Schuld am Tod der Zivilisten liege bei den Taliban. Bundesregierung bittet Verbündete, sich mit ihrer Kritik vorerst noch zurückzuhalten.
Kabul/Berlin. Die Afghanen entlasten die Bundeswehr in Kundus. Nach einem Bericht der vom afghanischen Präsidenten Hamid Karsai eingesetzten Kommission zur Untersuchung des Bombardements von zwei entführten Tanklastzügen im nordafghanischen Kundus sind nach Informationen der ARD zwar Zivilisten unter den Toten des von der Bundeswehr angeforderten Luftangriffs. Die Verantwortung für den Vorfall liege aber bei den Taliban. Die Mitarbeiter der Kommission sind inzwischen aus Kundus zurückgekehrt und wollen den Bericht an diesem Sonnabend in der afghanischen Hauptstadt Kabul an Karsai übergeben.
Die ARD berichtete unter Berufung auf die afghanischen Ermittler weiter, die Taliban hätten die später bombardierten zwei Tanklaster entführt. Als diese im Kundus-Fluss steckengeblieben seien, hätten die Aufständischen weitere Taliban und Dorfbewohner herangeholt, um die Fahrzeuge wieder flott zu bekommen. Zivilisten hätten versucht, illegal Benzin abzuzapfen. Dass die Fahrzeuge in dem Fluss und nicht in einem Dorf angegriffen worden seien, entlaste die Bundeswehr.
Mit formalen diplomatischen Protesten versucht die Bundesregierung, die internationale Kritik an dem Luftschlag einzudämmen. Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Jens Plötner, sagte am Freitag in Berlin, die deutschen Botschafter seien in wichtigen Nato- und EU-Partnerländern mit Demarchen bei den Regierungen vorstellig geworden. Dabei hätten sie darum gebeten, den Luftschlag nicht zu kritisieren, bis die Untersuchung dazu abgeschlossen sei. Von den Partnern werde Fairness erwartet, sagte Plötner.
Das Ministerium für Verteidigung kritisierte US-General und ISAF-Oberbefehlshaber Stanley McChrystal wegen seines Verhaltens gegenüber dem deutschen Oberst, der den Luftangriff in Afghanistan angefordert hat. Ohne McChrystal namentlich zu nennen, sagte Ministeriumssprecher Thomas Raabe am Freitag in Berlin, es sei ein „Unding“, dass man in eine erste Besprechung mit dem Oberst nach dem Angriff mit Dutzenden Toten einen Journalisten einbinde. „Man kann nicht in einer solchen ersten Untersuchung einen Journalisten dabei haben. Es ist absolut unüblich und ich gehe davon aus, dass sich das auch nicht wiederholen wird.“ Ein Journalist der "Washington Post" hatte direkt aus den Einsatzbesprechungen vor Ort berichtet, wo es offenbar erhebliche Kritik an dem vom deutschen Oberst Georg Klein gegeben hatte.
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, äußerte am Freitag die Vermutung, dass es sich bei der Kritik im Ausland um „Retourkutschen“ gehandelt habe. Die Deutschen hätten bislang immer den Zeigefinger erhoben, wenn bei Einsätzen der Alliierten in Afghanistan Zivilsten zu Tode gekommen seien. Kirsch sagte, er habe den Eindruck, dass nach der Rede der Bundeskanzlerin vor dem Bundestag, in der sie sich Vorverurteilungen aus dem In- und Ausland verboten habe, etwas mehr Ruhe eingekehrt sei.