Literaturnobelpreisträger Günter Grass trägt seinen umstrittenen Text über Israel in den ARD-“Tagesthemen“ und der ZDF-Sendung “aspekte“ vor.
Behlendorf. Einen Tag nach der Veröffentlichung seines umstrittenen Israel-Gedichts wird sich Literaturnobelpreisträger Günter Grass am Donnerstagabend erstmals zu dem Text und den Reaktionen äußern. Wie sein Sekretariat in Lübeck sagte, werde Grass das Gedicht "Was gesagt werden muss“ für die ARD-Tagesthemen vortragen und dabei einige Fragen beantworten. Auch Mitarbeiter des ZDF-Kulturmagazins "aspekte“ werde er empfangen. Der 84 Jahre alte Schriftsteller lebt in Behlendorf bei Lübeck.
Grass hatte am Vortag unter anderem in Medien das Gedicht veröffentlicht. Darin heißt es: "Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden.“ Sich selbst bezichtigte der Autor, zu lange dazu geschwiegen zu haben, und fuhr fort: "Ich schweige nicht mehr.“ Das Gedicht hat teils massive Kritik hervorgerufen bis hin zum Vorwurf des Antisemitismus. Es gab nur wenige positive Reaktionen , unter anderem von der Linken.
+++ Das vollständige Gedicht: "Was gesagt werden muss +++
In einem Beitrag für die "Bild“-Zeitung schrieb der Vorstandsvorsitzende des Medienhauses Axel Springer, Mathias Döpfner, Grass versuche "im raunenden Ton des Moralisten“ die Schuld der Deutschen am Holocaust zu relativieren, indem er die Juden zu Tätern mache. Unter dem Titel "Der braune Kern der Zwiebel“ schrieb Döpfner, es gehe jetzt nicht mehr darum, was Grass gesagt habe, sondern nur noch, wie die Deutschen darauf reagierten.
In dem Echo auf das Gedicht spielt auch die Tatsache ein Rolle, dass Grass seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS Jahrzehnte verschwiegen hatte und erst 2006 in seinen Memoiren offenbarte. Der Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Frank Schirrmacher, sprach von einem "Machwerk des Ressentiments“. Grass würde es sicher gerne sehen, dass nun eine Debatte entsteht, ob man als Deutscher Israel kritisieren dürfe, meint Schirrmacher.
+++ Leitartikel: Was für ein Irrsinn! +++
Die Debatte müsse aber darum geführt werden, ob es gerechtfertigt sei, die ganze Welt zum Opfer Israels zu machen, nur damit Grass "seinen Frieden mit der eigenen Biographie machen kann“, schrieb Schirrmacher in der "F.A.Z.“.
Grass hatte das Gedicht am Mittwoch unter anderem in der "Süddeutschen Zeitung“ veröffentlicht. Eine von Grass autorisierte englische Übersetzung des Textes liegt bisher nicht vor. Es werde daran gearbeitet, hieß es. (dpa)