Das verdächtige Paket wurde vor Ort von der Polizei unschädlich gemacht. Adressiert war es an Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Berlin. Ein an Bundeskanzlerin Angela Merkel adressiertes Päckchen mit verdächtigem Inhalt hat im Kanzleramt Sprengstoffalarm ausgelöst. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Dienstagabend, der Inhalt der Postsendung sei geeignet gewesen, „Menschen zu verletzen“. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sprach von einer „sprengfähigen Vorrichtung“ und nannte als wahrscheinlichen Absender eine linksextremistische Gruppe aus Griechenland. Das Paket war den Angaben zufolge mit dem Unternehmen UPS verschickt und als Büchersendung getarnt worden. In dem Päckchen soll sich ein mit schwarzem Pulver gefülltes Rohr befunden haben. Entdeckt wurde die Sendung um die Mittagszeit bei einer Routinekontrolle in der Poststelle, die sich neben dem Kanzleramt befindet. Sprengstoffexperten der Berliner Polizei machten die Postsendung unschädlich.
Schwarzpulver - das älteste Sprengmittel
Seibert sagte, man sei sehr froh, dass niemand zu Schaden gekommen sei. Das Paket sei um die Mittagszeit von Experten des Landeskriminalamtes untersucht worden. Merkel habe den Sicherheitskräften für ihr umsichtiges Vorgehen gedankt. Die Kanzlerin hielt sich während des Vorfalls in Belgien auf, sie kehrte erst am Abend nach Berlin zurück. Die CDU-Vorsitzende hielt sich am Abend kurz in ihrem Regierungssitz auf und nahm anschließend an einer Veranstaltung teil, bei der sie sich aber nicht zu dem Vorfall äußerte.
De Maiziere erklärte, Paket sei quasi baugleich mit diversen Paketbomben, die in den vergangenen zwei Tagen in Athen und an anderen Orten aufgefunden wurden. Hinter der Anschlagsserie stehe nach Ermittlungen der griechischen Behörden eine Gruppierung namens „Verschwörung der Zellen des Feuers“. Das Paket sei vor zwei Tagen in Griechenland abgeschickt worden.
De Maiziere appellierte an alle Behörden in Deutschland, bei unbekannten Sendungen aus Griechenland vorsichtig zu sein. Auch die Wirtschaft wurde vorgewarnt. Die Gefährlichkeit des Sprengsatzes war am Abend noch nicht ermittelt. Er hätte aber „durchaus nicht unerheblichen Schaden anrichten können“, sagte der CDU-Politiker.
Briefbomben-Terror hält Griechenland weiter in Atem
Das Paket sei „unter Verwendung spezieller Techniken“ unschädlich gemacht worden, sagte de Maizière. Es habe keine Warnhinweise aus Griechenland gegeben, die Entdeckung des Päckchens sei nur der Aufmerksamkeit in der Poststelle zu verdanken. Bedenklich sei, dass das Paket per Luftfracht nach Deutschland gelangt sei. Einen Zusammenhang mit Terrorgruppen aus dem Jemen gebe es offenkundig nicht.
Das Kanzleramt wurde nicht evakuiert, in den Büros der rund 450 Mitarbeiter ging die Arbeit normal weiter. Auch waren von außen keine erhöhten Sicherheitsvorkehrungen zu bemerken. Lediglich die Zufahrt zum Kanzleramt wurde kurz gesperrt, wie Mitarbeiter berichteten.
In Griechenland wurde am Dienstag zudem die deutsche Botschaft in Athen und weitere diplomatische Vertretungen Ziel eines Anschlagsversuchs. Eine an die Botschaft adressierte Paketbombe konnte kontrolliert gesprengt werden. Zwei Sprengsätze detonierten nach Polizeiangaben vor den Botschaften der Schweiz und Russlands. Verletzt wurde niemand; die Bomben hatten keine große Sprengkraft. Zwei weitere, an die bulgarische und die chilenische Vertretung adressierte Paketbomben wurden ebenfalls unschädlich gemacht. Die Sicherheitskräfte vermuten Linksextremisten hinter der Anschlagswelle.
Erst am Wochenende hatten Paketbomben aus dem Jemen für Aufregung gesorgt. Die beiden Sprengsätze waren mit 300 beziehungsweise 400 Gramm geruchslosem Sprengstoff PETN in handelsüblichen HP-Laserjet-Druckern versteckt und mit einem ausgeklügelten Zündmechanismus versehen. Sie waren für das Ziel Chicago bestimmt. Eine der Paketbomben wurde per Luftpost über Deutschland transportiert. Sie konnte nach einem Hinweis der deutschen Sicherheitsbehörden in Großbritannien abgefangen werden.
Im Oktober 2001, wenige Wochen nach den Anschlägen in den USA, waren im Kanzleramt Brief mit „pudrigen Substanzen“ aufgetaucht, die angesichts von Anschlägen mit Milzbrand-Erregern in den USA für Aufregung gesorgt hatten. Sie erwiesen sich als ungefährlich. Auch im Auswärtigen Amt, im Bundesumweltministerium, im amerikanischen Konsulat und in der israelischen Botschaft wurde damals Milzbrand-Alarm ausgelöst. Jedes Mal handelte es sich um Fälle von Trittbrettfahrern.