Berlin. Die Grünen haben ihr Wahlprogramm vorgestellt – und das sei nur bedingt „klassisch grün“, sagt Robert Habeck. Was die Partei jetzt will.
In der Kürze der Zeit ist es ein für grüne Verhältnisse schmaler Band geworden: Auf gerade einmal 70 Seiten hat die sonst programmverliebte Partei aufgeschrieben, wie ihr „Regierungsprogramm“ für die Bundestagswahl im Februar aussieht. Darin seien einige Punkte, die „die nicht klassisch grün“ seien, sagte Kanzlerkandidat Robert Habeck bei der Vorstellung des Entwurfs am Dienstag in Berlin. Was man über die Pläne der Grünen jetzt wissen muss:
Wohnen:
Die jetzt auslaufende Mietpreisbremse wollen die Grünen nicht nur verlängern, sondern auch ausweiten. Mieterinnen und Mieter sollen besser vor Kündigungen wegen Mietschulden oder Eigenbedarf geschützt werden. Auch Wohneigentum soll gefördert werden, die Wohnungsbauprämie soll dafür künftig mit der Inflation wachsen. Bei den Nebenkosten wie Maklergebühren soll entlastet werden. Das Baurecht soll einfacher werden, die Verfahren digitaler.
Energie und Klima:
Die Strompreise sollen runter, durch eine Senkung der Stromsteuer aufs europäische Minimum und die Übernahme der Netzentgelte. Bei neuen Hochspannungsleistungen wollen die Grünen Freileitungen zum Standard machen, anstelle der sehr viel teureren Erdkabel. Die Losung beim Thema Klimaschutz heißt „Kurs halten“ – aber nicht noch ehrgeiziger werden. Die Partei betont außerdem die Notwendigkeit, Klimaschutz sozial auszugestalten. Im Programm finden sich bekannte Ideen wie das Klimageld, über das Einnahmen aus dem CO2-Preis zurückgegeben werden sollen, oder die Förderung für den Kauf von Elektroautos.
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Migration:
Eine „funktionierende und pragmatische Flucht- und Migrationspolitik“ soll es sein, so steht es im Programm bei diesem Thema, das für die Grünen kein einfaches ist. Konkret heißt das, dass die Grünen Arbeitsverbote für Geflüchtete weiter abbauen wollen. Die Partei hält an der Reform der Gemeinsamen Europäischen Asylpolitik (GEAS) fest, Verfahren in Drittstaaten lehnt sie ab. Die zivile Seenotrettung wollen die Grünen weiter unterstützen. Außerdem sollen laut Programm Migrationsabkommen mit weiteren Ländern geschlossen werden.
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Rente:
Das gesetzliche Rentenniveau soll laut Programmentwurf bei 48 Prozent gehalten werden. Auch Abgeordnete und „perspektivisch“ Beamte sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Die Grünen wollen zudem ein Projekt aus der Ampel-Koalition weiterentwickeln, das nicht mehr eingeführt wurde – den Einstieg in die kapitalgedeckte Rente. In der Variante der Grünen ist das ein öffentlich verwalteter Fonds, der nachhaltig investiert und aus dessen Erträgen kleine und mittlere Renten gestärkt werden sollen.
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Ukraine und Verteidigung:
An der Seite Ukraine stehen – bis Ukrainerinnen und Ukrainer wieder in Frieden leben können, so steht es im Programmentwurf. Und zur Sicherheit ergänzt die Partei, dass Frieden mehr sei als die Abwesenheit von Krieg. Mit Blick auf die kommende Präsidentschaft von Donald Trump in den USA wollen die Grünen den europäischen Pfeiler der Nato stärken, und setzen dabei auf Kosteneffizienz durch engere Zusammenarbeit in der EU. Trotzdem sieht die Partei den Bedarf für mehr Geld für Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit – „dauerhaft deutlich mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts“.
Wirtschaft:
Unternehmen, die investieren, sollen unterstützt werden – mit einer Investitionsprämie von pauschal 10 Prozent, die mit der Steuerschuld der Firmen verrechnet wird. Für energieintensive Unternehmen im globalen Wettbewerb soll zudem die Strompreiskompensation ausgeweitet werden, Energiekosten also weiter subventioniert werden. Die Grünen betonen auch, dass ohne Erwerbsbeteiligung von Frauen und mehr Fachkräfte aus dem Ausland das Wachstum stark gebremst bleiben wird.
Steuern:
Die Grünen wollen „Gerechtigkeitslücken“ angehen bei der Steuer – und Reiche stärker zur Kasse bitten. Ausnahmen von der Erbschaftssteuer sollen für „außergewöhnlich große“ Erbschaften angegangen werden, eine globale Milliardärssteuer soll dem Staat Geld bringen. Gleichzeitig soll die Werbepauschale für Arbeitnehmer auf 1500 Euro steigen und der Grundfreibetrag erhöht, Alleinerziehende sollen durch Steuergutschriften entlastet werden. Der Solidaritätszuschlag wird, wenn es nach den Grünen geht, in den Einkommensteuertarif integriert werden.
Schuldenbremse:
Die Partei plädiert für eine „investitionsorientierte Reform“ der Schuldenbremse, wie Grünen-Chef Felix Banaszak am Dienstag sagte. Die Grünen sehen einen Investitionsbedarf im mittleren dreistelligen Milliarden-Bereich in den nächsten zehn Jahren. Das Geld soll unter anderem aus einem „Deutschlandfonds“ kommen, ein Sondervermögen, das selbst Kredite aufnehmen können soll und auf das nach diesem Plan auch Länder und Kommunen zugreifen könnten.
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