Die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende wurde in München mit Applaus begrüßt. Die Theologin trat nach einer Trunkenheitsfahrt zurück.
München. Der Ökumenische Kirchentag in München nimmt am Donnerstag seine inhaltliche Arbeit auf. Zu politischen Diskussionen werden Bundesinnenminister Thomas de Maizière, Familienministerin Kristina Schröder und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Maria Böhmer erwartet. Der SPD-Bundestags-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier wirkt an einem Podium zum Thema „Ist nach der Krise vor der Krise?“ mit.
Margot Käßmann ist bei ihrem ersten Kirchentagsauftritt nach ihrem Rücktritt als EKD-Ratsvorsitzende und Hannoversche Landesbischöfin begeistert begrüßt worden. Mehrere tausend Christen empfingen Käßmann am Donnerstagmorgen bei der von ihr gehaltenen Bibelarbeit auf dem Messegelände mit Applaus. Die beliebte Theologin hatte nach einer Trunkenheitsfahrt ihre Spitzenämter aufgegeben.
Den Applaus und die herzlichen Begrüßungsworte des evangelischen Kirchentagspräsidenten Eckhard Nagel nahm Käßmann mit den Worten „danke, das tut mir gut“ entgegen. In ihrer Bibelarbeit zur Schöpfungsgeschichte aus dem Buch Mose und zu Noahs Kampf gegen die Sintflut ließ Käßmann auch persönliche Erfahrungen einfließen. „Was, wenn Dein ganzes bisheriges Leben unterzugehen scheint, weil eine schwere Krebserkrankung diagnostiziert wird. Weil der Ehepartner dich verlässt. Auch das sind Untergangserfahrungen, in denen wir uns fragen, wie Gott erretten kann. Ob es einen neuen Anfang geben kann.“ Die Antwort gab Käßmann, die solche Erlebnisse in den vergangenen Jahren durchleben musste, selbst: „Ja, es gibt eine zweite Chance.“
Religiöser Höhepunkt ist die gemeinsame zentrale Feier zu Christi Himmelfahrt auf dem Odeonsplatz in der Münchner Innenstadt. Sie steht unter dem Motto „Hier berühren sich Himmel und Erde“. Zuvor werden die Christen getrennt nach Konfessionen ihre Gottesdienste feiern.
Mit dem Thema Missbrauch als gesellschaftliches Problem befasst sich ein zusätzlich ins Programm genommenes Podium. Die Vertrauenskrise und den Glaubwürdigkeitsverlust der Kirchen wegen der Missbrauchsskandale waren am Mittwochabend bei der Eröffnung beklagt worden. Bundespräsident Horst Köhler und Papst Benedikt XVI. ermutigten die Christen in Grußworten, sich für die Kirche weiterhin zu engagieren. Die Kirchen hätten große Verdienste und seien ein Ort der Hoffnung. Der christliche Glaube schaffe Orientierung.
Insgesamt 80 000 Menschen hatten am Abend an den drei Eröffnungs- Gottesdiensten teilgenommen. Zu dem anschließenden Straßenfest in der Münchner Altstadt mit Musik, kulinarischen Köstlichkeiten und Info- Ständen kamen nach Veranstalterangaben rund 300000 Menschen.
125 000 Teilnehmer haben sich mit Dauerkarten zu dem Kirchentag angemeldet. Bis Sonntag stehen unter dem biblischen Motto „Damit ihr Hoffnung habt“ rund 3000 Veranstaltungen auf dem Programm. Die Veranstalter erhoffen sich auch einen Schub für die Ökumene. Bislang ist ein gemeinsames Abendmahl von Protestanten und Katholiken aus theologischen Gründen nicht möglich.