schiffe der Welt hat sich nach Berechnung von T&E in den letzten zwanzig Jahren fast verdoppelt. Von 103.000 BRZ auf 205.000 BRZ. Bliebe diese rasante Wachstumsrate, würden Passagierschiffe im Jahr 2050 gigantische 345.000 BRZ und eine Kapazität von 10.500 Passagieren erreichen.

Die Nachfrage steigt und die Betreiber reagieren mit größeren Schiffen, erklärt Bryan Comer gegenüber „The Guardian“. Er ist Leiter des Marineprogramms beim International Council on Clean Transportation (ICCT). Für die Reedereien lohnen sich die Monster-Bauten: Die lebenslangen Einnahmen durch mehr Passagiere seien höher als die Kosten für den Bau und die Besatzung. „Außerdem will jeder das größte Schiff haben“.

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Kreuzfahrtbranche boomt: Von 21 Schiffe auf 515 Schiffe erhöht 

Laut dem Branchenbericht von „Cruise Lines International Association“ (CLIA), Handelsverband für Kreuzfahrtschiffe, sind dieses Jahr weltweit 35,7 Millionen Kreuzfahrtpassagiere unterwegs. Ein Anstieg von sieben Prozent im Vergleich zum Jahr 2019. Für den Zeitraum 2024 bis 2028 sagt „CLIA“ ein Wachstum von zehn Prozent vorher.

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Auf die steigende Nachfrage reagieren Reedereien mit mehr Neubauten. Allein im kommenden Jahr sollen nach Prognosen aus dem „2024 Global Cruise Ship Index“ 15 neue Schiffe in See stechen. Bis 2036 sind 62 Neubauten prognostiziert.

Nach dem Bericht von T&E hat sich die Zahl der Kreuzfahrtschiffe seit 1970 von 21 Schiffen auf 515 Schiffe erhöht. „Das Kreuzfahrtgeschäft ist der am schnellsten wachsende Tourismussektor und seine Emissionen geraten außer Kontrolle“, sagt Analystin Inesa Ulichina.

Aida, Tui-Cruises, MSC-Cruises: Je größer das Schiff, desto mehr CO2-Emmissionen

Als Folge des Kreuzfahrt-Booms stoßen die schwimmenden Hotels mehr Treibhausgase und Schadstoffe aus als je zuvor. Mit der Größe des Schiffes erhöht sich nun mal auch sein CO₂-Fußabdruck. Laut T&E stiegen die CO₂-Emissionen von Kreuzfahrtschiffen im Jahr 2019 bis 2022 in Europa um 17 Prozent. Die Methanemissionen um das Fünffache.

Stefan Gössling, Professor an der Linnaeus-Universität in Schweden, forscht zu dem Zusammenhang zwischen Tourismus und Nachhaltigkeit. Er erklärte der Zeitung „The Guardian“: Kreuzfahrtschiffe spielten im weltweiten Tourismus zwar eine untergeordnete Rolle, aber „kaum eine Form des Tourismus ist energieintensiver als Kreuzfahrten – insbesondere in Kombination mit einem Flug zum Abfahrtsort“.

Kreuzfahrtbranche: Unternehmen investieren in LNG-Kraftstoff

Hoffnung setzt die Kreuzfahrtbranche derzeit in umfangreiche Investitionen in verflüssigtes (fossiles) Erdgas (LNG) als Alternative zu Schweröl. LNG ist ein Kraftstoff, der weniger Kohlendioxid als herkömmlicher Schiffsdiesel ausstößt, aber hohe Methanemissionen verursacht. Umweltorganisationen wie der Naturschutzbund Deutschland (NABU) kritisieren deshalb die Entwicklung hin zu LNG und pochen auf klimafreundliche Alternativen wie Wasserstoff, Ammoniak oder Methanol.

Kreuzfahrtunternehmen sehen die zunehmende LNG-Nutzung trotzdem als Fortschritt: Cruise Lines International Association (CLIA) schreibt in einem Bericht von August 2024, die Kreuzfahrtindustrie sei „energieeffizienter denn je“. Im Jahr 2023 hätten „die globale Flotte“ inklusiver kleiner und mittelgroßer Schiffe durchschnittlich 16 Prozent weniger Emissionen pro Schiff ausgestoßen als noch vor fünf Jahren. 

„Durch Investitionen in Milliardenhöhe in Schiffe mit modernster Technologie und die verstärkte Nutzung nachhaltiger Schiffstreibstoffe leistet die Kreuzfahrtindustrie ihren Beitrag zur Erreichung des gemeinsamen Ziels, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen“, so CLIA. Die Zusammenarbeit von Regierung, Kraftstofflieferanten und Technologieanbietern sei dabei entscheidend für den Erfolg.

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Umweltorganisationen fordern Steuer auf Kreuzfahrtkarten

Die Umweltorganisation Transformation & Environment appelliert an Kreuzfahrtunternehmen, ihre enorme wirtschaftliche Macht zu nutzen, um Pioniere für grüne, erneuerbare, wasserstoffbasierte E-Treibstoffe zu werden.

Außerdem fordert die Organisation politischen Entscheidungsträger auf, strengere Regeln für Dekarbonisierung von Kreuzfahrtschiffen und eine globale Steuer auf Kreuzfahrtkarten einzuführen sowie Verbotszonen für Kreuzfahrtschiffe in empfindlichen Ökosystemen einzurichten. 

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