Hamburg. Die Umweltschützer kritisieren oft die Kreuzfahrtbranche und werfen Reedereien Untätigkeit vor. Doch diesmal ist es völlig anders.

Wenn es um Veranstaltungen rund um Kreuzfahrtschiffe geht, ist die Kritik von Umweltschützern meistens nicht weit. Ob Cruise Days, Hafengeburtstag oder Kieler Woche, immer wieder kommt von Verbänden Störfeuer, mit dem auf vermeintliche oder tatsächliche Umweltsünder aufmerksam gemacht wird. Nun hat sich der Nabu, der alljährlich ein Ranking zur Kreuzfahrt veröffentlicht, zur neuen „Mein Schiff 7“ geäußert, die am Sonnabend vor Kiel mit einem Festakt getauft wird.

Kreuzfahrt: Am Sonnabend wird die „Mein Schiff 7“ in Kiel getauft

Die Aussage des Nabu allerdings überrascht, denn diesmal wird nicht pauschal die Kreuzfahrt verurteilt, sondern eine differenzierte Aussage über die Antriebstechnik getätigt. So sei das neue Schiff von Tui Cruises ein Fortschritt, weil es statt mit fossilen Kraftstoffen in Zukunft mit grünem Methanol betrieben werden soll. „Dieser Kraftstoff macht einen klimaneutralen Schiffsbetrieb möglich“, so der Nabu. Man habe die Umstellung auf Methanol deshalb schon lange gefordert. Zwar fehle der technischen Ausstattung noch ein letzter Schritt, auch die Verfügbarkeit von wirklich klimaneutralem Methanol ließe auf sich warten, aber der Kurs Richtung Klimaneutralität sei eingeschlagen.

Nabu-Chef Leif Miller lobt Tui Cruises für das neue Schiff

Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Wir begleiten die Kreuzfahrtindustrie schon seit Jahren kritisch und freuen uns über diesen wichtigen Schritt. Um unser Klima und unsere Umwelt zu schützen, müssen wir weg von den fossilen Treibstoffen. Dieses Schiff ist ein guter Anfang – jetzt muss die restliche Branche nachziehen.“

Tui-Cruises-Chefin Meier: Methanol erst 2026 im Einsatz

Im Interview mit dem Abendblatt hatte Tui-Cruises-Chefin Wybcke Meier in dieser Woche deutlich gemacht, wohin die Reise bei ihrer Reederei gehen soll. Man betreibe mit „Mein Schiff“ und Hapag-Lloyd Cruises bereits „zwei der modernsten und umweltfreundlichsten Kreuzfahrt-Flotten der Welt“. Seit 2019 sei der CO2-Ausstoß kontinuierlich reduziert. „Bis 2030 wollen wir die erste klimaneutrale Schiffsreise anbieten und bis 2050 insgesamt klimaneutral auf den Weltmeeren unterwegs sein“, verspricht Meier. „Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, haben wir ein Bündel von Maßnahmen beschlossen: verstärkter Einsatz alternativer Treibstoffe, die Maximierung der Energieeffizienz, eine optimierte Fahrplangestaltung und – wo verfügbar – die konsequente Nutzung von grünem Landstrom.“

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Für die neue „Mein Schiff 7“ bedeute das eine technische Umorientierung. „Sie ist so gebaut, dass sie auch mit Methanol, perspektivisch grünem Methanol, fahren kann, was den Schiffsantrieb nahezu CO2-neutral machen wird. Zur Indienststellung sind alle derzeit möglichen technischen Ausstattungen wie Tanks und Rohrsysteme bereits eingebaut worden. Derzeit fehlt noch eine technische Komponente für den Methanol-Antrieb von Viertakt-Motoren, die es derzeit schlicht noch nicht gibt“, so Meier. Die Ingenieure erwarten laut Reederei, dass die Entwicklung 2026 abgeschlossen ist und die „Mein Schiff 7“ dann als eines der ersten Kreuzfahrtschiffe mit Methanol betrieben werden kann.

„Mein Schiff 7“: Vorbild für die Kreuzfahrtflotte von Tui Cruises

Wenn sich das Verfahren durchsetzt, würde auch über mögliche Nachrüstungen anderer Schiffe der Flotte entschieden. Denn: „Auch für die moderne Bestandsflotte ist die Umrüstung auf grünes Methanol eine Option für die Zukunft.“ Bis 2026 wird die „Mein Schiff 7“ allerdings mit Marinediesel bei einem Schwefelgehalt von maximal 0,1 Prozent betrieben. Die Katalysatoren mindern den Stickoxidausstoß um rund 75 Prozent. Schweröl gibt es keins an Bord. „In den Häfen werden wir Landstrom nutzen, wo immer das möglich ist“, verspricht Wybcke Meier.

Kreuzfahrt Hamburg: „Erster Schritt gemacht, viele weitere müssen folgen“

Nabu-Schifffahrtsexperte Sönke Diesener sieht den Hamburger Kreuzfahrtanbieter auf dem richtigen Weg: „Für Tui Cruises gilt es nun die letzten technischen Hürden zu beseitigen, vor allem aber, die Versorgung mit tatsächlich grünem Kraftstoff sicherzustellen. Hier sind aber auch die ganze Branche, die Treibstoffhersteller und die Politik gefragt. Ohne grüne E-Fuels wird Klimaneutralität auf hoher See nicht funktionieren. Tui Cruises hat einen ersten Schritt gemacht, viele weitere müssen nun folgen, damit klimaneutrale Schiffe bald zur Selbstverständlichkeit werden. Leider ist das derzeit nicht absehbar. Immer noch belasten Schweröl und Marinediesel Luft und Klima, und viele Kreuzfahrtfirmen setzen auf den Klimakiller LNG.“

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