Die Kanzlerin steht hinter ihm, ein CSU-Mann grantelt gegen den Außenminister. Die Diskussion um den angeschlagenen Guido Westerwelle geht weiter.
Berlin. Immerhin: Sein Duzfreund steht zu ihm: Horst Seehofer, Bayerns Ministerpräsident, hat dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle den Rücken gestärkt. „Wir wollen, dass jedes Mitglied der Bundesregierung stark ist“, sagte Seehofer. Er fügte hinzu, die CSU wolle auch „einen starken Koalitionspartner FDP“. Es sei sein fester Vorsatz, dass innerhalb des „bürgerlichen Lagers“ nicht öffentlich übereinander diskutiert werde. Seehofer ging deshalb nicht konkret auf die Kritik an Westerwelle wegen dessen Äußerungen zum Umsturz in Libyen ein.
Westerwelle ließ einen Rücktritt dementieren – auch wenn die Kritik an seiner Amtsführung am Wochenende bedrohlich scharf angeschwollen war. Westerwelle gilt als Minister auf Bewährung – so hat es verklausuliert auch sein Nachfolger als Parteichef, Philipp Rösler, intoniert. Nun will die FDP-Spitze die Personaldebatte um Westerwelle möglichst rasch beenden. Öffentliche Äußerungen, die die Diskussion befeuern könnten, wurden am Montag tunlichst vermieden. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte eigens eine seit längerem geplante Pressekonferenz in Berlin ab.
Parteichef Rösler machte deutlich, dass er Westerwelle weiter als Mitglied der Führungsriege der FDP sieht. „Es war meine wohl überlegte Entscheidung, uns mit diesem Team in der Bundesregierung zu bewähren; das gilt auch für den Bundesaußenminister“, sagte er der „Rheinischen Post“.
Auch Kanzlerin Angela Merkel stellte sich hinter Westerwelle. „Die Bundeskanzlerin arbeitet mit ihrem Außenminister vertrauensvoll zusammen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Rösler bekennt sich damit zu der Mannschaft, die er beim Führungswechsel im Mai als bestes Team für die Führung der FDP gepriesen hatte. Die zweite Botschaft lautet unmissverständlich: Westerwelle muss sich bewähren und steht auf Abruf.
Angesichts der Debatte über Westerwelle fordert der CSU-Europapolitiker Bernd Posselt einen Außenminister aus den Reihen der Union. Die Bundesrepublik müsse „zumindest mittelfristig“ wieder einen christdemokratischen oder -sozialen Außenminister erhalten, sagte Posselt in Berlin. Auf diesem immer wichtigeren Gebiet dürfe es nicht zur Regel werden, „dass der Schwanz mit dem Hund wedelt“, so der CSU-Europaabgeordnete. Von den Grünen und der SPD kam ebenfalls heftige Kritik an Westerwelle – bis hin zur Rücktrittsforderung.
Westerwelle ging zu Wochenbeginn den normalen Regierungsgeschäften nach, musste sich von seinem französischen Amtskollegen Alain Juppe unterschwellig aber für die von ihm forcierte deutsche Haltung in der Libyen-Frage kritisieren lassen. Der viel gescholtene deutsche Chefdiplomat gab sich einsichtig und zollte in einer Rede vor deutschen Diplomaten dem Beitrag Frankreichs und der Verbündeten bei der Durchsetzung der Libyen-Resolution des Uno-Sicherheitsrats Respekt. Am Wochenende hatte er nach internem Druck in einem Beitrag für die „Welt am Sonntag“ erstmals lobende Worte für die Alliierten gefunden – wenn auch versteckt in einem langen Artikel über außenpolitische Grundsätze.
Viele Parteimitglieder hatten vergangene Woche unter der Hand ihren Unmut über Westerwelle zum Ausdruck gebracht. Sie bemängeln, dass er die von Deutschland unterstützten Sanktionen als Erfolgsrezept des Umschwungs in Libyen darstellte, den Einsatz der Nato aber mit keinem Wort gewürdigt hatte.
Für Rösler gibt es noch einen weiteren gewichtigen Grund, an Westerwelle festzuhalten: Mit dem Abgang des Außenministers wäre der von Rösler selbst entschiedene Umbau der Führungsriege nach gerade mal drei Monaten gescheitert. Denn er und die junge Garde hatten sich ausdrücklich zu Westerwelle als Außenminister bekannt. Rösler sieht sich nach mehr als 100 Tagen im Amt selbst dem Vorwurf ausgesetzt, der Partei bislang kaum Popularitätszuwächse beschert zu haben.
Am Dienstag trifft sich die FDP-Bundestagsfraktion zur Herbstklausur auf Schloss Bensberg in Nordrhein-Westfalen. Bis Donnerstag wollen die FDP-Abgeordneten über die Strategie der kommenden Monate beraten. Dazu gehören neben der Euro-Rettung auch die Themenbereiche Steuern, Bildung und Bürgerrechte. Die Liberalen wollten mit „Brot- und Butterthemen“ überzeugen, kündigte Fraktionschef Rainer Brüderle an. Brüderle war im Frühjahr an die Fraktionsspitze gewählt worden. Das Amt des Wirtschaftsministers hatte er zuvor an den neuen FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler abgeben müssen. (rtr/dpa/abendblatt.de)