Hamburg. Benko-Insolvenz ermöglicht überraschenden Immobiliendeal. Welche große, neue Attraktion in den Gebäuden in der City eröffnen soll.

Es ist eine der spannendsten Immobilien in der Hamburger Innenstadt: Die einst als „Landesbank-Galerie“ bekannten Gebäude der früheren HSH Nordbank erstrecken sich auf einem Grundstück von der Größe eines Fußballfeldes vom zentralen Gerhart-Hauptmann-Platz in unmittelbarer Nachbarschaft zu Thalia Theater und Karstadt-Haupthaus bis zum Gertrudenkirchhof. Dieses riesige Areal zwischen Alster und Mönckebergstraße kauft nun die Stadt auf, um dort unter anderem dem geplanten „Haus der digitalen Welt“ eine Heimat zu geben.

Der Kaufpreis liegt inklusive Nebenkosten bei 130 Millionen Euro. Die neun- bis zehngeschossigen Immobilien mit insgesamt rund 61.000 Quadratmeter Bruttogeschoss – und gut 36.000 Quadratmeter Mietfläche sowie 129 Stellplätzen in drei Untergeschossen gehören zum Signa-Imperium des insolventen österreichischen Milliardärs René Benko. Pikant: Eine Signa-Tochter sollte auch den Elbtower bauen, beziehungsweise hat ihn zur Hälfte errichtet, bevor sie pleiteging. Und in dieses Hochhaus wollte die HSH-Nachfolgerin Hamburg Commercial Bank (HCOB) als einer der Ankermieter einziehen und dafür ihren Stammsitz am Gerhart-Hauptmann-Platz aufgeben.

Für 130 Millionen: Warum die Stadt das HSH-Nordbank-Haus kauft

Mittlerweile ist sie von diesem Mietvertrag im Elbtower zurückgetreten, aber eine neue Heimat sucht sie weiterhin. Man werde die 2018 privatisierte Bank nicht vor die Tür setzen, sondern sie dabei unterstützen, „in aller Ruhe“ einen neuen Standort zu finden, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und nannte Ende 2026 als mögliches Datum. Danach wird der Weg frei, das von 1972 bis 1974 errichtete Hauptgebäude am Gerhart-Hauptmann-Platz sowie den 1986 entstandenen Erweiterungsbau ganz neu zu nutzen.

Die Stadt werde nun insbesondere prüfen, ob sich die Immobilie als möglicher Standort für das geplante Haus der digitalen Welt (HddW) eignet, hieß es. „Mit seiner zentralen Lage erfüllt der Standort ein wesentliches Kriterium dieses künftigen öffentlichen Ortes für Begegnung, Bildung und gesellschaftliche Teilhabe“, so der Senat.

„Haus der digitalen Welt“ soll Anziehungspunkt in der City sein

Wie berichtet, wird das HddW gemeinsam von der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen, der Hamburger Volkshochschule und weiteren Partnern geplant. Es solle „ein Ort der städtischen Bildungslandschaft entstehen“, mit einer innovativen öffentlichen Zentralbibliothek und „mit einer breiten Palette an Nutzungsmöglichkeiten, wie beispielsweise Seminarräumen, Ateliers, Digital Labs, Co-Working-Spaces, Makerspaces, Studios und Aufenthaltsräumen, die allen offen stehen“, so der Senat.

Gerhart-Hauptmann-Platz
Keine architektonische Schönheit, aber in Top-Lage: Das Gebäude der Hamburg Commercial Bank (früher HSH Nordbank) liegt am Gerhart-Hauptmann-Platz zwischen Mönckebergstraße und Alster. © Roland Magunia/Funke Foto Service | Roland Magunia

„Für die Planungen zum Haus der digitalen Welt ist dieser Ort optimal und für Hamburg bietet er die Chance, im Herzen der Stadt einen lebendigen Ort der Bildung, des Austausches und der Begegnung für alle entstehen zu lassen“, sagte Kultursenator Carsten Brosda (SPD). Mit dem HddW könne man „die Innenstadt ganz neu denken als offenen Ort für alle“. Er verwies darauf, dass allein die Zentralbibliothek am Hühnerposten, die ins neue Haus der digitalen Welt umziehen soll, rund zwei Millionen Besucher pro Jahr anziehe. Daher werde auch das HddW sicher ein großer Anziehungspunkt.

Hamburg: Großes City-Kundenzentrum soll neuen Standort bekommen

Finanzsenator Dressel, dessen Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) den Ankauf abwickelt, kann sich die Gebäude auch als dauerhaften neuen Standort für den Hamburg Service vor Ort (früher Kundenzentrum) in der City vorstellen. Dieser wurde während der Corona-Pandemie in der Spitalerstraße eröffnet und erfreut sich großer Beliebtheit. Zusammen mit der Finanzbehörde wird er 2025 interimsweise für drei Jahre in die ehemalige Haspa-Zentrale am Großen Burstah umziehen. Wie es danach weitergeht, ist noch offen.

„Von einem dauerhaften Standort für ein städtisches City-Kundenzentrum bis zu den Planungen für das Haus der digitalen Welt: Mitten zwischen Mönckebergstraße und Thalia Theater bietet dieses Haus spannende Perspektiven mit einem großen stadtwirtschaftlichen Nutzen“, sagte Dressel. Er wies noch auf einen anderen Aspekt hin: „Hamburg verfolgt konsequent die Strategie, die städtische Eigentumsquote durch strategische Ankäufe zu erhöhen.“

Ankauf der Landesbank in Hamburg soll Immobilienspekulation verhindern

Damit decke man einerseits Raumbedarf, etwa für Behörden und andere öffentliche Einrichtungen. „Gleichzeitig können wir so die Abhängigkeit vom Drittmarkt verringern und Immobilienspekulation entgegentreten.“ Daher habe der LIG die Gelegenheit zum Erwerb „einer derart prominenten Immobilie in Premiumlage gerne ergriffen. Dieses Objekt ist ein echter Gewinn für Hamburg“, so der Finanzsenator, der den Ankauf auch als „wichtigen Beitrag zur Innenstadtentwicklung“ bezeichnete.

Diesen Punkt strich auch Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) heraus: „Der Ankauf der Immobilie am Gerhart-Hauptmann-Platz ist ein weiteres zentrales Element unserer gemeinsamen Strategie, Hamburgs Innenstadt fit für die Zukunft zu machen und besondere Orte gezielt aufzuwerten.“ Hamburgs City leidet seit der Corona-Pandemie unter einigen prominenten Leerständen wie im früheren Kaufhof-Gebäude und muss sich zudem künftig gegen das Riesen-Einkaufszentrum Westfield in der HafenCity behaupten, dessen Eröffnung schon mehrfach verschoben wurde.

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Mit den neuen Angeboten in dem früheren Landesbankgebäude wolle man daher auch „viele Menschen zu verschiedenen Tageszeiten“ anlocken, sagte die Stadtentwicklungssenatorin. Mit seiner zentralen Lage zwischen Mö und Binnenalster und der Erschließung von mehreren Seiten biete es dafür beste Möglichkeiten: „Ein zentraler Ort für neue digitale Technologien könnte an dieser Stelle eine große Wirkung haben und zu einem beliebten Treffpunkt werden“, so Pein.

Opposition sieht Verbindung zu René Benko kritisch

Offiziell hat nach Senatsangaben eine Tochtergesellschaft des LIG die Immobilie inklusive der Einkaufspassage „Perle Hamburg“ vom Insolvenzverwalter der „Hamburg Gerhart-Hauptmann-Platz 50 Immobilien GmbH & Co. KG“ zum Kaufpreis von rund 112,5 Millionen Euro erworben. Inklusive Nebenkosten liege die Investitionssumme bei 130 Millionen Euro, die der LIG selbst aufbringt – in der Regel über Kredite, die er dann über die Mieteinnahmen bedient und tilgt. Die Einkaufspassage soll weitergeführt und die Mietverträge durch die städtische Objektgesellschaft übernommen werden.

Andreas Dressel, Karen Pein, Carsten Brosda
Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein mit Finanzsenator Andreas Dressel (l.) und Kultursenator Carsten Brosda (alle SPD) vor dem Gebäude der Hamburg Commercial Bank. Die Stadt hat den früheren Sitz der HSH Nordbank angekauft und will dort das „Haus der digitalen Welt“ (HddW) eröffnen. © Claas Ricker/Finanzbehörde | Claas Ricker/Finanzbehörde

Bei der Opposition löste der Immobiliendeal keine Begeisterung aus. „So schön es ist, dass die Stadt Grundstücke und Gebäude aufkauft: Es bleibt ein fader Beigeschmack – die Stadt steigt ein, nachdem Benko mit Grundstücksspekulation in der Innenstadt die Preise gewaltig in die Höhe getrieben hat“, sagte Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Links-Fraktion in der Bürgerschaft. „Es wäre interessant, zu erfahren, wie viel Benko beim Erwerb dieser Immobilie gezahlt hatte.“

Spektakulär: Warum Hamburg das HSH-Nordbank-Haus kauft

Auch die stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Katarina Blume störte sich an der Verbindung zum „insolventen Immobilien-Mogul René Benko, mit dem der Senat den windigen Elbtower-Deal aushandelte“, wie sie sagte. „Der derzeitige Sitz der Hamburg Commercial Bank soll als eine Art ‚Mitgift‘ schon damals eine zweifelhafte Rolle gespielt haben“, so Blume. „Dass der Senat nun ausgerechnet dieses Gebäude ankauft, hinterlässt mehr als nur einen faden Beigeschmack.“

Anke Frieling, Stadtentwicklungsexpertin der CDU-Fraktion, vermisste einen konkreten Plan: „Das Vorgehen, eine Immobilie in bester Innenstadtlage für 130 Millionen Euro zu kaufen, um zu ,prüfen, wie weit sich diese Immobilie als mögliche Heimat für das geplante Haus der digitalen Welt eignet‘ oder zu sagen ,es soll ein Ort der städtischen Bildungslandschaft entstehen‘ wirkt schlicht unausgegoren und bietet wenig Raum für Hoffnung auf eine schnelle Umsetzung.“ Ihr Fazit: „Erst kaufen, dann planen – das zeugt nicht von einem verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern.“