Die Staatschefs aus Frankreich und England besuchen als erste ihres Rangs Libyen nach dem Sturz Gaddafis und sagen dem Land Unterstützung zu.
Tripolis. Kampfeinheiten der libyschen Übergangsregierung sind nach eigenen Angaben am Donnerstag in die Außenbezirke von Sirte vorgestoßen. In der Geburtsstadt von Muammar al-Gaddafi seien sie von Anhängern des einstigen Machthabers mit Raketen beschossen worden, sagte der Sprecher des Militärrates von Misrata, Ali Gliwan. Dabei sei ein Kämpfer getötet worden.
Die Truppen des Übergangsrates hätten eine Straßenüberführung am südwestlichen Stadtrand von Sirte überquert. Von den Gaddafi-Anhängern war offenbar ein Angriff aus Osten erwartet worden. Seit zwei Wochen versuchen die einstigen Rebellen, die letzten Hochburgen Gaddafis einzunehmen.
Sarkozy und Cameron in Libyen
Derweil kann der libysche Nationale Übergangsrat mit umfangreicher Unterstützung aus Frankreich und Großbritannien beim Neuaufbau staatlicher Strukturen rechnen. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der britische Premierminister David Cameron sicherten am Donnerstag in Tripolis den einstigen Rebellen ihre Hilfe zu. Die beiden Politiker sind das erste Staatsoberhaupt beziehungsweise der erste Regierungschef, die Libyen nach dem Sturz Gaddafis besuchen. Der französische Finanzminister François Baroin nannte die Reise im französischen Rundfunk "historisch“.
Sarkozy und Cameron kündigten an, mehrere Milliarden Dollar des Gaddafi-Regimes, die auf westlichen Konten eingefroren sind, freizugeben. Mit Blick auf den untergetauchten früheren Machthaber Gaddafi sagte Cameron: "Es ist vorbei. Geben Sie auf.“
Cameron: Nato-Mission wird fortgesetzt
Bei einer Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Nationalen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, erklärte Cameron weiter, die Nato-Mission, die die einstigen Rebellen seit März mit Luftangriffen unterstützt hatte, werde fortgesetzt, solange Gaddafi-treue Truppen Widerstand gegen sie leisteten. Bislang wird noch an drei Fronten gekämpft. "Es sind immer noch Teile von Libyen unter Gaddafis Kontrolle, wir müssen sicherstellen, dass die Arbeit zu Ende gebracht wird“, sagte Cameron und rief die Gefolgsleute Gaddafis dazu auf, die Waffen niederzulegen.
Frankreichs Präsident Sarkozy erklärte, Gaddafi und andere, "die Verbrechen begangen“ hätten, würden zur Rechenschaft gezogen. Er forderte die Libyer aber auf, von Vergeltung abzusehen und stattdessen Einheit und Versöhnung anzustreben.
Sarkozy und Cameron waren zuvor von Mitgliedern des Nationalen Übergangsrates am Flughafen von Tripolis begrüßt worden. Der Besuch wird begleitet von strengen Sicherheitsmaßnahmen. Als Sarkozy und Cameron ein Krankenhaus aufsuchten, in dem sie mit Patienten sprechen wollten, die während der vergangenen Monate des Aufstandes gegen das Gaddafi-Regime verletzt wurden, begrüßte sie eine begeisterte Menschenmenge. Viele Libyer klatschten Beifall und streckten die Hände nach den beiden Politikern aus. Ärzte und Krankenschwestern in dem Krankenhaus begrüßten Sarkozy und Cameron mit Applaus und Freiheitsliedern. (dapd)