Berlin. Die Grünen haben in ihre Geschichte eine beachtliche Wandlung hingelegt. Wofür stand die Partei einmal? Was sind heute ihre Themen?
Ökopartei. Verbotspartei. Kriegstreiber: Die Grünen wurden seit ihrer Gründung mit etlichen Spitznamen versehen. Sie sind aktuell der Lieblingsfeind tiefschwarzer Kreise, im blaubraunen Spektrum sowieso verhasst und auch im linken Milieu teils unwillkommen. Keine Frage: Grün polarisiert, quer durch die deutsche Parteienlandschaft.
Und doch: Grün wirkt. Zumindest im Selbstverständnis der Partei, die in der Hälfte der Bundesländer Teil der Regierung ist. Wo haben die Grünen ihre Wurzeln? Wieso heißt es korrekt Bündnis 90/Die Grünen? Was will die Gruppierung? Lesen Sie jetzt den Steckbrief zur Partei.
Von der Protestpartei zur stabilen Kraft im Parteiensystem
Zwar liegt der Schwerpunkt der Grünen weiterhin auf der Umweltpolitik, doch hat sich die Partei inzwischen weit von ihren radikal-linken Wurzeln entfernt. Längst passé ist das Selbstverständnis als „Anti-System-Partei“, mit dem die Grünen noch in ihrer Anfangsphase angetreten waren.
Im Gegenteil: Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat die Partei ihre pazifistischen Ursprünge hinter sich gelassen. Wo Grün einst für Abrüstung stand, gehört die Partei inzwischen zu den energischsten Vertretern einer Unterstützung Kiews mit Waffenlieferungen und pocht auf einen Verteidigungsetat, der „dauerhaft deutlich mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit investiert“.
Die grüne Partei entstand vor allem aus dem Widerstand gegen die Atomkraft und aus Protest gegen die atomare Aufrüstung. In Westdeutschland gründeten sich die Grünen 1980 in Karlsruhe. Zehn Jahre später, 1990, schlossen sich in der DDR Bürgerrechtler zum Bündnis 90 zusammen, das drei Jahre später mit den westdeutschen Grünen verschmolz. Die Grünen gelten seither als eine der erfolgreichsten Parteigründungen der Bundesrepublik.
Wie heißen die aktuellen Vorsitzenden der Grünen?
Bundesvorsitzende der Partei sind Franziska Brantner und Felix Banaszak. Sie folgten im November 2024 auf Ricarda Lang und Omid Nouripour, die ihrerseits Annalena Baerbock und Robert Habeck ablösten. Letztere übernahmen Minister-Posten im Kabinett Scholz – gemäß der Parteisatzung der Grünen mussten beide ihre Parteiämter aufgeben, als sie Regierungsämter übernahmen.
Was ist das wichtigste Thema der Grünen?
Ganz oben auf der Agenda der Partei steht „der Mensch in seiner Würde und Freiheit“, wie es im Grundsatzprogramm von 2020 heißt. Gleich danach kommen darn als Grundlage einer solidarischen Gesellschaft:
- Ökologie
- Gerechtigkeit
- Selbstbestimmung
- Demokratie
- Frieden
Ressourcen sollen nach Ansicht der Partei „nur noch in dem Maße genutzt werden, wie sie sich auch wieder erneuern lassen“. Unter dem Punkt Selbstbestimmung verstehen die Grünen es als Aufgabe der Politik, einen Rahmen zu schaffen, der selbstbestimmtes Leben für alle Menschen ermöglicht und die Rechte von Minderheiten schützt.
Von der klassischen Umweltpartei haben sich die Grünen inzwischen entfernt. Klimaschutz und der Erhalt einer lebenswerten Umwelt sind der Partei zwar wichtig, stehen aber unter dem Überbegriff des Schutzes von Freiheit und Würde.
Warum heißt es Bündnis 90?
Das Bündnis 90 war in der DDR ein Zusammenschluss von Oppositionsgruppen und Bürgerbewegungen, der während der Wende entstanden war. Im September 1991 wurde das Bündnis 90 in eine politische Partei umgewandelt, im Mai 1993 entstand mit den Grünen die gemeinsame Partei Bündnis 90/Die Grünen.
Wie hießen die Grünen früher?
Wie das Bündnis 90 entstanden auch die Grünen aus dem Zusammenschluss eines breiten Spektrums politischer und sozialer Bewegungen. Bereits in den 1970er-Jahren gab es kleine Parteien und Landesverbände, die Namen wie „Grüne Aktion Zukunft“ oder „Grüne Liste Zukunft“ trugen.
Der erste Landesverband der Grünen entstand im September 1979 in Baden-Württemberg. Die Bundespartei wurde am 13. Januar 1980 in Karlsruhe gegründet, ab diesem Zeitpunkt nannte sich die Partei „Die Grünen“.
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- Markus Söder (CSU): Nürnberger Food-Influencer & Parteichef – der Bayer
- Olaf Scholz (SPD): Hanseat, Europäer, Demokrat – der Verteidiger
- Robert Habeck (Grüne): Autor und Wirtschaftsminister – der Philosoph
- Sahra Wagenknecht (BSW): Parteigründerin mit Rechtsdrall – die Ex-Linke
- Heidi Reichinnek (Die Linke): TikTok-Star mit Herz für Menschen – die linke Frontfrau
- Jan van Aken (Die Linke): Rüstungskontrolleur mit Mission – der Linke
Wer hat die Grünen gegründet?
Grundlage für die Grünen waren die zahlreichen Bewegungen der 60er- und 70er-Jahre, beispielsweise die Anti-Atomkraft-, Friedens- und Frauenbewegungen. Rein politisch gesehen reichte das Spektrum von konservativ bis links, unter anderem waren etwa auch Mitglieder der Studentenbewegung dabei.
Daraus entwickelten sich zahlreiche kleine Parteien und Wahlbündnisse, die sich im Jahr 1980 schließlich zur Bundespartei zusammenschlossen. Es gibt also keine direkten Gründer, vielmehr entstand die Partei aus einem Zusammenschluss kleinerer Parteien und Gruppen.
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Wann wurden die Grünen gegründet?
Das offizielle Gründungsdatum der Grünen ist der 13. Januar 1980. Das Bündnis 90/Die Grünen, wie die Partei heute heißt, entstand allerdings erst im Mai 1993.
Wo sind die Grünen am stärksten?
Baden-Württemberg ist nicht nur das Bundesland des ersten Landesverbandes der Grünen, sondern hat mit Winfried Kretschmann auch den ersten grünen Ministerpräsidenten in Deutschland. Ihm soll der bisherige Bundesminister Cem Özdemir im Amt nachfolgen – vorausgesetzt, die Grünen gewinnen die Landtagswahlen.
Traditionell gelten besonders die Universitätsstädte Tübingen und Freiburg als Hochburgen der Grünen. Auch in Städten wie Berlin, Hamburg, München und Bremen sind die Grünen stark; nicht zuletzt deswegen hängt ihnen der Ruf einer Großstadtpartei an, deren Politik sich an besserverdienende Schichten richtet.
Wie viele Mitglieder haben die Grünen?
2020 hatte die Partei 101.561 Mitglieder. Vier Jahre später waren es schon 150.000, im November 2024 meldete die Partei einen Rekordzuwachs an Neumitgliedern. Seit 2010 hat sich die Anzahl der Mitglieder mehr als verdoppelt. Noch im Jahr 2018 besaßen dem Statistikportal statista zufolge gerade einmal 75.311 Menschen ein Grünen-Parteibuch.
Im Vergleich mit CDU, CSU und SPD landet die Partei jedoch nur auf Platz vier des Mitglieder-Rankings. Laut einer Untersuchung der Freien Universität Berlin sind die Grünen allerdings eine von zwei Parteien, die aktuell überhaupt wachsen. Mehr als 200 Prozent Zuwachs zwischen 1990 und 2023 schafft die Partei. Die AfD kommt auf ein Plus von 124 Prozent.
Wann waren die Grünen zuletzt an der Regierung beteiligt?
Die Grünen kamen erstmals im Jahr 1998 auf Bundesebene in die Regierungsverantwortung. Unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) wurde Grünen-Frontmann Joschka Fischer Außenminister und Vizekanzler. In der ersten Regierungszeit arbeiteten sich die Grünen an Themen wie dem Militäreinsatz im Kosovo und dem Afghanistan-Krieg nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ab.
Auch in der zweiten Amtszeit von Schröder von 2002 bis 2005 waren die Grünen Koalitionspartner. Diese Jahre waren geprägt von der Kehrtwende in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik mit den Hartz-Gesetzen. Darunter litt jedoch vor allem die SPD. Nach dem Ende von Rot-Grün und der verlorenen Bundestagswahl 2005 gingen die Grünen zurück in die Opposition.
Grünen-Politiker haben in den zwei Kabinetten Schröder insgesamt vier Ministerposten bekleidet – und mit zwei Ministerinnen dabei eine Frauenquote von 50 Prozent erreicht.
Die Grünen in der Ampel-Koalition
Ein zweites Mal saß die Partei unter Kanzler Olaf Scholz mit am Kabinettstisch. In der Ampel-Koalition stellten die Grünen fünf Minister und Ministerinnen und eine Staatsministerin. Letztere war Claudia Roth, die für Kultur und Medien zuständig war. Mit dem Zerfall der Ampel-Koalition übernahmen die Grünen zudem das Ministerium für Bildung und Forschung von der FDP.
Die übrigen Ministerien waren:
- Annalena Baerbock, Außenministerium
- Robert Habeck, Wirtschaftsministerium
- Cem Özdemir, Landwirtschaftsministerium und Bildungsministerium nach dem Ende der Ampel-Koalition
- Lisa Paus, Familienministerium
- Steffi Lemke, Umweltministerium