Der Verteidigungsminister muss die Einsatzziele herunterschrauben. Militärbischof Dutzmann: „Wir haben ein Veteranen-Problem.“
Berlin. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat die Kritik der früheren Bischöfin Margot Käßmann am Bundeswehreinsatz in Afghanistan als Ausgangspunkt für eine offene und kritische Debatte gelobt. „Die Äußerungen von Frau Käßmann haben zu einer anderen Diskussionskultur geführt“, sagte Guttenberg beim Treffpunkt Gendarmenmarkt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Der amtierende EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider äußerte sich erneut kritisch zum Afghanistan-Engagement und forderte ein Mandat auch für den Einsatz ziviler Kräfte.
Guttenberg sagte, er teile die Einschätzung Käßmanns nicht, dass nichts gut sei in Afghanistan. In den vergangenen Jahren habe es Fehler und Rückschritte, aber auch Fortschritte und Erfolge am Hindukusch gegeben. Einem sofortigen Abzug der Bundeswehr erteilte der Verteidigungsminister eine Absage. Dies berge die große Gefahr der Destabilisierung des Landes. „Es würde ein Dominoeffekt ausgelöst, der auch das Nachbarland Pakistan mitreißen würde“, sagte Guttenberg. In einigen Bereichen müsste die Bundesregierung jedoch ihre Zielsetzungen herunterschrauben.
Eine Demokratie nach westlichem Vorbild sei nicht erreichbar, sagte Guttenberg. Zudem müssten zivile und lokale Kräfte in Afghanistan künftig stärker miteinbezogen und auch ein Dialog mit den Aufständischen geführt werden. „Unsere Ziele in der Afghanistan zu erreichen, kommt der Quadratur des Kreises nahe“, räumte der CSU-Politiker ein. Er sei jedoch zuversichtlich, dass dies gelinge.
Der amtierende EKD-Ratsvorsitzende Schneider sagte, ein weiteres Engagement der Bundeswehr am Hindukusch habe wahrscheinlich sehr geringe Erfolgsaussichten. Er forderte, der Bundestag müsse analog zur Erteilung eines Bundeswehrmandats auch einen Beschluss zum Einsatz der zivilen Kräfte fassen. „Mit einer solchen zivilen Mandatierung wäre eine deutlichere öffentliche Wahrnehmung und Wertschätzung der zivilen Anstrengungen verbunden“, betonte Schneider.
Die Aufwendungen für das zivile Engagement sollten erkennbar zu denen des militärischen Einsatzes in Beziehung gesetzt werden. Zudem müsse auch ein Datum verbindlich beschlossen werden, an dem der gesamte Einsatz bewertet werde. „Die EKD wünscht sich eine umfassende und kritische Prüfung und Bilanzierung dieses Einsatzes“, sagte Schneider.
Eine zunehmende seelische Belastung der Soldaten beklagte der evangelische Militärbischof Martin Dutzmann. Durch die Einsätze werde „entsetzliches Leid“ verursacht, worunter die Soldaten ein Leben lang litten. „Wir haben wieder ein Veteranen-Problem in Deutschland“, kritisierte Dutzmann. Leider fehle dazu noch immer ein gesellschaftliches Bewusstsein.