Droht eine Pleite der Flughafengesellschaft? Geld soll nur noch bis zum Jahresende reichen. Ein Rettungspaket für Prestigeobjekt wird geplant.
Potsdam/Berlin. Am Berliner Hauptstadtflughafen explodieren die Kosten, daher ringen Bund und Länder um ein Rettungspaket für das Prestigeprojekt. Ihre Vertreter verhandelten am Freitag auf der Flughafenbaustelle darüber, wie sie die Finanzlücke von rund einer Milliarde Euro schließen können. Neue Bankkredite bekommt die Flughafengesellschaft derzeit nicht. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) trat dem Eindruck entgegen, die staatliche Betreibergesellschaft stehe „vor dem Bankrott“. „Der Flughafen ist finanziert, bleibt finanziert und wird am Ende ein Erfolg für die Region werden.“
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Nach Angaben der Flughafengesellschaft reicht das Geld noch bis zum Jahresende. Dann ist der Finanzrahmen von 3,36 Milliarden Euro ausgeschöpft. Die Kosten des Neubaus in Schönefeld an der Berliner Stadtgrenze könnten jüngsten Angaben zufolge aber auf bis zu 4,28 Milliarden Euro steigen. Wie die Lücke geschlossen wird, ist unklar. Der Finanzausschuss des Aufsichtsrats tagte am Freitag hinter verschlossenen Türen. Das Kontrollgremium will am Donnerstag nächster Woche (16. August) über die Finanzierung entscheiden.
Weitere Staatshilfe ist nur möglich, wenn die EU-Kommission diese genehmigt. Denn wird einem Unternehmen mit Steuergeld unter die Arme gegriffen, ist es gegenüber der Konkurrenz im Vorteil – der Wettbewerb wäre verzerrt. Für Brüssel ist es dabei unerheblich, ob es sich um ein staatliches oder privates Unternehmen handelt. Schon die bisherigen staatlichen Zuschüsse von 430 Millionen Euro mussten von der EU-Kommission genehmigt werden.
Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte, der Bund führe über ein mögliches Beihilfeverfahren bereits informelle Gespräche auf Arbeitsebene mit der EU-Wettbewerbsbehörde. Darüber berichtete auch die „Bild“-Zeitung (Freitag). Es gehe darum, Brüssel für das Thema zu sensibilisieren. Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linkspartei) hatte am Donnerstag klargestellt: „Die Gesellschafter werden ihre Gesellschaft nicht in die Insolvenz führen.“
Der Haushaltspolitiker der Unions-Fraktion im Bundestag, Norbert Barthle, dämpfte derweil Erwartungen an den Staat. „Mein bisheriger Kenntnisstand ist, dass die Flughafengesellschaft selbst in der Lage ist, die aufgelaufenen Mehrkosten zu stemmen“, sagte Barthle „Handelsblatt Online“. „Von einer zusätzlichen Beteiligung des Bundes war dabei keine Rede. Davon gehe ich auch weiterhin aus.“
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Dass der Bund sich aus dem Projekt zurückziehen könnte, wies der Ministeriumssprecher zurück. „Im Moment ist kein Verkauf der Bundesanteile geplant.“ Dies sei ohnehin erst zwei Jahre nach dem Betriebsstart möglich und hänge dann von der Lage an den Kapitalmärkten ab.
Die Eröffnung des Flughafens wurde schon zweimal abgesagt, weil der Bau nicht rechtzeitig fertig wurde. Der Aufsichtsrat um Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und dem Verkehrsstaatssekretär des Bundes, Rainer Bomba (CDU), hatte zuletzt die Inbetriebnahme am 17. März 2013 angepeilt. Doch ob der Termin zu halten ist, wird voraussichtlich erst in einigen Wochen feststehen.
Die Grünen haben unterdessen erneut rechtskonforme Lärmschutzmaßnahmen für die Anwohner des künftigen Hauptstadtflughafens gefordert. Die Bürger in den Tagschutzgebieten hätten ein Recht auf einen fairen Umgang, sagte Verkehrsexperte Harald Moritz am Freitag in Berliner Stadtteil Bohnsdorf, der in der Nähe des Flughafens Schönefeld liegt. Zugleich kritisierte Moritz den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Wowereit scheine die Situation der Betroffenen „völlig kalt zu lassen“.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte jüngst Klagen von Anwohnern stattgegeben und das brandenburgische Infrastrukturministerium zur Durchsetzung eines besseren Schallschutzes verpflichtet. In Wohnräumen dürfe am Tage bei geschlossenen Fenstern nie der Lärmpegel von 55 Dezibel überschritten werden. Das Ministerium forderte die Flughafengesellschaft (FBB) daraufhin in einer Verfügung zur Umsetzung des Gerichtsbeschlusses auf. Dagegen reichte die FBB, deren Aufsichtsratsvorsitzender Wowereit ist, beim OVG Klage ein. Inzwischen zeichnet sich aber offenbar ein Kompromiss ab. (dpa)