Der nächste Showdown ist abgesagt – vorerst. Doch die FDP beäugt den angeschlagenen Außenminister Guido Westerwelle weiter kritisch.
Bensberg/Berlin. Am frühen Nachmittag war er da. Guido Westerwelle wirkte keineswegs angespannt, als er im prunkvollen Schlosshotel Bensberg erschien. Aus seinem direkten Umfeld kam die Botschaft, er sei „wild entschlossen“, um seinen Außenminister-Posten zu kämpfen. Zuvor war das Gerücht aufgekommen, Westerwelle wolle bei dem dreitägigen Treffen im Kreis der FDP-Bundestagsabgeordneten die Vertrauensfrage stellen. Das wäre ein Showdown, den viele in der Partei unbedingt verhindern wollten. So sah sich Fraktionsboss Rainer Brüderle, der auf der Klausur nicht über Westerwelle streiten, sondern die Strategie für die Euro-Rettung aufzeigen will, zum Handeln genötigt. „Davon ist mir nichts bekannt, dass so eine Frage gestellt werden soll“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Wenn Westerwelle so ein Votum anstrebe, „hätte er sicherlich den Fraktionsvorsitzenden darüber informiert“. Auch andere FDP-Größen wie der Chef des mächtigen nordrhein-westfälischen Landesverbandes Daniel Bahr dementierten.
Im Westerwelle-Lager wird die Spekulation ebenfalls ins Reich der Legende verwiesen: „Diese Frage stellt sich nicht, weil der Außenminister davon ausgeht, dass er das Vertrauen der Fraktion besitzt.“ Weitere Partei-Insider verweisen darauf, dass der Ex-Parteichef mit so einer Abstimmung kein geringes Risiko eingehen würde. Bei einem FDP-Debakel bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin wäre ein solcher Vertrauensbeweis ohnehin nicht mehr viel wert.
Zwar schulden ihm viele der 93 Abgeordneten Dank: Sie sitzen nur deshalb im Parlament, weil Westerwelle im Jahr 2009 mit 14,6 Prozent ein sensationelles Wahlergebnis für die Liberalen einfuhr. Doch der Frust über die Halsstarrigkeit des Ministers in der Libyen-Politik ist auch in der Fraktion erheblich.
Westerwelle-Anhänger wiederum mutmaßen, das Gerücht könnte von seinen parteiinternen Gegnern gestreut worden sein, um ihn mürbe zu machen. Wenn es um wichtige Posten geht, gehört taktische Kriegsführung zu jedem politischen Machtkampf dazu. Bei den Liberalen konnte man das zuletzt im Frühjahr verfolgen, als Birgit Homburger von der Fraktionsspitze und Brüderle aus dem Wirtschaftsministerium verdrängt wurden.
Immerhin erhielt Westerwelle zahlreiche Treueschwüre aus den eigenen Reihen, deren Halbwertzeit offen ist. So hatte die Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt (AA) am Vormittag für ihn einen unerwarteten Nebeneffekt. Entwicklungsminister Dirk Niebel – einer der möglichen Nachfolger – versicherte in aller Öffentlichkeit: „Ich stehe ausdrücklich mit und auch zu meinem Kollegen Guido Westerwelle.“ Von den zwei anderen als Westerwelle-Ersatz gehandelten FDP-Männern – AA-Staatsminister Werner Hoyer und Europa-Abgeordneter Alexander Graf Lambsdorff – gab es solche Bekenntnisse bisher nicht.
Neben den Nachfolge-Spekulationen wird in Berlin auch schon darüber geredet, was Westerwelle mit gerade mal 49 Jahren nach einem Rücktritt so alles machen könnte. Als Anwalt könnte er sein Geld verdienen, auch mit gut bezahlten Rede-Auftritten wie so viele Vorgänger. Und immer wieder kommt bei solchen Gelegenheiten auch die gemeinnützige Telekom-Stiftung ins Gespräch, die ihren Sitz in Westerwelles Heimatstadt Bonn hat. Derzeitiger Chef: der ehemalige FDP-Außenminister Klaus Kinkel. (dpa)