Sollte das Gepäckstück mit der Aufschrift „Test“ nach Deutschland transportiert werden? Auch die Fußball-Bundesliga ist vor dem Spieltag alarmiert.
Wiesbaden. War es ein gezielter Anschlag auf die deutschen Passagiere oder ein Zufall? In Namibia hat die Polizei vor einem Flug nach München ein verdächtiges Gepäckstück entdeckt. Es wurde am Mittwoch vor einem Start eines Airbus der Fluggesellschaft Air Berlin von namibischen Beamten isoliert, wie das Bundeskriminalamt (BKA) mitteilte. Beim anschließenden Durchleuchten wurden demnach Batterien, die über Kabel mit einem Zünder und einer laufenden Uhr verbunden waren, sichtbar.
Ob es sich um einen zündfähigen Sprengsatz handelt, ist noch unklar. Die kriminaltechnischen Untersuchungen sind laut BKA noch nicht abgeschlossen. Die Passagiere des Fluges und das gesamte Gepäck wurden vor Abflug noch einmal kontrolliert. Der Flieger erreichte in der Nacht zum Donnerstag München und landete sicher. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters war auf dem verdächtigen Gepäckstück ein Zettel mit dem Wort „Test" angebracht. Eine Sprecherin des Flughafens Windhuk erklärte, es habe sich nicht um eine Übung gehandelt.
Das verdächtige Gepäckstück hatte keinen Adressaufkleber
Das verdächtige Gepäckstück war nach Angaben der Fluggesellschaft Air Berlin allerdings nicht für einen Flug nach Deutschland bestimmt. Das Objekt sei in einer Halle am Flughafen gefunden worden, in der auch das Gepäck von Air-Berlin-Passagieren abgefertigt wurde, sagte eine Sprecherin der Fluggesellschaft. Es habe sich um ein undeklariertes Objekt gehandelt, das nicht an einen bestimmten Zielort adressiert war. Nach Angaben von Air Berlin war die Maschine schon beladen, als das verdächtige Gepäckstück in der Halle entdeckt wurde. Der mögliche Sprengsatz war zudem nicht ausdrücklich an Deutschland adressiert: Das Gepäckstück des Flughafens habe keinen Ziel-Aufkleber gehabt, sagte eine Sprecherin von Air Berlin.
Die Maschine startete schließlich mit sechseinhalbstündiger Verspätung. Vor dem Abflug wurden die Passagiere nochmals durchsucht, sie landeten nachts wohlbehalten in München. Dort wurde das Gepäck ein weiteres Mal durchleuchtet, Bundespolizei befragte die Fluggäste. Es habe aber keine neuen Erkenntnisse gegeben, sagte der BKA-Sprecher. Nach ersten Ermittlungen handelte es sich bei dem verdächtigen Gegenstand um Fracht, nicht um persönliches Gepäck eines Passagiers. Aber auch dies werde weiter geprüft.
De Maizière: Die Kontrollen haben funktioniert
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Sicherheitsbehörden gelobt. „Die Kontrollen haben auf jeden Fall funktioniert“, sagte er am Rande der Innenministerkonferenz in Hamburg. Bewerten wollte er den Fund nicht: „Ich kann weder bestätigen, dass es einen Zündmechanismus gab, noch dass er funktionsfähig war“, betonte er und verwies auf die Erklärung des Bundeskriminalamts. De Maizière sagte, es spreche viel dafür, „dass das Gepäckstück in einer Maschine transportiert werden sollte, die nach München fliegen sollte“.
Er warnte davor, die Terrorwarnung in Deutschland als Anlass für neue Sicherheitsgesetze zu nehmen. „Ich möchte für mich jeden Eindruck vermeiden, dass die Situation (...) in irgendeiner Weise instrumentalisiert wird für rechtspolitische Vorhaben“, sagte er. Mit Blick auf den Streit um die Speicherung von Internet- und Telefondaten zur Gefahrenabwehr und zur Aufklärung schwerer Straftaten betonte er: „Das ist jetzt nicht die Stunde, auf dem Rücken dieses Themas rechtspolitische Auseinandersetzungen zu verschärfen oder abzumildern.
Reichstag in Berlin wird besonders gesichert
Der Berliner Reichstag ist als Reaktion auf die Terrorwarnung besonders gesichert worden. Rings um das Parlament wurden Absperrgitter aufgebaut. Das gehöre zu den erhöhten Sicherheitsmaßnahmen, teilte die Berliner Polizei mit. Die Reichstagskuppel sollte nach Auskunft der Bundestags-Pressestelle für Besucher zunächst weiter geöffnet sein. Unterdessen wurde in Berliner U-Bahnhöfen die Bevölkerung zur Wachsamkeit aufgerufen. „Sicherheitshinweis: Bitte achten Sie auf verlassene Gegenstände und Gepäck in den Zügen und den Bahnhöfen“, hieß es auf Anzeigetafeln.
Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte ungewöhnlich konkret zu Wachsamkeit gegen mutmaßliche Terroristen aufgerufen. „Wenn wir in der Nachbarschaft irgendetwas wahrnehmen, dass da plötzlich drei etwas seltsam aussehende Menschen eingezogen sind, die sich nie blicken lassen oder ähnlich, und die nur Arabisch oder eine Fremdsprache sprechen, die wir nicht verstehen, dann sollte man glaube ich schon mal gucken, dass man die Behörden unterrichtet, was da los ist“, hatte der Innensenator in der RBB-Abendschau gesagt.
Millionenstädte im Visier der Islamisten
Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) sieht bei der aktuellen Terrordrohung vor allem deutsche Millionenstädte gefährdet. Die Sicherheitsbehörden hätten „konkrete Hinweise“ auf Berlin, München und Hamburg, sagte Bruch im Südwestrundfunk (SWR). Auch der Großraum des Ruhrgebiets sei ein mögliches Anschlagsziel. Zum Vorschlag des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU), die gesamte Islamistenszene mit Sanktionen wie einem „Handyverbot“ zu belegen , sagte Bruch, er halte die Idee für „lebensfremd“.
Die jüngsten Warnungen vor islamistischen Terrorangriffen in sind auch Thema bei der Deutschen Fußball Liga (DFL). Vor dem anstehenden Bundesliga-Wochenende mit Millionen von Zuschauern in den Stadien steht die DFL mit dem Bundesinnenministerium in Berlin in Kontakt, wie ein Liga-Sprecher sagte . Er betonte: „Wir haben gebeten, uns über die aktuelle Gefährdungslage mit Blick auf die Bundesliga auf dem Laufenden zu halten.“
Auch die Budenbetreiber auf den deutschen Weihnachtsmärkten wollen angesichts der jüngsten Terrorwarnung mehr auf verdächtige Personen und Gegenstände achten. „Wir sind sensibilisiert“, sagte der Präsident des Bundesverbands Deutscher Schausteller, Hans-Peter Arens, der Nachrichtenagentur dpa. Alle Schausteller und Händler seien zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. „Wir möchten aber keine Panik verbreiten“, betonte Arens.
Private Sicherheitskräfte seien schon seit Jahren auf den rund 2500 Märkten im Einsatz. Zusätzliches Personal sei gegenwärtig nicht geplant. Die Advents- und Christkindlmärkte seien angesichts der Millionen von Besuchern schwer zu kontrollieren. „Wir wollen aber auch nicht, dass die Leute fernbleiben“, sagte Arens. Experten fürchten, das auch Weihnachtsmärkte Ziel eines Anschlags sein könnten. Im Dezember 2000 hatte eine algerische Gruppe einen Sprengstoffanschlag auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg geplant, was damals von den Sicherheitsbehörden verhindert wurde.