Sieben schwer Verletzte allein in den Häusern von Asklepios. Nato beendet Libyen-Einsatz am Montag. Debatte um Münchner Gaddafi-Villa.
Hamburg/Tripolis/Brüssel. Hamburg nimmt weitere schwer verletzte Kriegsopfer aus Libyen auf. Nach Informationen von abendblatt.de kamen in den vergangenen Tagen sieben weitere Opfer in die Asklepios-Kliniken der Stadt. Darunter waren auch drei Kinder, die ins AK Heidberg kamen. Die Hamburger Asklepios-Häuser hatten bundesweit als erste Einrichtungen in humanitärer Hilfe Opfer aus Libyen aufgenommen. „Wir sind in der Lage, weiteren Menschen aus Libyen zu helfen“, sagte ein Asklepios-Sprecher dem Hamburger Abendblatt. Die Verletzten hätten schwerwiegende Wunden davongetragen. Das Problem sei, dass einige der Opfer ein breites Keimspektrum aufwiesen, sodass sie zunächst von den anderen Patienten isoliert werden müssten.
Auch im Bundeswehrkrankenhaus sind Patienten aus Libyen. Die Helfer fliegen die Verletzten mit Sondermaschinen, aber auch auf Linienflügen nach Deutschland aus. Mitunter landen die Flugzeuge in Hamburg, und die Krankenhäuser werden kurzfristig angefragt, ob sie die Menschen aufnehmen und versorgen könnten. Die libysche Übergangsregierung soll für die Kosten der Behandlung aufkommen. Wie das Procedere geregelt wird, ist noch unklar.
Der Militäreinsatz der Nato in Libyen endet am kommenden Montag. Das beschlossen die Botschafter der 28 Bündnis-Staaten in Brüssel, teilte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mit. „Unsere militärische Arbeit ist jetzt erledigt“, schrieb er auf seiner Seite im Internetdienst Twitter. Am Montag läuft auch das Mandat der Vereinten Nationen aus, auf das sich die Nato seit sieben Monaten stützte. Dieses Mandat erlaubte „alle nötigen Maßnahmen“ zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung vor Übergriffen der Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi sowie eine Seeblockade und eine Flugverbotszone. An dem Einsatz hatten insgesamt 16 Staaten aktiv teilgenommen, davon 12 Nato-Mitglieder. Der Nato-Rat bestätigte am Freitag eine bereits vor einer Woche gefasste vorläufige Entscheidung.
Nach dem Sturz des Regimes von Muammar al-Gaddafi ist auch die Zukunft einer acht Millionen Euro teuren Villa im Münchner Stadtteil Bogenhausen ungewiss. Dort sollte der inzwischen getötete Sohn von Libyens Diktator, Saif al-Arab, wohnen. Der wüste Sohn des Diktators war Student und sollte sein süßes Leben unter anderem in dieser Villa verbringen. Er zog aber nie ein. „Im Moment ist ungeklärt, ob die Villa verkauft wird“, sagte Immobilienhändler Detlev Freiherr von Wangenheim der dapd. Er hatte das Haus 2009 an Libyen veräußert und würde sich gern um den Wiederverkauf kümmern. Vom früheren libyschen Botschafter habe er einen solchen Auftrag erhalten, erklärte er. Der Verkauf sei aber zurückgestellt worden.
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Dass in der 540 Quadratmeter großen Villa mit ihren zehn Zimmern von der libyschen Übergangsregierung ein Konsulat eingerichtet werden könnte, wie eine Boulevardzeitung berichtet, hält Wangenheim für unwahrscheinlich. Schließlich liege das Haus in einer reinen und sehr ruhigen Wohngegend.
Die neuen libyschen Machthaber haben chemische Kampfstoffe entdeckt, die Gaddafi in der Wüste versteckt haben soll. Das berichtete die libysche Zeitung „Qurayna al-Jadida“ auf ihrer Website unter Berufung auf einen Oberst der Armee. Oberst Saad al-Gamati habe erklärt, in dem Gebiet al-Wagha südlich der Stadt al-Dschufra lagere bis heute eine Tonne Senfgas.
Gaddafi hätte das giftige Gas in seinem Krieg gegen die Revolutionstruppen aber nicht einsetzen können, da ihm dafür die technischen Möglichkeiten gefehlt hätten, sagte der Oberst der Zeitung. Um die Isolation Libyens zu beenden, hatte Gaddafi 2003 die Vernichtung aller von ihm gehorteten Massenvernichtungswaffen versprochen. Experten hatten jedoch vermutet, dass er auch danach noch mehrere Tonnen Senfgas besaß.
Deutschland nimmt nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ mehr libysche Verletzte auf, als zunächst angekündigt. In den kommenden Wochen sollen mehrere Hundert Kriegsverletzte zur Behandlung nach Deutschland geholt werden, berichtet die Zeitung. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte bei einem Besuch in Tripolis vor zwei Wochen die Behandlung von bis zu 150 Verletzten in Deutschland zugesagt. Auch nach Hamburg kamen Verletzte.
Eine auf Krankentransporte spezialisierte Firma fliege auf Initiative des Auswärtigen Amtes nun regelmäßig Hilfsbedürftige aus und verteile sie auf ausgesuchte Krankenhäuser, heißt es in dem Bericht. Drei Ärzteteams wählten in libyschen und tunesischen Kliniken Patienten aus, die für eine Spezialbehandlung infrage kämen. „Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten zehn Tagen bis zu 300 Patienten ausgeflogen haben“, zitiert das Blatt den Geschäftsführer der Firma. „Unsere Flieger steuern fast täglich mit vier bis 20 Patienten deutsche Städte an.“ Unklar sei noch, wie viele Patienten insgesamt ausgeflogen werden sollen. Das richte sich nach dem Bedarf. Feste Zusagen gebe es nicht.
Die Bundesregierung unterstützt Libyen auf Bitten des Nationalen Übergangsrates bei der Versorgung Verletzter und Verwundeter. Der Übergangsrat hat angeboten, sich an der Finanzierung der Behandlung in Deutschland zu beteiligen. In Libyen hat das Auswärtige Amt medizinische Notversorgung und Ausstattung von Krankenhäusern nach eigenen Angaben bereits mit über 1,2 Millionen Euro finanziert. (abendblatt.de/ryb/dapd/dpa/rtr)