Reporter finden geheime Daten über Kontakte zu CIA und Mi 5.. Ex-Premier Tony Blair soll Gaddafi-Sohn bei Doktorarbeit geholfen haben.

Tripolis/London. 18:01: Der Übergang zu einem demokratischen Rechtsstaat in Libyen werde mit einer „Befreiungserklärung“ beginnen, sagte ein Sprecher des oppositionellen Übergangsrates, Dschalal el Gallal, in Tripolis. Ab diesem Zeitpunkt habe der Rat acht Monate Zeit, Wahlen für eine Nationalversammlung vorzubereiten. El Gallal räumte ein, dass noch nicht ganz klar sei, was die Befreiung genau definiere – entweder der Zeitpunkt, an dem die Rebellen das gesamte Land kontrollierten, oder die Festnahme Gaddafis.

Ian Martin, Sonderberater der Vereinten Nationen für Libyen, sagte, die UN seien bereit, dem Land bei seinen nächsten Wahlen zu helfen. Gleichwohl gelte es große Hürden bei dessen Übergang zur Demokratie zu überwinden. Schließlich habe es praktisch seit Menschengedenken keine Wahlen mehr in dem nordafrikanischen Land gegeben, sagte Martin.

15.49 Uhr: Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat ein rasches Ende des Militäreinsatzes der Nato in Libyen angekündigt. „Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass die Zivilbevölkerung nicht mehr bedroht ist, werden wird den Einsatz beenden“, sagte er in Brüssel. „Ich kann noch kein genaues Datum sagen, aber ich glaube, dass es bald sein wird.“ Die Gefangennahme Gaddafis sei für das Ende des Einsatzes nicht entscheidend: „Einzelpersonen sind kein Ziel unseres Einsatzes.“

14.52 Uhr: Der Übergangsrat in Libyen will die belagerte Gaddafi-Hochburg Bani Walid bis zum Wochenende nicht stürmen lassen. Für alle noch verbliebenen Enklaven von Ex-Diktator Gaddafi gelte weiterhin die bis zum 10. September gesetzte Frist für eine Übergabe, sagte der Chef Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil dem britischen Sender BBC in Bengasi. Die Aufständischen hatten vor Bani Walid Hunderte Kämpfer zusammengezogen. Zuvor waren offizielle Verhandlungen zwischen den Rebellen sowie Stammesältesten und Anhängern Gaddafis ohne Ergebnis abgebrochen worden.

13.36 Uhr: Wie eng war die Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und dem Gaddafi-Regime in Libyen? Nach dem Fund von Geheimdienstdokumenten in Tripolis kommen dazu immer mehr Details ans Licht. Britische Medien berichteten, dass die Geheimdienste beider Länder gemeinsam dafür gesorgt hätten, dass ein Terrorverdächtiger und dessen Familie nach Tripolis gebracht wurden. Dort habe ihnen Folter gedroht. Es soll sich um den heutigen Rebellenführer Abdel Hakim Belhadsch handeln, der nach eigenen Angaben 2004 von den Briten an das Regime Gaddafi ausgeliefert worden war. Er fordert einem Bericht der „Times“ zufolge eine Entschuldigung von der britischen Regierung. Er habe mit einer Klage gedroht.

13.11 Uhr: Die Rebellen haben ihre Belagerung einer der letzten Hochburgen des bisherigen Machthabers Gaddafi fortgesetzt. Nach dem Scheitern von Verhandlungen über eine friedliche Übergabe der Wüstenstadt Bani Walid warteten die Aufständischen nach eigenen Angaben auf den Befehl zum entscheidenden Angriff. Zugleich wollten die Rebellen der Stadt aber noch die Möglichkeit einräumen, sich zu ergeben und einen Kampf zu vermeiden.

11.49 Uhr: Der arabische Sender al-Dschasira berichtet, die Rebellen hoffen, dass sich die Bevölkerung in der Gaddafi-Hochburg Bani Walid auflehnen. Die Verhandlungen zwischen den Gaddadfi-Anhängern und den anrückenden Rebellen waren gescheitert.

10.50 Uhr: Die chinesische Regierung hat den Versuch des Gaddafi-Regimes bestätigt, sich in den letzten Wochen noch Waffen in China zu besorgen. Die Sprecherin des Außenministeriums, Jiang Yu, betonte, dass die Regierung in Peking nicht darüber informiert worden sei. Es seien auch keine Verträge unterzeichnet und keine Waffen geliefert worden. China befolge die Uno-Sanktionen und das Waffenembargo.

9.58 Uhr: Die Vereinten Nationen haben die massenhafte Verbreitung von Waffen in Libyen als eines der dringendsten Probleme nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Gaddafi bezeichnet. Auch für die Nachbarstaaten sei dies dringend, sagte der Uno-Sonderberater Ian Martin der Nachrichtenagentur Reuters. Er habe Gespräche mit dem Innenministerium der Übergangsregierung über die Herausforderungen bei der inneren Sicherheit geführt. Dazu gehöre der Neuaufbau der libyschen Polizei.

Die Kämpfer des libyschen Übergangsrates stehen nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Anhängern von Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi vor einem Angriff auf die Wüstenstadt Bani Walid. Der Übergangsrat erklärte die Gespräche für beendet. Bani Walid ist eine der letzten verbliebenen Hochburgen des untergetauchten Gaddafi. Einige Mitglieder des Übergangsrates vermuten, dass sich Mitglieder der Familie Gaddafi oder sogar der ehemalige Machthaber selbst in Bani Walid versteckt halten. Die Kämpfer rückten auch weiter auf Gaddafis Geburtsstadt Sirte vor. Dort werde noch verhandelt, aber die Zeit eines Angriffs rücke auch dort näher, erklärte ein Sprecher des Übergangsrates.

Derweil forderte der italienische Außenminister Franco Frattini den Westen auf, beim Aufbau einer neuen Regierung in Libyen nicht die Fehler aus dem Irak zu wiederholen. So warnte er vor einer möglichen Infiltration der zukünftigen libyschen Regierung durch Extremisten. Es wäre ein „großer Fehler“, wie in der Nachkriegszeit des Iraks alle Bürokraten auszutauschen.

Westliche Geheimdienste wie die CIA haben eng mit dem Geheimdienst Gaddafis zusammengearbeitet. Das geht aus Dokumenten hervor, die im Gebäude des libyschen Geheimdienstes in Tripolis gefunden wurden. Hinweise auf Verbindungen zwischen westlichen Geheimdiensten und dem des libyschen Regimes gab es zwar auch schon zuvor, in den jetzt aufgetauchten Unterlagen finden sich jedoch neue Details. Viele dieser Länder beteiligten sich an den Nato-Angriffen, die den Rebellen beim Sturz Gaddafis halfen.

Die CIA ließ demnach auch Terrorverdächtige zu Verhören nach Libyen fliegen, wie aus Unterlagen hervorgeht, die die Nachrichtenagentur AP am Sonnabend einsehen konnte. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einem schwarzen Kapitel in der Geschichte des US-Geheimdienstes.

China hat nach Medienberichten trotz eines Embargos noch in den letzten Wochen des Gaddafi-Regimes versucht, Waffen an Tripolis zu verkaufen. Es habe sich um Panzer, Raketenwerfer und Munition im Wert von 200 Millionen Dollar gehandelt, berichteten die „New York Times“ und die kanadische Zeitung „The Globe and Mail“ am Montag. Dies hätten Mitarbeiter des libyschen Übergangsrats am Sonntag mitgeteilt. Sie hätten sich dabei auf Unterlagen berufen, die von einem kanadischen Korrespondenten entdeckt worden seien.

Die Dokumente in Arabisch, die auf der Webseite der „Globe and Mail“ veröffentlicht wurden, seien authentisch, zitierte die „New York Times“ Mitglieder des Übergangsrats. Diesen Angaben zufolge sollten die Waffen von staatlichen chinesischen Firmen über Südafrika oder Algerien an das Regime des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi geliefert werden.

Mitarbeiter des US-Außenministeriums und des Pentagon erklärten, sie wüssten nichts über einen solchen Handel und benötigten mehr Zeit, die Unterlagen zu prüfen. Ein Nato-Sprecher in Brüssel äußerte Zweifel an den Angaben, betonte aber, er kenne die Unterlagen nicht.

Auch der britische Inlandsgeheimdienst MI 5 soll eng mit dem Gaddafi-Regime zusammengearbeitet haben. Das gehe aus Dokumenten hervor, die in der verlassenen britischen Botschaft in Tripolis gefunden worden seien, berichtet die „Sunday Times“. So soll der MI 5 aus Libyen Informationen über inhaftierte Terrorverdächtige angefordert haben, die womöglich Folter ausgesetzt waren. Die Briten wiederum hätten Informationen über Gaddafi-Gegner geliefert, die im Königreich lebten.

Unter den Fundstücken ist der Zeitung zufolge auch ein Brief des früheren britischen Premierministers Tony Blair an den Gaddafi-Sohn Saif al-Islam aus dem Jahr 2007. Darin habe er diesem bei dessen Doktorarbeit geholfen. Der Brief beginne mit den Worten „Lieber Ingenieur Saif“ und sei unterzeichnet mit „die besten Wünsche, hochachtungsvoll, Tony Blair“.

Das Boulevardblatt „Daily Mail“ gab ebenfalls an, Papiere aus dem Fund gesehen zu haben. Daraus werde klar, dass Libyen Großbritannien unter großen Druck gesetzt habe, den Lockerbie-Bomber Abdel Bassit al-Megrahi freizulassen. Das Regime habe mit „schrecklichen Konsequenzen“ für die britisch-libyschen Beziehungen gedroht. Der Libyer ist als einziger für das Attentat auf ein US-Passagierflugzeug über dem schottischen Ort Lockerbie 1988 verurteilt worden, bei dem 270 Menschen starben. Er war vor rund zwei Jahren wegen einer Krebserkrankung begnadigt worden. Der britische Außenminister William Hague hatte betont, man äußere sich grundsätzlich nicht zu Geheimdienstfragen. (dpa/dapd/rtr/abendblatt.de)