Während fast seine ganze Familie nach Algerien geflohen ist, soll der Machthaber noch im Land sein. Container-Verkehr soll wieder anlaufen.
Tripolis/Algier. Nach ihrer Flucht nach Algerien hat die Tochter des untergetauchten libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi ein Mädchen zur Welt gebracht. Das teilte das algerische Gesundheitsministerium am Dienstag mit. Angaben darüber, wo Gaddafis Tochter Aisha ihre Tochter geboren hat, machte das Ministerium nicht.
Das Außenministerium in Algier hatte am Montag die Einreise von Gaddafis Ehefrau Safia, sowie seinen Kindern Hannibal, Mohammed und Aisha bestätigt. Algerische Medien hatten bereits spekuliert, die Schwangerschaft Aishas sei einer der Gründe gewesen, warum den Gaddafi-Angehörigen die Einreise erlaubt worden sei.
Aisha Gaddafi ist Mitte Dreißig und soll bereits drei Kinder haben. Die in Algerien geborene Tochter wäre das vierte der einzigen biologischen Tochter Gaddafis. Unter anderem arbeitete sie in dem Verfahren, das zur Hinrichtung des gestürzten irakischen Diktators Saddam Hussein führte, als Anwältin für dessen Verteidigung.
In Libyen selbst war sie in den zwei Jahren vor Beginn des Aufstands Botschafterin des guten Willens für das UN-Entwicklungshilfeprogramm. In dieser Position sollte sie sich vor allem dem Kampf gegen Armut, HIV und Gewalt gegen Frauen widmen. Selbst hat sich Aisha Gaddafi gerne als Philanthropin dargestellt, doch Nachbarn beklagten, sie habe ein Krankenhaus niederreißen lassen, um ihre Luxusvilla zu bauen. In dem zweistöckigen Gebäude fanden die Rebellen nach der Eroberung von Tripolis unter anderem ein Kinderzimmer mit Unmengen an Spielsachen. Unter den vielen DVDs Aisha Gaddafis war auch ein Fitnessvideo für Mütter nach der Geburt.
Nach neuen Nato-Luftangriffen auf Militäreinrichtungen in Libyen hat der Übergangsrat den Truppen von Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi unterdessen ein Ultimatum bis Samstag gestellt. „Länger können wir nicht warten“, sagte der Chef des Rates, Mustafa Abdul Dschalil, am Dienstag in Bengasi. Um ein Blutvergießen zu vermeiden, sollten sie Gaddafis Heimatstadt Sirte friedlich übergeben. „Wir können die Situation militärisch lösen, aber das wollen wir nicht“, sagte Dschalil. Auch in den wenigen anderen verbliebenen Hochburgen sollten sich die letzten Gaddafi-Getreuen ergeben.
Die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den Aufständischen in Libyen und dem Nachbarland Algerien haben sich weiter verschlechtert. Der Übergangsrat forderte, dass Algerien die Ehefrau Gaddafis sowie drei Kinder des Ex-Diktators ausliefert. Deren Flucht aus Libyen war am Vortag offiziell bestätigt worden. Der gestürzte Machthaber blieb weiter verschwunden.
Am Dienstag hielten Kämpfer der ehemaligen Regierungstruppen noch Sirte sowie die Wüstenstadt Sebha im Zentrum des Landes. Seit Tagen versuchen die Rebellen, unter Vermittlung von Stammesältesten beide Gaddafi-Hochburgen zur Aufgabe zu bewegen. Ziel ist es, ein Blutvergießen sowie die Zerstörung der Städte zu vermeiden.
Nato-Kampfflugzeuge nahmen die letzten Hochburgen Gaddafis erneut unter Beschuss. Zahlreiche Militäreinrichtungen in Sirte und in Bani Walid seien Ziel von Angriffen gewesen, teilte die Nato mit. Insgesamt seien 42 Kampfeinsätze geflogen worden. Bani Walid – etwa 100 Kilometer südöstlich von Tripolis – gilt als eines der möglichen Verstecke Gaddafis.
Der Militäreinsatz der Nato in Libyen steht nach fünf Monaten Dauer vor seinem Ende. „Der Einsatz wird so lange wie nötig dauern, aber keinen Tag länger“, sagte Bündnissprecherin Oana Lungescu am Dienstag in Brüssel. „Es sieht so aus, als seien wir fast so weit, aber wir sind noch nicht ganz da.“ Sie bekräftigte, die Nato habe keine Absicht, nach dem Ende des Militäreinsatzes Bodentruppen nach Libyen zu schicken.
Frankreichs Außenminister Alain Juppé brachte unterdessen eine Beobachtermission ins Gespräch, an der sich auch Deutschland beteiligen sollte. Dabei gehe es nicht um militärische Hilfe, sagte Juppé der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch). Frankreich „wäre froh darüber“, wenn Deutschland sich an einer solchen Beobachtermission beteilige. „Es braucht eine Wiederaufbautruppe, aber keine Interventionstruppe“, sagte Juppé.
Die Aufnahme der zweiten Ehefrau Gaddafis sowie von drei Kindern in Algerien sei ein „Akt der Aggression“, sagte Mahmud Schammam, der Informationsminister der Übergangsregierung. Er warnte Algerien, auch Gaddafi Unterschlupf zu gewähren. Jeder, der dies versuche, sei ein „Feind des libyschen Volkes“. Der Übergangsrat will die Gaddafi-Familie in Libyen vor Gericht stellen.
Algerien hat der Ehefrau des langjährigen libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi sowie weiteren Familienangehörigen die Einreise ins Land aus „humanitären Gründen“ erlaubt. In einem Brief der Nachrichtenagentur AP vorliegenden Brief des algerischen UN-Botschafter Murad Benmehidian an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen heißt es, dass am Montagmorgen um 8.45 Uhr (Ortszeit) ein Bus und ein Mercedes von Libyen kommend auf algerischem Boden eingetroffen seien. In den Fahrzeugen hätten sich Safia Gaddafi, ihre Tochter Aisha, die Söhne Hannibal und Mohammed sowie ihre Kinder befunden. Über den Aufenthaltsort Gaddafis gibt es weiterhin keine gesicherten Erkenntnisse.
Gaddafis Sohn Chamis, der eine Eliteeinheit seines Vaters gegen die Rebellen kommandierte, soll nach übereinstimmenden Berichten erschossen worden sein. Die Nato hat dazu keine eigenen Erkenntnisse. Berichte über den Tod von Chamis würden von der Nato derzeit als „Gerüchte“ betrachtet, sagte Militärsprecher Roland Lavoie.
US-Außenministerin Hillary Clinton sicherte dem Übergangsrat der Aufständischen „schnelle und entschlossene“ Hilfe der USA und ihrer Partner zu. „Die kommenden Tage und Wochen werden für das libysche Volk entscheidend sein“, teilte Sprecherin Victoria Nuland am Dienstag in Washington mit.
Clinton werde zu einem Treffen der Libyen-Kontaktgruppe an diesem Donnerstag in Paris reisen, zu der sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt hat. Ziel der Beratungen sei es, die finanzielle und politische Unterstützung der internationalen Gemeinschaft für den Übergangsrat weiter abzustimmen.
Unterdessen nahm auch die iranische Führung erstmals Kontakt zum Übergangsrat auf. Der von Aufständischen, Stammesältesten und Oppositionspolitikern gegründete Rat wird inzwischen von mehr als 50 Staaten als rechtmäßiger Vertreter des libyschen Volkes anerkannt.
Die schillernde Familie ist nach Algerien geflohen, die Tochter Aisha hat dort ein Kind geboren. Diktator Muammar al-Gaddafi soll sich noch in Libyen aufhalten. Die Ereignisse und Zusammenfassungen des Tages im Live-Ticker bei abendblatt.de:
22.56 Uhr: Laut eines Briefes des algerischen UN-Botschafters Murad Benmehidian an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat Algerien der Ehefrau Gaddafis sowie weiteren Familienangehörigen die Einreise ins Land "aus humanitären Gründen" gestattet. Am Montagmorgen sei um 8.45 Uhr Ortszeit ein Bus und ein Mercedes von Libyen kommend auf algerischem Boden eingetroffen, in dem sich Safia Gaddafi, ihre Tochter Aisha, die Söhne Hannibal und Mohammed sowie ihre Kinder befunden hätten.
20.49 Uhr: Die größte Container-Reederei der Welt, Maersk, will am 8. September wieder den Frachtverkehr nach Libyen aufnehmen. Zunächst würden die Schiffe allerdings nur den Hafen von Bengasi anlaufen, teilte der dänische Konzern am Dienstag mit. Später werde man die Möglichkeit prüfen, auch andere Häfen im Land anzulaufen, dabei müsse aber auch die Sicherheit der Mannschaften bedacht werden, hieß es weiter.
19.40 Uhr: Die libyschen Rebellen haben sich zuversichtlich geäußert, den bisherigen Machthaber Muammar al Gaddafi festnehmen zu können. Man habe eine „gute Vermutung“ darüber, wo Gaddafi sich aufhalten könne, sagte Ali Tarhuni, Minister im Nationalen Übergangsrat der Rebellen, vor Journalisten in Tripolis. Nähere Einzelheiten nannte er nicht.
18.45 Uhr: Für die Wasserknappheit in der libyschen Hauptstadt Tripolis sind nach Aussage der Rebellen Anhänger des bisherigen Machthabers Muammar al Gaddafi verantwortlich. Diese hätten vor einer Woche Reparatureinheiten in der Wüste angegriffen, die versucht hätten, Brunnen instand zu setzen, sagte der Rebellenvertreter Aref Ali Najeb.
18.44 Uhr: Frankreichs Außenminister Alain Juppé hat eine Beobachtermission für Libyen ins Gespräch gebracht, an der sich auch Deutschland beteiligen solle. Dabei gehe es nicht um militärische Hilfe, sagte Juppé der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch). „Man wird Beobachter nach Libyen entsenden müssen. Es braucht eine Wiederaufbautruppe, aber keine Interventionstruppe.“
18.35 Uhr: Im sechs Monate andauernden libyschen Bürgerkrieg sind einem Kommandeur des Übergangsrates zufolge rund 50.000 Menschen ums Leben gekommen. Allein in den umkämpften Städten Misrata und Slitan seien zwischen 15.000 und 17.000 Menschen getötet worden, sagte der Oberst Hischam Buhagiar
16.21 Uhr: Zwei Schiffe mit Trinkwasser sind von Malta aus in Richtung Libyen in See gestochen. Eines der von der maltesischen Regierung gecharterten Schiffe ist mit 350 Tonnen Trinkwasser in Flaschen beladen. Das Gros wurde von den maltesischen Wasserwerken gestiftet.
16.07 Uhr: Algerien hat nach der Einreise von Teilen der Familien Gaddafi mit der Schließung der Grenze zu Libyen begonnen. Sicherheitskräfte seien dazu an die südöstliche Grenze entsandt worden, berichte die Zeitung „El Watan“. Das algerische Außen- und Verteidigungsministerium wollten den Bericht nicht kommentieren. Tags zuvor hatte das Außenministerium die Einreise von Gaddafis Ehefrau Safia sowie seinen Kindern Hannibal, Mohammed und Aisha bestätigt. Nach Berichten der algerischen Zeitung „Echourouk“ sind insgesamt 31 Personen aus dem Gaddafi-Clan nach Algerien eingereist.
15.29 Uhr: Aisha Gaddafi, die Tochter des untergetauchten Machthabers Muammar al-Gaddafi hat in Algerien ein Mädchen zur Welt gebracht. Das teilte das algerische Gesundheitsministerium mit.
15.21 Uhr: Die Nato sieht ein baldiges Ende ihres Militäreinsatzes in Libyen. „Der Einsatz wird so lange wie nötig dauern, aber keinen Tag länger“, sagte Bündnissprecherin Oana Lungescu in Brüssel. „Es sieht so aus, als seien wir fast so weit, aber wir sind noch nicht ganz da.“ Solange Gaddafis Truppen noch eine Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellten, „gibt es noch Arbeit, und wir werden diese Arbeit erledigen“. Pläne für Bodentruppen gebe es nicht.
14.48 Uhr: Gaddafi soll sich einem britischen Fernsehbericht zufolge noch bis Freitag in Tripolis befunden haben. Von dort habe er sich in die Wüstenstadt Sabha im Süden des Landes begeben, meldete Sky News unter Berufung auf einen früheren Leibwächter des Gaddafi-Sohnes Chamis. Gaddafi habe sich am Freitag mit Chamis in Tripolis getroffen. Später sei auch Gaddafis Tochter Aisha dazugekommen. Sie seien nach einem kurzen Moment in Geländewagen gestiegen und fortgefahren, sagte der 17-jährige Leibwächter.
13.57 Uhr: Der Übergangsrat hat der noch von Gaddafi-Anhängern kontrollierten Stadt Sirte ein Ultimatum gestellt. Die dort und auch noch in einigen anderen Orten aktiven Soldaten hätten noch bis Sonnabend Zeit, sich zu ergeben, erklärte der Rat, der als provisorische Regierung fungiert. Andernfalls werde mit militärischer Gewalt gegen sie vorgegangen. Der Chef des Rates, Mustafa Abdel Dschalil, ließ zugleich keinen Zweifel daran, dass die Libyer die Lage allein in den Griff bekommen wollen. Der Übergangsrat sei mit ausländischen Mächten übereingekommen, dass keine ausländischen Truppen in dem nordafrikanischen Land benötigt würden.
12.42 Uhr: Das Welternährungsprogramm (WFP) hat Bewohner und Flüchtlinge in Libyens Hauptstadt Tripolis erstmals seit Beginn des Volksaufstandes mit Lebensmitteln beliefert. Etwa 600 Tonnen Grundnahrungsmittel, darunter Mehl, Nudeln und Speiseöl wurden von Mitarbeitern des Roten Halbmonds an 35.000 Menschen verteilt, wie die Uno-Organisation in Rom mitteilte.
12.21 Uhr: Der Sicherheitsexperte und Ex-Diplomat Wolfgang Ischinger hält eine deutsche Teilnahme an einem möglichen Uno-Friedenseinsatz in Libyen nicht für zwingend. Zwar müsste eine Entsendung der Bundeswehr selbstverständlich geprüft werden, wenn die Vereinten Nationen eine solche Mission beschließen sollten, sagte der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz der dpa. „Das heißt aber keineswegs, dass wir bei jedem Stabilisierungseinsatz immer in der vordersten Reihe dabei sein müssen.“ Nur weil Deutschland an den Luftschlägen der Nato nicht teilgenommen hat, müsse es nun nicht unbedingt bei der nächsten militärischen Runde dabei sein.
11.27 Uhr: Nach der Flucht von Gaddafis Frau, Söhnen und Tochter nach Algerien haben die Rebellen in Libyen die Auslieferung der Familie verlangt.
11.02 Uhr: Die Kampfflugzeuge der Nato konzentrieren ihre Bombenangriffe in Libyen offenkundig auf Ziele in den noch verbliebenen Hochburgen des früheren Machthabers Gaddafi. Nach Angaben der Nato waren zahlreiche Militäreinrichtungen in Gaddafis Geburtsort Sirte Ziel von Angriffen. Die Nato berichtete auch über Bombardierungen in Bani Walid südöstlich von Tripolis.
10.21 Uhr: Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) hat zwei Chirurgen-Teams nach Tripolis entsendet. Zu ihnen gehört auch die DRK-Ärztin und Anästhesistin Dr. Heide Beckmann. Da die medizinische Versorgung aufgrund der Kämpfe in verschiedenen Teilen der Stadt zusammengebrochen ist, konnten viele Verwundete bislang nicht behandelt werden.
10.02 Uhr: Schwere Vorwürfe: Truppen des untergetauchten Machthabers Gaddafi haben offenbar Kinder als „menschliche Schutzschilde“ gegen Luftangriffe der Nato eingesetzt. Wie die Organisation Ärzte für Menschenrechte mitteilte, ergab eine Befragung von Einwohnern der über viele Wochen umkämpften Stadt Misrata im Juni, dass zudem Kriegsverbrechen wie systematische Vergewaltigungen, Tötungen von Zivilisten und das Verwenden von Moscheen und Schulen als Munitionslager begangen worden seien. Augenzeugen hätten berichtet, dass 107 Zivilpersonen bei Luftangriffen gezwungen worden seien, in der Nähe militärischer Anlagen zu bleiben, hieß es.
8.52 Uhr: Die US-Regierung hat an den Übergangsrat in Libyen appelliert, den Fall des seit seiner Freilassung in Tripolis lebenden Lockerbie-Attentäters zu prüfen. Die Aufständischen sollten sich damit auseinandersetzen, wie mit der Rückkehr Abdel Baset al-Megrahis nach Libyen umgegangen worden sei, erklärte das Außenministerium. Al-Megrahi war nach seiner Ankunft im Jahr 2009 von Anhängern des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi wie ein Held empfangen worden. Regierungsvertreter hätten wegen des Falls ranghohe Mitglieder des nationalen Übergangsrats der Rebellen kontaktiert, sagte Ministeriumssprecherin Victoria Nuland. Ein „neues, freies und demokratisches Libyen“ werde vermutlich eine andere Haltung „gegenüber einem verurteilten Terroristen“ vertreten, als dies bislang der Fall gewesen sei. Der krebskranke Mann liegt nach Angaben seiner Familie im Koma.
In einem Auto-Konvoi ab über die Grenze: Die Familie von Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi hat sich aus ihrer Heimat abgesetzt. Und die libysche Übergangsregierung kritisierte die Aufnahme von Familienmitgliedern des untergetauchten Gaddafi in Algerien als „Akt der Aggression“. Libyen verlangt ihre Auslieferung, sagte Informationsminister Mohammed Schammam.
Gaddafis Frau Safija, die Söhne Hannibal und Mohammed sowie die hochschwangere Tochter Aischa sind nach Angaben des algerischen Außenministeriums am Montag in Algerien eingetroffen. Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon und die libysche Übergangsregierung seien davon unterrichtet worden, berichtete die algerische Nachrichtenagentur APS unter Berufung auf das Ministerium.
Über den Aufenthaltsort Gaddafis gibt es weiterhin keine gesicherten Erkenntnisse. Der Ex-Diktator soll noch in Libyen sein. Nach einem Bericht der italienischen Nachrichtenagentur Ansa ist er in Bani Walid 100 Kilometer südöstlich von Tripolis untergetaucht. Gaddafi sei mit seinem Sohn al-Saadi zusammen, während die Familie sich in Algerien aufhalte, meldete die Agentur unter Berufung auf „diplomatische libysche Quellen“. Gaddafis Sohn Chamis, der eine Eliteeinheit seines Vaters gegen die Rebellen kommandierte, sei mit höchster Wahrscheinlichkeit während des Rückzugs auf der Straße nach Bani Walid erschossen worden.
Die algerische Zeitung „El Watan“ berichtete, Algerien wolle nun die Grenze zu Libyen schließen. Zur Aufnahme von Familienmitgliedern Gaddafis in Algerien, sagte Schammam: „Dies ist ein Akt der Aggression gegen das libysche Volk und seine Hoffnungen. Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um diese Kriminellen zurückzubekommen und sie vor Gericht zu stellen.“ Die Rebellen haben ein Kopfgeld von gut einer Million Euro auf Gaddafi ausgesetzt.
Zugleich warnte Schammam laut einem Bericht des arabischen Nachrichtensenders al-Dschasira davor, Gaddafi selbst Unterschlupf zu gewähren. Jeder, der dies versuche, sei ein „Feind des libyschen Volkes“. Der Rebellenvormarsch auf die Geburtsstadt Gaddafis kommt unterdessen nur langsam voran. Für die Operation in der Küstenstadt Sirte fehlten erfahrene Kämpfer, berichtete eine Korrespondentin des Nachrichtensenders al-Dschasira. Die Nato beschoss nach eigenen Angaben zuletzt Radarstationen sowie Abschussbasen für Boden-Luft-Raketen in der Umgebung von Sirte.
Die Übergangsregierung in Tripolis verhandelte weiter mit Stammesführern in Sirte über eine friedliche Übergabe der Stadt. Nach Einschätzung der militärischen Führung könnte es noch zehn Tage dauern, bis die Rebelleneinheiten Sirte erreicht haben.
Der Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, rief die Nato zur Fortsetzung des Kampfes gegen Gaddafi auf. Gaddafi sei „immer noch in der Lage, etwas Grauenvolles anzurichten“, sagte Dschalil in Doha bei einem Treffen mit Vertretern der Nato-Staaten. „Wenn die Nato Libyen nicht unterstützt hätte, wäre es zum größten Massaker in der modernen Menschheitsgeschichte gekommen.“
Ein Nato-Vertreter sagte, der Einsatz des Bündnisses sei noch nicht zu Ende, schließe aber keine Bodentruppen in Libyen ein. „Die Anwesenheit solcher Truppen hängt von der Entscheidung des Nationalen Übergangsrates ab, der bestimmt, was in der nächsten Phase geschieht“, sagte der Kommandeur der Nato-Einsatzzentrale in Neapel, Samuel J. Locklear, der Nachrichtenagentur dpa.
Unterdessen bleibt die Versorgungslage in der Millionenmetropole Tripolis kritisch. Die Lebensmittelgeschäfte hätten am Montag wieder geöffnet, die Regale seien aber meist leer, berichtete eine Al-Dschasira-Reporterin. Zudem gebe es kaum Wasser, Strom nur zeitweise. Nach Angaben des Uno-Kinderhilfswerks Unicef kämpfen humanitäre Organisationen in Tripolis vor allem mit logistischen Problemen. Zwar kämen Medikamente oder Wasser in der libyschen Hauptstadt an, sagte Sprecher Rudi Tarneden der Nachrichtenagentur dpa. Bei der Verteilung werde aber die Hilfe von Behörden oder örtlichen Organisationen benötigt – und die sei schwer zu organisieren. Am Montag eröffnete die EU in Tripolis ein Büro für humanitäre Hilfe.
Trotz der schlechten Versorgungslage kehren bereits viele Libyer, die nach Tunesien geflohen waren, in ihre Heimat zurück. Anders als in der vergangenen Woche, als täglich Hunderte Familien über den Grenzübergang Wassan nach Tunesien gefahren waren, bildeten sich nun Warteschlangen in die andere Richtung, berichtete eine dpa-Reporterin.
Einen Tag nach der Entdeckung von bis zu 150 verkohlten Leichen in einem Lagerhaus in Tripolis, bei denen es sich um Opfer der Gaddafi-Truppen handeln soll, appellierte ein Sprecher der Übergangsregierung an die eigenen Anhänger, keine Rache zu nehmen. Gleichzeitig rief er alle Einwohner der Stadt dazu auf, sich am Wiederaufbau zu beteiligen.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erhob schwere Vorwürfe gegen Gaddafi-Getreue. Es gebe Beweise für willkürliche Hinrichtungen von Häftlingen, als die Rebellen in die Hauptstadt Tripolis einrückten. Selbst medizinisches Personal sei getötet worden. Auch in Krankenhäusern waren zahlreiche Leichen entdeckt worden. (dpa/dapd/rtr/abendblatt.de)