Die libyschen Rebellen haben das Ultimatum gegen die Gaddafi-Truppen in Sirte um eine Woche verlängert. Die Bevölkerung sei gespalten, heißt es.
Den Haag. Die Niederlande haben die Freigabe von libyschen Guthaben in Höhe von zwei Milliarden Euro angekündigt. Damit solle die Wiederankurbelung der Wirtschaft nach dem Bürgerkrieg unterstützt werden, erklärte Ministerpräsident Mark Rutte am Donnerstag vor seiner Abreise zur Pariser Geberkonferenz der EU für Libyen. Die Guthaben libyscher Staatsunternehmen waren wegen des gewalttätigen Vorgehens des Gaddafi-Regimes gegen Demonstranten gesperrt worden. Rutte sagte, sein Land werde Libyen zudem Hilfe bei der Aufspürung von scharfen Minen und Bomben anbieten.
Die Aufständischen in Libyen haben nach einem Bericht des britischen Senders BBC das Ultimatum gegen dieTruppen des alten Gaddafi-Regimes in Sirte um eine Woche verlängert. Damit haben die letzten Gaddafi-Getreuen in der rund 75 000 Einwohner zählenden Stadt Sirte bis Sonnabend kommender Woche Zeit, sich zu ergeben. Ursprünglich sollte das Ultimatum in der Nacht zum Samstag ablaufen, berichtete die BBC am Donnerstag.
Die Bevölkerung in der rund 75 000 Einwohner zählenden Küstenstadt sei gespalten, berichtete der Nachrichtensender al-Dschasira. Eine Hälfte plädiere für Kampf, die andere Hälfte für Kapitulation. Stammesälteste versuchten, die Gaddafi-Truppen wenigstens davon zu überzeugen, dass im Fall eines Kampfes Frauen und Kinder zuvor die Stadt verlassen könnten. Nach Rebellenangaben kamen seit Beginn des Aufstands gegen Gaddafis Regime vor sechs Monaten mindestens 50 000 Menschen ums Leben. Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben ist nicht möglich.
Die Aufständischen stecken in einer Zwickmühle. Einerseits hoffen sie darauf, dass nach einem Fall von Sirte auch die letzten Anhänger Gaddafis aufgeben. Andererseits wollen sie unbedingt ein Blutvergießen und eine Zerstörung der Stadt vermeiden, um den späteren Versöhnungsprozess im Land nicht noch komplizierter zu machen. Die Rebellen wollten sich auch nicht mit dem größten Stamm in Libyen, den Warfalla, anlegen, berichtete ein BBC-Korrespondent. Sie hätten Sorge, dass sich der Bürgerkrieg dann noch weiter hinausziehen könnte.
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Die Nato will auch nach einem Ende des Militäreinsatzes in Libyen weiter Flagge zeigen. Nato-Soldaten könnten für eine begrenzte Zeit den Luftraum überwachen und Schiffe vor der Küste Libyens kontrollieren. Dies vereinbarten die Vertreter der 28 Nato-Staaten gestern im Nato-Rat in Brüssel. Eine Entsendung von Bodentruppen kommt dagegen für das Bündnis nicht infrage.
Der Übergangsrat in Libyen stemmt sich weiter gegen die Stationierung von ausländischen Truppen auf eigenem Boden. Der Vorschlag Frankreichs, eine Beobachtermission mit deutscher Beteiligung nach Libyen zu schicken, hat derzeit wohl wenig Chancen auf Verwirklichung. "In unseren Gesprächen mit dem NTC (Übergangsrat) wird ganz deutlich, dass die Libyer jede Art eines militärischen Einsatzes durch die Uno oder andere verhindern möchten", sagte der Libyen-Sondergesandte Ian Martin in New York.
Frankreichs Außenminister Alain Juppé hatte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" für eine Beobachtermission geworben. "Man wird Beobachter nach Libyen entsenden müssen. Es braucht eine Wiederaufbautruppe, aber keine Interventionstruppe." Frankreich "wäre froh darüber", wenn Deutschland sich an einer Beobachtermission beteiligte, sagte Juppé.
Weil die humanitäre Lage in der Hauptstadt Tripolis weiter kritisch ist, hat Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon die internationale Gemeinschaft um schnelle Hilfe gebeten. Nach letzten Schätzungen seien 60 Prozent der Einwohner allein in der Hauptstadt ohne Wasser- und Abwasserversorgung. Es sei unklar, wie lange die Reparatur von Pumpen noch dauern werde, sagte Ban.
Derweil läuft die Hilfe für Libyen weiter an. So gab Großbritannien libysche Banknoten im Wert von 1,1 Milliarden Euro an die Übergangsregierung in Tripolis frei. Die in einer britischen Druckerei gedruckten libyschen Dinars waren wegen der Uno-Sanktionen eingefroren worden. Wie die britische BBC gestern berichtete, soll das Geld so schnell wie möglich mit einem Flugzeug der Royal Airforce nach Libyen gebracht werden. Dies sei wichtig, damit es bald in Geldautomaten und Banken im ganzen Land zur Verfügung stehe. Das Geld werde dabei helfen, "dringende humanitäre Notwendigkeiten" zu erfüllen, sagte der britische Außenminister William Hague. Ferner könnten damit Löhne für Staatsbedienstete bezahlt und die Wirtschaft wieder zum Laufen gebracht werden. Die Uno-Entscheidung zur Freigabe des Geldes sei wegen der "bemerkenswerten Erfolge der vergangenen Tage" in Libyen möglich geworden, sagte Hague.
Die Vereinten Nationen hatten bereits in der vergangenen Woche umgerechnet knapp eine Milliarde Euro freigegeben, die in den USA eingefroren worden waren. Auch Deutschland und Frankreich haben die Uno um eine Genehmigung zur Freigabe von libyschen Auslandsguthaben gebeten.
Zugleich kündigte der Erdölkonzern Gunvor Group an, Diesel für den Betrieb von Generatoren in die Rebellenhochburg Bengasi zu liefern. Die Handelssparte mit Sitz in Genf sende eine Schiffsladung mit Diesel an das von den Aufständischen kontrollierte Unternehmen Arabian Gulf Oil Co. (Agoco), teilte Gunvor gestern mit. Mit dem Diesel könnten weitere Stromausfälle verhindert werden, zitierte der Erdölkonzern einen Agoco-Mitarbeiter. Wegen der Kämpfe zwischen Rebellen und Anhängern Muammar al-Gaddafis ist die Ölproduktion in Libyen weitgehend zum Erliegen gekommen.
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