Der Uno-Sicherheitsrat will morgen über eine Resolution entscheiden, die den libyschen Übergangsrat zur Waffenkontrolle zwingen soll.
New York/Tripolis. Der Uno-Sicherheitsrat will Libyen zu einer stärkeren Kontrolle der unzähligen Waffen im Land drängen. Russland hatte einen Resolutionsentwurf verfasst, der die Übergangsregierung in Tripolis auffordert, die Waffen im Land zu erfassen, einzusammeln oder gar zu zerstören. Den 15 Mitgliedern des Rates liegt der Entwurf vor. Möglicherweise wird noch an diesem Freitag über den Resolutionsentwurf abgestimmt. Grundsätzlich sind sich die 15 Ratsmitglieder der Vereinten Nationen jedoch einig. Der Uno-Sicherheitsrat hob bereits am Donnerstag das Libyen-Mandat der Nato mit Wirkung zum 31. Oktober um 23.59 Uhr libyscher Zeit auf.
Sämtliche chemischen Waffen im Land sollen erfasst werden. Die Libyer sollen sich außerdem mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag abzustimmen, so der Entwurf. Ziel sei die Vernichtung der Waffen und auch ihrer Grundstoffe. Zugleich werden nicht nur Libyen, sondern auch alle Nachbarstaaten ermahnt, den Schmuggel von Waffen zu verhindern.
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Besondere Sorgen bereiten den Staaten die Kleinst-Flugabwehrraketen, die von einem Einzelnen von der Schulter abgefeuert werden können. Bekannt sind die amerikanischen „Stinger“ oder die russischen „Strela“. In Libyen soll es sie zu Tausenden geben.
Der Resolutionsentwurf fordert, den Schmuggel dieser Raketen zu verhindern. Dazu sollen die Grenzkontrollen verstärkt und die Transportwege besser überwacht werden. Die neuen libyschen Machthaber werden aufgefordert, „diese Waffen zu sichern und die Arsenale sicher und verlässlich zu verwalten“.
Ab November ist der Übergangsrat am Zug
Trotz Bedenken der Übergangsregierung in Tripolis hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das Mandat für den internationalen Militäreinsatz in Libyen heute nach sieben Monaten aufgehoben. Damit geht die Nato-Operation am 31. Oktober um 23.59 Uhr offiziell zu Ende. Die Entscheidung vom Donnerstag dürfte in Libyen auf Enttäuschung stoßen. Die einstigen Rebellen, die nach der Tötung von Machthaber Muammar Gaddafi vor einer Woche die Befreiung der nordafrikanischen Landes offiziell ausriefen, hatten gehofft, dass die Nato noch etwas länger vor Ort bleibt – bis klar ist, ob die Führung in der Lage ist, allein im Land und an den Grenzen für Sicherheit und Stabilität zu sorgen. Der Einsatz trug entscheidend zu Gaddafis Sturz bei. Die Bundesregierung hatte sich bei der Abstimmung im Sicherheitsrat im März enthalten und war dafür im In- und Ausland scharf kritisiert worden.
Libyens stellvertretender UN-Botschafter Ibrahim Dabbaschi hatte den Sicherheitsrat noch am Mittwoch aufgefordert, die Aufhebung zu verschieben. Die 15 Ratsmitglieder wollten jedoch nach Angaben westlicher Diplomaten nicht mehr warten. Fragen, wie etwa die Sicherung der Grenzen, seien ohnehin nicht durch das Mandat gedeckt, das die Einrichtung eine Flugverbotszone und den Schutz von Zivilisten vorsah.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen kündigte an, die Militärallianz werde am Freitag ihren früheren Beschluss für ein Ende des Einsatzes zum 31. Oktober bestätigen. Rasmussen geht nicht davon aus, dass die Nato nach dem Krieg eine größere Rolle in Libyen spielen wird. Das Bündnis sei aber bereit, das Land beim Übergang in die Demokratie zu unterstützen, falls die Führung in Tripolis dies wünsche. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte dem Übergangsrat bei dem Treffen mit dem scheidenden Ministerpräsidenten Mahmud Dschibril in Berlin Unterstützung beim demokratischen Neuanfang und beim Wiederaufbau zu.
Die Übergangsregierung plant dem arabischen Fernsehsender Al-Arabija zufolge, die Verantwortlichen für die Tötung Gaddafis vor Gericht zu stellen. Der langjährige Machthaber war in seiner Heimatstadt Sirte gefangengenommen und getötet worden. Die genauen Umstände seines Todes sind weiter unklar: Bei seiner Gefangennahme war Gaddafi am Leben. Es kursiert ein Video, auf dem er von einem Wagen gezerrt und auf den Boden gedrückt wird. Weitere Bilder zeigen den leblosen Körper Gaddafis – mit blutverschmiertem Gesicht, sein Kopf weist eine Schusswunde auf. Der Übergangsrat hatte erklärt, Gaddafi sei ins Kreuzfeuer zwischen seinen Getreuen und Kämpfern der Regierung geraten. Der Rat hatte auf internationalen Druck zugesagt, die Todesumstände untersuchen zu lassen.
Die Unklarheiten um die Tötung Gaddafis und die tagelange Zurschaustellung seines Leichnams hatten Verstimmungen auch in den Ländern hervorgerufen, die den Aufstand in Libyen unterstützt hatten. Am Dienstag war Gaddafi, der jahrzehntelang in Libyen geherrscht hatte, an einem geheimgehaltenen Ort in der Sahara bestattet worden.
Der wie sein Vater mit internationalem Haftbefehl gesuchte Saif al-Islam forderte unterdessen ein Flugzeug, um sich dem Strafgerichtshof in Den Haag zu stellen. Der untergetauchte Saif al-Islam fürchtet nach Darstellung der Übergangsregierung um sein Leben und hat Sicherheiten verlangt. Dem 39-Jährigen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. In Den Haag konnte nicht bestätigt werden, dass ein Kontakt zu dem Flüchtigen hergestellt worden sei. Er ist der letzte der sieben Söhne Gaddafis, dessen Verbleib unklar ist. Er galt lange als Kronprinz seines Vaters, machte Hoffnungen auf eine Reformpolitik aber durch blutrünstige Äußerungen während des Krieges zunichte.