Der Bundesrat billigte den Euro-Rettungsschirm. Doch die Bundesländer wollen die Maßnahmen der schwarz-gelben Koalition nicht einfach abnicken.
Berlin. Die Länder haben im Bundesrat die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF unterstützt. Da am Freitag kein Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gestellt wurde, kann das Gesetz in Kraft treten. Allerdings forderten die Länder weitere Schritte, um die Schuldenkrise in Europa zu bekämpfen, und eine umfassende Unterrichtung über die künftige Verwendung des Rettungsschirms. Skeptisch äußerten sie sich zu der Frage, ob der EFSF mit einem sogenannten Hebel deutlich ausgeweitet werden solle. Insbesondere Bayern lehnte diese Möglichkeit mit Nachdruck ab. Zu Beginn der Debatte dankte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dem Bundesrat für die Bereitschaft, eine Sondersitzung einzuberufen. Es sei wichtig, dass die EFSF-Erweiterung möglichst rasch beschlossen werde.
Der Bundesrat musste dem Gesetz zwar nicht zustimmen, hätte mit seinem Einspruch aber das Inkrafttreten verzögern können. Der Bundestag hatte das Gesetz am Donnerstag verabschiedet. Schäuble sagte, die Lage an den internationalen Finanzmärkten sei „nach wie vor besorgniserregend“. Es gebe auch eine „gewisse Abkühlung“ der wirtschaftlichen Entwicklung. Deutschland würde sich „unendlich schaden“, wenn nicht alles für die Stabilisierung des Euro getan würde, warnte der Minister.
Die Vertreter der Länder wiesen darauf hin, dass zur Lösung der europäischen Probleme noch viel mehr nötig sei als die EFSF-Erweiterung. So forderte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) einen „Strauß von Maßnahmen“, darunter eine engere wirtschaftspolitische Abstimmung in Europa. Auch müssten die Finanzmärkte stärker reguliert werden.
Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) schlug vor, einen EU-Stabilitätskommissar einzusetzen. Dieser müsse die Möglichkeit bekommen, Länder, die gegen gemeinsam vereinbarte Regeln verstoßen, mit Sanktionen zu disziplinieren. Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) forderte die Einführung gemeinsamer Staatsanleihen der Euro-Länder, sogenannter Euro-Bonds.
Auf Ablehnung insbesondere der Unions-geführten Länder stießen Überlegungen, den Euro-Rettungsschirm mit einer Hebelmaßnahme noch einmal deutlich auszuweiten. Sachsen Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte, er könne davor nur „dringend warnen“. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erklärte, eine Hebelung setze nicht nur die Stabilität des Euro aufs Spiel, sondern auch „die Finanzstabilität Deutschlands“. Bayern gab in der Länderkammer eine entsprechende Erklärung zu Protokoll.
Das stieß beim thüringischen Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) auf Unverständnis. Eine derartige „rote Linie“ zu definieren, zeuge nicht von Vertrauen der schwarz-gelben Landes in die schwarz-gelbe Bundesregierung. Es bleibe abzuwarten, wie lange die Kanzlermehrheit noch halte, sagte Machnig.
Einig waren sich die Länder in der Forderung, von der Bundesregierung umfassend und zeitnah über die Verwendung des EFSF informiert zu werden. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU), sagte, die Konferenz habe einstimmig eine frühzeitige Einbindung der Länder gefordert. Ein Vorschlag des Bundesfinanzministeriums für eine entsprechende Vereinbarung sei nicht ausreichend. Die Bundesregierung müsse deutlich nachlegen. (dapd)
Der Stand der EFSF-Abstimmungen in der Euro-Zone
Der Verstärkung des Euro-Rettungsschirms EFSF müssen alle 17 Euro-Staaten zustimmen. Nachfolgend ein Überblick über den Stand der Umsetzung und die verbleibende Risiken:
Bislang haben die Parlamente von 13 Ländern zugestimmt: In DEUTSCHLAND, FRANKREICH, SPANIEN, ITALIEN, FINNLAND, BELGIEN, LUXEMBURG, ÖSTERREICH, ESTLAND, SLOWENIEN und ZYPERN sowie in den von Rettungspaketen gestützten Staaten GRIECHENLAND und IRLAND sagten die Volksvertretungen Ja.
In der SLOWAKEI blockiert der kleinere Koalitionspartner SAS bisher die EFSF-Erweiterung. Die SAS erklärte aber, es sei eine Lösung denkbar, die sowohl von der EU als auch von der Slowakei akzeptiert werden könne. Wie dieser Kompromiss aussehen könnte, ist noch nicht klar. Bis zum EU-Gipfel am 17. Oktober soll sich das Parlament in Bratislava mit dem EFSF befasst haben. Schwierig ist die Lage auch in den NIEDERLANDEN. Die Regierung kann zwar mit Hilfe der Opposition mit einer Mehrheit im Parlament rechnen, doch wegen der wachsenden Skepsis über immer höhere Verpflichtungen wollen die Abgeordneten die neuen Regeln für den EFSF genau prüfen. Die zunächst für Mitte September geplante Abstimmung wurde deshalb auf Anfang Oktober verschoben. In PORTUGAL ist keine Parlamentszustimmung notwendig. In MALTA wird kommenden Mittwoch abgestimmt. (rtr)