Der libyische Staat besitzt im Ausland reichlich Vermögen. In Deutschland gehören ihm 400 Tankstellen und eine Ölleitung. Jeder fragt sich jetzt, was daraus wird.
Hamburg. In Deutschland gehören dem libyschen Staat rund 400 Tankstellen, eine Raffinerie und eine Ölleitung. Das Unternehmen Tamoil mit Sitz in Elmshorn (Schleswig-Holstein) ist ebenso wie die Holborn-Raffinerie in Hamburg ein Tochterunternehmen der Oilinvest International mit Sitz in Rotterdam, die sich selbst auch unter dem Markennamen Tamoil Europa präsentiert. Hinter Oilinvest steht der libysche Staatsfonds Libyan Investment Authority (LIA). Tamoil Europa betreibt nach den verfügbaren offiziellen Zahlen des Unternehmens von 2009 in Europa mehr als 2800 Tankstellen, davon die meisten in Italien. In Deutschland gehören rund 400 Stationen unter den Markennamen Tamoil und HEM zum libyschen Netz. Die Tankstellen sind verpachtet; die deutsche Tamoil selbst beschäftigt weniger als 100 Mitarbeiter. Der Absatz belief sich 2010 den Angaben zufolge auf 1,36 Millionen Tonnen, das waren 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr.
Versorgt werden die Stationen unter anderem von der Holborn-Raffinerie, die im Jahr 2009 rund 5,2 Millionen Tonnen Rohöl verarbeitete. Holborn ist die größte von drei libyschen Raffinerien in Europa; die anderen beiden liegen in der Schweiz und Italien. Die Hamburger Raffinerie ist über eine 147 Kilometer lange Pipeline an das Ölterminal in Wilhelmshaven angebunden, wird aber ebenso per Schiff versorgt. Nach Angaben von Tamoil Europa wird in den drei Raffinerien zu 55 Prozent libysches Rohöl eingesetzt.
Da nicht alle Tamoil-Tankstellen von der Raffinerie versorgt werden, hat das Unternehmen auch Lieferverträge mit anderen Mineralölunternehmen abgeschlossen. Und hier gibt es wegen des Embargos des UN-Sicherheitsrats und der Europäischen Union gegen Libyen immer wieder Ärger, der auch Gerichte beschäftigt. So verweigerte beispielsweise der BP-Konzern die Belieferung von Tamoil mit Benzin und Diesel unter Berufung auf die Sanktionsvorschriften. Vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht bekam Tamoil Ende Juni nun aber Recht: BP müsse seine Lieferverträge erfüllen, denn das Unternehmen leite seine Gewinne aus den Tankstellen nicht nach Libyen weiter und damit habe auch das Gaddafi-Regime keinen Zugriff. BP hält an seiner Rechtsposition fest und setzt die gerichtlichen Auseinandersetzungen fort.