Am Montagmorgen brachten die Rebellen auch den Grünen Platz im Herzen von Tripolis unter ihre Kontrolle. Das Gaddafi-Regime ist am Ende.
Tripolis/Doha/Washington. Das Regime von Muammar al-Gaddafi ist nach 42 Jahren am Ende. In Libyens Hauptstadt Tripolis bejubelten Tausende den Sieg der Aufständischen. In der Rebellenhochburg Bengasi und anderen Städten wurden Feuerwerkskörper gezündet und Freudenschüssen abgefeuert. "Wir gratulieren dem libyschen Volk zum Sturz von Muammar al-Gaddafi und rufen das libysche Volk auf, auf die Straßen zu gehen und das öffentliche Eigentum zu beschützen. Lang lebe das freie Libyen“, heißt es in einer am Morgen verbreiteten Erklärung des Übergangsrates, berichtete die "New York Times“ auf ihrer Website. Am frühen Montagmorgen war Tripolis nach Angaben der Rebellen bis auf wenige Widerstandsnester vollständig in der Hand der Regimegegner.
+++ Götterdämmerung in Tripolis +++
Die Leibgarde von Gaddafi habe die Waffen niedergelegt, berichteten Sprecher der Aufständischen im Sender Al-Dschasira. Zwei Söhne des Despoten wurden festgenommen, ein dritter unter Hausarrest gestellt. Über den Aufenthaltsort von Gaddafi selbst lagen zunächst keine Informationen vor. Ein Vertreter des Übergangsrates sagte, er "glaube nicht, dass Gaddafi noch in Tripolis“ sei.
Am frühen Montagmorgen brachten die Rebellen auch den Grünen Platz im Herzen von Tripolis unter ihre Kontrolle. Fernsehsender zeigten Hunderte von Menschen, die auf dem Platz in der Nähe des Anwesens von Gaddafi feierten und Freudenschüsse abgaben. Andere schossen auf Riesenposter mit dem Konterfei von Gaddafi. Laut Al-Dschasira kündigte die Rebellen an, den Platz wieder in "Platz der Märtyrer“ umzubenennen.
Viele Soldaten Gaddafis seien gefangen genommen worden, hieß es. Andere würden immer noch Widerstand leisten. Gaddafis Regierungssprecher Mussa Ibrahim sagte am Sonntagabend, in Tripolis habe es seit dem Mittag mindestens 1300 Tote gegeben.
US-Präsident Barack Obama sieht Libyen vor dem Wendepunkt. Tripolis entgleite dem "Griff eines Tyrannen“, das Regime zeige Anzeichen des Zusammenbruchs, erklärte Obama am Sonntagabend (Ortszeit) nach einer Mitteilung des Weißen Hauses in Washington. Der sicherste Weg, um das Blutvergießen zu beenden, sei einfach: "Muammar al-Gaddafi und sein Regime müssen erkennen, dass ihre Herrschaft zu einem Ende gekommen ist.“ Gaddafi müsse einsehen, dass er Libyen nicht länger kontrolliere. "Er muss ein für alle Mal die Macht aufgeben.“
In dieser historischen Zeit müsse der nationale Übergangsrat der Rebellen die notwendige Führungsstärke zeigen, um das Land durch die Phase des Übergangs zu steuern. Obama erklärte weiter: „Wir werden weiterhin mit unseren Alliierten und Partnern in der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um das libysche Volk zu beschützen und einen friedlichen Übergang zur Demokratie zu unterstützen.“
Auch die Nato rechnet mit einem schnellen Ende des Regimes. "Heute können wir anfangen, eine neue Zukunft aufzubauen“, erklärte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in der Nacht zum Montag in Brüssel. Das Gaddafi-Regime bröckelt eindeutig.“ Rasmussen forderte Gaddafi und seine Truppen auf, die Macht niederzulegen. "Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, ein neues Libyen zu schaffen - einen Staat, der auf Frieden beruht, nicht auf Angst; Demokratie, nicht Diktatur; dem Willen aller, nicht den Launen weniger.“
Al-Dschasira zeigte Bilder, wie jubelnde Menschen die Aufständischen auf den Straßen von Tripolis begrüßten, tanzten und Freudenschüsse abgaben. Viele skandierten "Allah ist mächtig“ oder "Tripolis wird frei sein“. Auch aus anderen Städten des Landes wurden Freudenfeiern gemeldet. In der Rebellenhochburg Bengasi versammelte sich eine riesige Menschenmenge zu einem Freudenfest.
Im Westen von Tripolis nahmen die Rebellen laut Al-Dschasira drei Söhne von Gaddafi gefangen, darunter den mit internationalem Haftbefehl gesuchten Saif al-Islam. Er sei gemeinsam mit seinem Bruder Al-Saadi in einem Touristendorf festgesetzt worden, berichtete ein Sprecher der Aufständischen, Abu Bakr al-Tarbulsi. Der älteste Sohn, Mohammed al-Gaddafi, wurde in seinem Anwesen unter Hausarrest gestellt. Die Aufständischen würden für seine Sicherheit garantieren, sagte Mohammed al-Gaddafi in der Nacht zum Montag in einem Telefoninterview des Fernsehsenders Al-Dschasira.