KARLSRUHE/MÜNSTER. Vom Prozess um die Misshandlung von Bundeswehr-Rekruten am Landgericht Münster wird es Fernsehbilder aus dem Gerichtssaal geben. Das hat das ZDF vor dem Bundesverfassungsgericht erstritten. Das höchste deutsche Gericht hat am Freitag einem Eilantrag des ZDF weitgehend stattgegeben. Demnach müssen bei dem Prozess TV-Aufnahmen bis kurz vor Beginn der Verhandlung und unmittelbar danach zugelassen werden, die sowohl die Richter als auch die Angeklagten und weitere Verfahrensbeteiligte zeigen dürfen, teilte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe mit. Das Landgericht Münster wollte die Kameras 15 Minuten vor Beginn und zehn Minuten nach Ende des Prozesses aus dem Gerichtssaal verbannen.

Bedingung für die Berichterstattung ist allerdings, dass die Gesichter der Angeklagten unkenntlich gemacht werden. Die Gefahr, ihre Persönlichkeitsrechte durch solche Bilder zu verletzen, sei gering, heißt es in der Begründung der 1. Kammer des Ersten Senats unter Vorsitz von Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier. In Münster stehen von Montag an 18 Bundeswehr-Ausbilder vor Gericht. Sie sollen Rekruten im Jahr 2004 bei Übungen so stark gedrillt haben, dass die Grenze zur Misshandlung überschritten wurde.

Der Entscheidung in der Eilsache wird nach Worten einer Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts noch keine grundsätzliche Bedeutung, wohl aber eine Signalwirkung für die gesamte Gerichtsberichterstattung im deutschen Fernsehen beigemessen. In der Hauptsache muss das Bundesverfassungsgericht noch über die Verfassungsbeschwerde des ZDF entscheiden.

Der Mainzer Sender erkennt seinerseits bereits jetzt eine grundlegende Bedeutung. "Diese Entscheidung stellt einen weiteren Meilenstein zur Sicherung der Gerichtsberichterstattung im Fernsehen dar", sagte ZDF-Justiziar Carl-Eugen Eberle. Zum wiederholten Mal habe das Bundesverfassungsgericht den Vorrang der Öffentlichkeit vor den Belangen der Prozessbeteiligten erkannt. Das ZDF werde selbstverständlich die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten wahren.

Die Karlsruher Richter hatten in ihrer Begründung angeführt, das vom Grundgesetz geschützte Recht der Öffentlichkeit auf angemessene TV-Berichterstattung wiege in diesem Fall schwerer als die Persönlichkeitsrechte. Die angeklagten Ausbilder, allesamt Berufssoldaten, müssten schon aufgrund ihres gewählten Berufes in der Lage sein, ungewohnte Situationen in der Öffentlichkeit hinzunehmen.