Fix was los! 190 Bands kommen vom 22. bis zum 24. September in die Klubs auf den Kiez. Der Ansturm ist groß: Donnerstag ausverkauft.
Hamburg. Wenn man sich in diesem Jahr das Programm des Reeperbahn-Festivals ansieht, ist es wie mit einer Wundertüte: Es macht neugierig und enthält eine Menge Überraschungen. Viele der bisher 190 angekündigten Solisten und Bands sind noch weitgehend unbekannt, weil sie entweder noch nie in Hamburg aufgetreten sind oder hierzulande noch nicht mal einen Tonträger veröffentlicht haben. Mehr denn je wird die dreitägige Veranstaltung in diesem Jahr ihrem Untertitel "New International Music" gerecht - die ganz großen Namen, die in diesem Sommer landauf, landab auf jedem Open-Air-Festival zu sehen und hören waren, fehlen vom 22. bis zum 24. September bei der sechsten Auflage des Indoor-Festivals auf dem Kiez.
Schon der erste Tag des Festivals war ein Renner: Gegen zwanzig Uhr meldeten die Veranstalter: Ausverkauft! Alle Tickets für den Donnerstag waren über den Tresen gegangen. Für die weiteren Festivaltage seien allerdings noch ausreichend Karten verfügbar, wurde versichert.
Aber natürlich dürfen auch die Großen der Pop- und Rock-Szene nicht fehlen. So werden The Rifles aus London am 23.9. in der Großen Freiheit 36 spielen, die Berliner Band Jennifer Rostock gibt ihren Hauptstadtrock am selben Abend im Gruenspan zum Besten. Auch Charts-Aufsteiger Tim Bendzko und die vielversprechende Neuseeländerin Brooke Fraser gehören zum Line-up. Fast schon Stammgäste des Reeperbahn-Festivals sind die schwedischen Indie-Rocker Friska Viljor, dabei sein wird auch die Münchner Frittenbude beim Audiolith-Abend des gleichnamigen Hamburger Indie-Labels am 24. September.
Wer aber kennt Lanterns On The Lake, das Apparat Organ Quartet oder The War On Drugs? Es sind Newcomer aus Großbritannien, Island und den USA, die noch nie an der Elbe gespielt haben, doch denen aus ihrer Heimat ein guter Ruf vorauseilt. Sie sind im Kritikerjargon "das nächste große Ding". Mit derlei zukunftsweisenden Künstlern ist das Programm gespickt. Das Internet und Portale wie MySpace oder auch die Website des Reeperbahn-Festivals enthalten Hörbeispiele jedes Künstlers. Doch entweder verlässt man sich auf Tipps (wie zum Beispiel in den kommenden Wochen auf den LIVE-Seiten im Abendblatt) oder man lässt sich einfach überraschen.
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Das Hamburger Publikum hat in fünf Jahren Reeperbahn-Festival gelernt, dass Klub-Hopping reizvoll sein kann und es Festivalorte gibt, von denen man eigentlich nie enttäuscht wird, wie zum Beispiel das Imperial-Theater oder die St.-Pauli- Kirche mit ihren intimen Programmen. Mit der Makrele-Bar und der Pooca-Bar sind in diesem Jahr zwei kleine Spielorte hinzugekommen, in denen vor allem Singer-Songwriter auftreten werden, aber auch die Londoner Indie-Band Let's Wrestle. Zum ersten Mal gehört in diesem Jahr auch das inzwischen konzerterprobte Café Keese zu den Spielorten.
Die Musik ist nur eine von drei Säulen, die das Reeperbahn-Festival ausmachen. Im dritten Jahr gehört auch der Reeperbahn-Campus dazu, ein Branchentreffen der Musikindustrie in Deutschland. Nachdem die Popkomm in Berlin 2009 abgesagt worden war, sprang das Reeperbahn-Festival ein, um der Branche einmal im Jahr eine zentrale Austauschmöglichkeit zu geben. Obwohl der dahinsiechenden Popkomm in Berlin wieder etwas Leben eingehaucht worden ist, hat der Campus ihr den Rang abgelaufen. In einer, wenn auch nicht repräsentativen, Umfrage der "Musikwoche" haben bisher 75 Prozent abgestimmt, dass sie im September nach Hamburg kommen.
Die Bedeutung des Campus ist auch daran abzulesen, dass die EBU, die Vereinigung der europäischen Rundfunkanstalten, zu ihrer Europatagung in diesem Jahr nach Hamburg eingeladen hat. Neu ist auch das Tagesprogramm in den Klubs rund um den Spielbudenplatz. Die Exportbüros aus Kanada, der Schweiz, Israel und den Niederlanden veranstalten dort bereits von 13 Uhr an Showcases mit Bands aus ihren Ländern. Diese Kurzkonzerte im Sommersalon, Hörsaal, On Air und Kukuun sind für jeden Festivalbesucher offen, der ein Ticket besitzt. Auch auf den fahrbaren Bühnen am Spielbudenplatz wird es Livemusik geben, um das Herz des Festivals auch schon tagsüber zu beleben.
Ray Cokes, früherer MTV-Moderator, lädt drei Tage lang jeweils um 17 Uhr zu "Ray's Reeperbahn Revue" ins Schmidt. Dort interviewt er in seiner unnachahmlich charmanten Art Bands und lässt sie unplugged auftreten.
Die dritte Säule des Reeperbahn-Festivals dreht sich um die Kunst. Das Arts-Programm ist noch vielfältiger als in den Vorjahren. Zum sechsten Mal schlagen internationale Posterkünstler ihre Zelte auf dem Spielbudenplatz auf, das Comicfestival präsentiert sich in einigen Kiezgalerien, es gibt Poetry-Slams, Türsteherlesungen, St. Pauli wird mit dem Filmprojekt A Wall Is A Screen zur Leinwand, und mit dem Schriftsteller John Niven ("Kill Your Friends") und Uebel-&-Gefährlich-Betreiber Tino Hanekamp ("So was von da") wurden zum ersten Mal zwei Autorenlesungen in das Programm des Reeperbahn-Festivals eingebunden. Auch im Arts-Bereich gibt es eine Menge zu entdecken. Das Prinzip der Wundertüte funktioniert auch dort.
Reeperbahn-Festival Do 22.9.-Sa 24.9., Spielbudenplatz und 25 weitere Kiez-Locations, Drei-Tage-Ticket 59,50, Zwei-Tage-Ticket 45,-, Tagesticket 29,50; weitere Infos im Internet: www.reeperbahnfestival.com