In Hamburg und anderswo: Zehntausende Studenten gehen auf die Straße. Die Wirtschaft hat Verständnis für die Proteste.
Hamburg/Berlin. Mit Aktionen in vielen deutschen Städten demonstrieren Schüler und Studenten für bessere Bildung. Protestaktionen laufen außer in Hamburg auch in München und Frankfurt am Main, Berlin, Köln, Düsseldorf, Duisburg, Heidelberg und Mainz und weiteren Hochschulorten.
Der Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) äußerte Verständnis für die Proteste. In Wiesbaden wollten Lehrer und Schüler gemeinsam auf die Straße gehen. Vor der Münchner Universität versammelten sich mehr als 1000 Studenten zu einem Protestmarsch gegen die Bologna-Reformen und die Studiengebühren. Insgesamt würden bis zu 10 000 Studenten und Schüler bei der Demonstration erwartet, die bis zum Nachmittag durch ganz Schwabing führen soll, sagte eine Sprecherin der Studenten, Sarina Balkhausen. Einige Dozenten ließen Lehrveranstaltungen am Dienstag ausfallen.
Das Audimax der Universität München wurde weiter von mehreren hundert Studenten besetzt gehalten. Die Vorlesungen seien in andere Lehrsäle verlegt worden, sagte Balkhausen. Wer studieren wolle, werde von den Protestierenden nicht daran gehindert.
Der Aktionstag ist einer der Höhepunkte des Bildungsstreiks 2009. Darüber hinaus ist für den 30. November bis 6. Dezember eine Aktionswoche geplant. Am 10. Dezember sollen dann die Kultusminister nach Ende ihrer Konferenz drei Stunden „nachsitzen“: Dann wollen die Streikenden die Zufahrtsstraßen zum Konferenzort in Bonn blockieren. Schon seit Tagen halten Studenten in mehr als 20 Universitäten Hörsäle besetzt.
Im Zentrum der Kritik stehen die Bachelor- und Masterstudiengänge, die im Zuge des sogenannten Bologna-Prozesses eingeführt wurden. Die Studenten fordern ihre Abschaffung in ihrer derzeitigen Form. Außerdem verlangen die Protestierenden bessere Lernbedingungen, mehr Mitbestimmung und die Abschaffung der Studiengebühren. Das Motto lautet „Education is not for sale“ („Bildung ist unverkäuflich“).
Der niedersächsische Bildungsminister Lutz Stratmann signalisierte den Studenten Entgegenkommen. Bis Anfang nächsten Jahres wolle er konkrete Pläne vorlegen, um die umstrittene Bologna-Reform an den Hochschulen an entscheidenden Stellen zu korrigieren, sagte Stratmann der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Die Vorarbeiten dazu gingen „schneller voran als gedacht“. Stratmann warnte die Studenten vor Ausschreitungen: „Ich hoffe und wünsche, dass weiterhin die gewaltfreie Diskussion im Mittelpunkt der Aktionen steht.“
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages Hans Heinrich Driftmann, appellierte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag) an die Unis, die Probleme der Studenten ernst zu nehmen. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) äußerte im Deutschlandfunk teilweise Verständnis für die Anliegen der Studenten. „Den Punkt der Verbesserung der Lehre teile ich.“ Bei der Umsetzung der Hochschulreform habe es handwerkliche Fehler gegeben. Sie unterstrich aber auch, dass trotz der Wirtschaftskrise in Deutschland noch nie so viel in Bildung investiert worden sei wie zurzeit. (AP/dpa)