Bei wirklichen Prozessen mittendrin und dabei: Der Präsident des Verfassungsgerichtes löst mit seiner Idee jedoch eine Welle der Kritik aus.
Karlsruhe. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hat sich für eine Öffnung der Gerichte für Fernsehsender ausgesprochen. „Wenn man nicht möchte, dass die Darstellung von Geschworenenprozessen in amerikanischen Anwaltsserien und Gerichtsshows à la Barbara Salesch das Bild der Bürger von der deutschen Justiz prägen, dann muss man die Möglichkeit eröffnen, bei realen Prozessen ,mit dabei’ u sein“, sagte Voßkuhle beim Abschied des langjährigen ARD-Justizreporters und Grimme-Preisträgers Karl-Dieter Möller.
Der Macht der Bilder von fiktiven Prozessen könne die Justiz mittelfristig nur entgegentreten „mit der Macht der Bilder echter Verfahren vor deutschen Gerichten“, führte Voßkuhle aus. Dabei müssten selbstverständlich die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten gewahrt und die Arbeitsfähigkeit des Gerichts gewährleistet bleiben. „Viele Spannungslagen ließen sich aber mit entsprechenden Schutzvorschriften und den Mitteln der Technik auflösen.“
Auch für das eigene Gericht hält der Präsident mehr Transparenz für möglich. Seit 1998 dürfen die Fernsehsender Urteilsverkündungen übertragen und bei Verhandlungen den Einzug der Richter filmen . „Ich wäre nicht abgeneigt, darüber nachzudenken, öffentliche Verhandlungen im Grundsatz ganz für entsprechende Aufnahmen freizugeben.“
Bei Möller und vielen Juristen im Publikum sorgte der Vorschlag für Kopfschütteln. Möller sagte, Strafprozesse müssten tabu bleiben. Allerdings sei es vorstellbar, aus Arbeitsrechtsprozessen oder Verhandlungen über Straßenbauprojekte zu berichten. Andere Juristen verwiesen darauf, dass jeder Interessierte jederzeit einen öffentlichen Prozess besuchen könne. Bei der Übertragung im Fernsehen bestehe die Gefahr, dass die Verhandlungen selbst zu Shows verkämen.