Sie knipsen, was das Zeug hält: Sogenannte Planespotter reisen durch die ganze Welt, um Flugzeuge zu fotografieren. Am Frankfurter Flughafen bieten sich gerade besondere Gelegenheiten für gelungene Schnappschüsse.

Berlin/Schönefeld. „So, jetzt geht's los!“ Lucie Buben steht mit ihrer Spiegelreflex-Kamera bereit. Der gewaltige A 380 nimmt Fahrt auf, er wird immer schneller und hebt vor der Skyline der Bankenstadt in den Himmel ab. Klick, klick, klick, wieder ein paar gute Schüsse, die 30-jährige aus Franken und ihr Freund Andreas sind begeistert. Die beiden haben ihren Lebenszweck darin gefunden, möglichst viele Flugzeuge zu fotografieren.

+++ Mutmaßlicher Islamist arbeitete an Flughafen-Baustelle +++

Lucie und Andreas sind sogenannte Planespotter (abgeleitet von den englischen Wörtern für Flugzeug und beobachten/auskundschaften). Sie verbringen ihre ganze Freizeit damit, Flugzeuge ins Visier zu nehmen und den Auslöser zu drücken. Und sie sind sehr fleißig mit dabei. „Bei uns dreht sich mittlerweile unser ganzes Leben darum“, sagt Lucie und hält die Kamera bereit für die nächste Landung.

Eigentlich ist das Paar ohnehin mindestens zweimal im Monat am Frankfurter Flughafen, um von einschlägigen „Spotter-Plätzen“ wie dem Luftbrückendenkmal in Zeppelinheim auf die Objekte ihrer Begierde zu warten. Heute ist allerdings ein ganz besonderer Tag: Mit einer Gruppe anderer Fotografen dürfen die beiden von einem rund 30 Meter hohen Schutthügel aus ihre Aufnahmen machen. Von dem Baustellenberg, an dessen Stelle in ein paar Jahren der neue Terminal 3 eröffnet werden soll, tummeln sich knapp 20 Hobbyfotografen, um die donnernden Airbusse, Boeings und Tupolews beim Landeanflug vor der Frankfurter Skyline zu erwischen.

Die Tour „Spotter-Spezial“ ist Teil der Aktion Expedition Flughafen des Flughafen-Betreibers Fraport und des privaten Radiosenders Hitradio FFH (Bad Vilbel). Zwei Wochen lang dürfen luftfahrtbegeisterte Leute hinter die Kulissen des größten deutschen Flughafens blicken, die Aktion läuft noch bis Samstag (18.8.).

„Das war jetzt geil“, schwärmt Lucie Buben. „Die blaue Korean Cargo hab ich genau beim Take-Off fotografiert, mit dem Tower im Hintergrund.“ Dass die Fotografen auf dem Schutthügel ihrer Leidenschaft nachgehen können, ist eine Ausnahme. „Hier kommt sonst kein Besucher hin“, sagt Martin Stiller, Tour-Guide und Fraport-Mitarbeiter. Seid halb acht in der Früh begleitet er die Gruppen im Zwei-Stunden-Takt auf die Baustelle, für manche ist es heute schon die zweite Tour.

Lucie und ihr Freund wollen so viel mitnehmen wie möglich, denn der Schuttberg wird bald wieder verschwinden, das Material wird abgetragen und auf der Baustelle verwendet. Dass die beiden irgendwann Flugzeugfreaks werden würden, hätten sie bis vor einigen Jahren selbst nicht geglaubt. „Früher mussten mich die Leute in ein Flugzeug reinprügeln“, sagt Andreas. Und auch seiner Freundin waren die fliegenden Giganten richtig unheimlich: „Ich hatte bis vor drei Jahren totale Flugangst. Als ich mich dann intensiv mit dem Fliegen beschäftigt habe, ist das ins Gegenteil umgeschlagen. Andreas hab` ich dann auch angefixt.“

Seitdem liebt Lucie Buben den Sound der Triebwerke. Sie nimmt das Handy aus der Jackentasche und checkt ihre Flightradar-App. Ob sie heute noch mal ihren Liebling, die Lufthansa Cargo MD11, vor die Linse bekommt? „Nein, leider nicht. Aber wir bleiben bis morgen in Frankfurt, und um 05.00 Uhr bei Sonnenaufgang hat man da gute Chancen.“ 2500 Bilder haben sie mittlerweile geschossen. „Die bearbeiten wir später und stellen sie ins Netz.“

Unter den Flugzeugfetischisten ist die Kinderkrankenschwester eine Ausnahmeerscheinung, denn Planespotting ist eine Männerdomäne. „Junge Frauen sieht man hier selten“, sagt Martin Stiller. Ihm begegnen an den einschlägigen Stellen rund um den Frankfurter Flughafen täglich rund 60 mit Kameras ausgestattete Flugzeugbeobachter.

Der steinige Weg zum Hauptstadtflughafen

Dezember 1991: Gründung der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF). Gesellschafter sind die Länder Berlin und Brandenburg.

Januar 1992: Beginn der Planungen für den Flughafen mit dem Projektnamen Berlin Brandenburg International, BBI.

Juni 1996: Der Ausbau des Flughafens Schönefeld sowie die Schließung der Flughäfen Tegel und Tempelhof werden beschlossen.

August 2004: Das Genehmigungsverfahren für den BBI wird mit dem Planfeststellungsbeschluss abgeschlossen. April 2005: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhängt im Eilverfahren einen weitgehenden Baustopp. Bis zum Urteil sind nur Bauvorbereitungen gestattet.

März 2006: Das Gericht genehmigt in letzter Instanz den Bau des BBI unter verschärften Lärmschutzauflagen.

Juli 2008: Erster Spatenstich für das Flughafen-Terminal. Oktober 2008: Nach 85 Jahren schließt der Flughafen Tempelhof.

Oktober 2009: Das Brandenburger Verkehrsministerium erlässt eine neue Nachtflugregelung: Keine Starts und Landungen von Mitternacht bis 5.00 Uhr, Ausnahme Post- und Regierungsmaschinen, Notfälle. In den Randzeiten davor und danach ist die Zahl begrenzt.

Juni 2010: Unter anderem wegen der Pleite einer Planungsfirma wird die Eröffnung von November 2011 auf den 3. Juni 2012 verschoben.

September 2010: Die Deutsche Flugsicherung legt einen ersten Flugrouten-Vorschlag vor. Tausende Betroffene gehen dagegen auf die Straße. Es gibt neue Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss.

Oktober 2011: Das Bundesverwaltungsgericht gibt grünes Licht für nächtliche Flüge in den Randzeiten. Der Airport kann ohne weitere Einschränkungen an den Start gehen.

Januar 2012: Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung legt die Flugrouten fest und folgt im wesentlichen einem Vorschlag der Fluglärmkommission aus Gemeinde- und Airline-Vertretern.

Mai 2012: Vier Wochen vor dem Termin wird wegen Problemen mit der Brandschutzanlage die Eröffnung des Flughafens erneut abgesagt. Später wird Chef-Planer Manfred Körtgen entlassen. Juni 2012: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg spricht den Anwohnern das Recht auf besseren Schallschutz zu.

22. Juni 2012: Der Aufsichtsrat entscheidet, den neuen Starttermin 17. März erneut zu überprüfen und am 16. August darüber zu entscheiden.

31. Juli 2012: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig weist die Klage von Anwohnern ab, das Genehmigungsverfahren für den neuen Hauptstadtflughafen neu aufzurollen. Jetzt steht der Eröffnung des Airports zumindest juristisch nichts mehr im Weg.

16. August 2012: Sitzung des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft. Es wird erwartet, dass ein Konzept zur Finanzierung der Mehrkosten von 1,17 Milliarden Euro vorgelegt wird. Außerdem steht der für 17. März 2013 geplante Eröffnungstermin zur Disposition.