Das Hamburg Ballett ist auf Japan-Tournee. Die Erste Solistin und „Kleine Meerjungfrau“ Silvia Azzoni sowie ihr „Prinz“, der Erste Solist Carsten Jung, berichten auf abendblatt.de von ihren Erlebnissen. Dazu gehören nicht nur Ballett-Trainings und tanzverrückte Japaner, sondern auch ihre Beobachtungen über Lifestyle und Kultur: Modetrends der Manga-Jugend, Sushi-Orgien und das „Lost in Translation“-Feeling.

Am 12. Februar wurde die "Kleine Meerjungfrau" erstmals in Tokio gezeigt und frenetisch gefeiert. Für Silvia Azzoni und Carsten Jung auch ein ganz persönlicher Erfolg, wie sie direkt im Anschluss an ihre Performance berichten.

Silvia Azzoni:

"Was für ein wundervoller Abend! Ich bin müde, aber glücklich. Eigentlich dachte ich, heute würde es sehr hart werden, weil ich immer noch den Jet-Lag fühle. Aber dann bin ich rausgegangen und habe getanzt. Das war pures Adrenalin, die Müdigkeit war weg! Es ist das erste Mal, dass wir mit der Meerjungfrau auf Tournee gehen, das heißt auch, zum ersten Mal auf einer anderen Bühne. Und die hier in der NHK Hall ist viel größer als in Hamburg. Das bedeutet für mich, ich muss viel mehr tanzen, viel mehr Schritte machen, um in der gleichen Weise wahrgenommen zu werden.

Aber es war ein ganz besonderer Abend mit einer ganz großartigen Beziehung zum Publikum. Das liegt sicher auch daran, dass die Japaner einiges von dem, was sie auf der Bühne sehen, wieder erkennen, Elemente des Balletts sind eine Weiterentwicklung der traditionellen japanischen No- und Kabuki-Theater, das wird hier natürlich ganz anders wahrgenommen als in Hamburg und vor allem sehr anerkannt.

Tokio ist für mich immer etwas ganz besonders: Ich komme seit zehn Jahren immer wieder her und habe richtig große Fans hier, die alle meine Ballette gesehen haben. Das ist schon enorm.

Noch weiß ich nicht, wie ich nachher einschlafen will, mein Körper ist zwar sehr müde, meine Nerven aber noch lange nicht. Da heißt es, langsam runterzukommen."

Carsten Jung:

"Das war eine ganz besondere Vorstellung heute mit einer ganz tollen Stimmung. Von Anfang an knisterte es zwischen den Tänzern und dem Publikum. John sagt uns immer: "There’s only one performance". Er meint damit, dass es nur auf das Heute ankommt, nicht darauf, wie es das letzte Mal war. Das geht auch gar nicht, denn jedes Mal ist es ganz anders, wenn man rausgeht. Und dieses Mal ohnehin, die Auftaktvorstellung der Tournee ist für alle etwas Besonderes. Wir müssen uns vor einem anderen Publikum beweisen. Wenn das dann so bejubelt wird, wie heute, hat man schon ein großes Glücksgefühl.

Ich war den ganzen Tag in der NHK Hall, wie der Rest der Compagnie auch. Zwar musste ich nicht tanzen, weil es eine Durchlaufprobe für die B-Besetzung war, aber ich habe die Zeit genutzt, um mich einzuhören in die Art, in der das Tokyo Philharmonic Orchestra die Musik von Lera Auerbach spielt.

Denn nur weil die Noten dieselben sind, ist ja das Stück noch lang nicht das gleiche. Tempi, Emotionen, Schwerpunkte werden von jedem Orchester anders gelegt, selbst wenn es sich um den gleichen Dirigenten handelt, in unserem Falle um Simon Hewett, der die Kleine Meerjungfrau auch in Hamburg dirigiert.

Mit langen Premierenfeiern ist jetzt nichts mehr. Ich bin totmüde und freue mich schon auf mein Bett."