In der Hauptstadt Teheran gewann das Chamenei-Lager 19 der 30 Wahlbezirke. Auch in anderen Städten verlor das Ahmadinedschad-Lager.
Teheran. Bei der Parlamentswahl im Iran ist das Lager von Präsident Mahmud Ahmadinedschad von den Wählern abgestraft worden. Mehr als Dreiviertel aller Mandate gingen nach Zahlen des Innenministeriums vom Sonntag an Anhänger des geistlichen Führers Ajatollah Ali Chamenei. Bis zu diesem Zeitpunkt waren rund 90 Prozent der Stimmen ausgezählt. Die herbe Wahlschlappe schwächt Ahmadinedschad weiter in seinem erbitterten Machtkampf, den er sich seit Monaten mit Teilen der konservativen Elite liefert. Bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr kann Ahmadinedschad nicht mehr antreten.
+++ Boykottaufruf der Opposition überschattet Parlamentswahl +++
In der Hauptstadt Teheran gewann das Chamenei-Lager 19 der 30 Wahlbezirke. Auch in anderen Städten wie Ghom, Maschhad oder Isfahan, wo Ahmadinedschad zuletzt noch über 90 Prozent erhalten hatte, siegten Chamenei-Kandidaten. Besonders symbolträchtig scheiterte die Präsidenten-Schwester Parvin Ahmadinedschad ausgerechnet in der Heimatstadt der Familie, Garmsar, bei dem Versuch, einen Sitz im Parlament zu erobern. Auswirkungen auf die Außenpolitik und damit auf den Atomstreit wurden von dem Wahlergebnis nicht erwartet.
Die Parlamentswahl war in erster Linie eine Machtprobe zwischen den Erzkonservativen in dem Land, weil die Opposition die Abstimmung weitgehend boykottiert hatte. Nach Darstellung der Staatsmedien gab es bei der Wahl am Freitag dennoch einen außergewöhnlich hohen Andrang. Die Wahllokale seien deswegen länger als geplant geöffnet gewesen. Chamenei hatte mit Blick auf den Atomstreit zu einer regen Beteiligung aufgerufen. Der britische Außenminister William Hague kritisierte die Wahl dagegen als weder frei noch fair. Die Wahlbeteiligung lag offiziellen Angaben zufolge bei über 64 Prozent und damit sieben Punkte höher als bei der vergangenen Parlamentswahl. Das Endergebnis sollte am Montag vorliegen.
Innenminister Mostafa Mohammad Nadschar wertete die Wahlbeteiligung als Beleg dafür, dass die Bevölkerung die Hoffnungen der Feinde enttäuscht habe. Auch in ländlichen Regionen, in denen Ahmadinedschad eigentlich die meisten Anhänger hat, konnte das Chamenei-Lager nach vorläufigen Ergebnissen etwa 70 Prozent der Mandate erobern. In vielen Kleinstädten schnitten zudem unabhängige Kandidaten unerwartet gut ab.
Zu der Wahl waren knapp 50 Millionen Iraner aufgerufen, vor der Präsidentenwahl im kommenden Jahr neue Abgeordnete zu bestimmen. Weil wichtige Oppositionspolitiker von der Teilnahme ausgeschlossen waren, handelte es sich vor allem um einen Wettbewerb von Hardlinern: Die wichtigsten Gegner Chameneis sind die Anhänger von Präsident Ahmadinedschad. Auf die Atom- und Außenpolitik wird die Wahl voraussichtlich wenig Auswirkungen haben, weil sowohl das Chamenei-Lager als auch Ahmadinedschad Zugeständnisse an den Westen grundsätzlich ablehnen. Zahlreiche Länder verdächtigen den Iran, Atomwaffen zu entwickeln, was die Islamische Republik bestreitet.
Die Wahl wird kein Abbild der Meinung im Land ergeben - unter anderem, weil der aus Klerikern und Juristen zusammengesetzte Wächterrat viele Kandidaten nicht zuließ. Reformer hatten kaum eine Chance. Inwieweit die offiziellen Angaben zur Wahlbeteiligung der Wahrheit entsprechen, lässt sich ebenfalls kaum überprüfen. Ausländische Wahlbeobachter waren nicht vor Ort. Eine geringe Wahlbeteiligung hätte darauf hingedeutet, dass die Verbitterung in der Bevölkerung nach der Präsidentenwahl im Jahr 2009 noch immer groß ist. Damals wurden Vorwürfe der Wahlfälschung laut. Zehntausende Menschen demonstrierten monatelang für Demokratie. Der Oppositionspolitiker Mehdi Karubi, der unter Hausarrest steht, hatte zu einem Boykott der Wahl vom Freitag aufgerufen. Er war 2009 gegen Ahmadinedschad angetreten.