Hamburg. Konzernvorstände werden meist üppig bezahlt. Doch wie viel Gehalt bekommen sie genau? Das sagen Hamburger Firmen überraschend offen.

  • Von Aurubis bis Beiersdorf gibt es eine große Spanne beim Gehalt von Hamburgs Managern
  • Manager bei Beiersdorf verdiente mehr Gehalt als der Konzernchef
  • Warum sich das Gehalt des Aurubis-Chefs zuletzt halbierte

Für die Chefs und ihre Vorstandskollegen an der Spitze der 40 größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands war 2023 gehaltsmäßig ein gutes Jahr: Sie bekamen im Schnitt 5,8 Prozent mehr Geld ausgezahlt als im Vorjahr. Die durchschnittliche Vergütung eines Vorstandsmitglieds in einem DAX-Konzern kletterte auf 3,6 Millionen Euro.

Bei drei Vorstandsvorsitzenden summierten sich die Bezüge sogar auf mehr als zehn Millionen Euro: Mercedes-Chef Ola Källenius spielte mit 12,74 Millionen in einer Liga mit den bestbezahlten Bundesligafußballern. Theodor Weimer, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Börse AG, brachte es auf 10,6 Millionen und lag damit knapp vor Merck-Chefin Belen Garijo (10,53 Millionen Euro).

Von Aurubis bis Beiersdorf: So viel verdienen Hamburger Top-Manager

Da können die Manager der großen Hamburger Konzerne nicht ganz mithalten. Doch auch sie und viele der sonstigen Vorstände in diesen Unternehmen zählen in der Regel zur wachsenden Zahl von Einkommensmillionären in der Hansestadt. Aktuell erhalten DAX-Vorstände etwa 40-mal mehr als den durchschnittlichen Jahresverdienst eines Arbeitnehmers hierzulande.

Wie viel die Manager in den Hamburger Top-Unternehmen genau verdienen, lässt sich überraschend detailliert herausfinden. Es steht in den Vergütungsberichten, die die Firmen veröffentlichen müssen. Das Abendblatt hat diese Berichte der bedeutendsten Hamburger Unternehmen für 2023 ausgewertet und beantwortet in einer mehrteiligen Serie die Frage: Wie viel verdienen die Vorstandschefs und ihre Vorstandskollegen? Heute: Beiersdorf, Aurubis und Freenet.

Beiersdorf gut im Geschäft, doch der Jahresbonus von Vincent Warnery schrumpfte

Für den Nivea-Hersteller Beiersdorf war 2023 ein erfolgreiches Jahr. Der Umsatz des einzigen im DAX notierten Konzerns mit Sitz in Hamburg, kletterte um mehr als zehn Prozent auf den Rekordwert von 9,5 Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis (Ebit) stieg leicht auf 1,268 Milliarden. Für das vielköpfige Vorstandsteam (drei Männer, drei Frauen) um den Vorstandsvorsitzenden (CEO) Vincent Warnery zahlte sich das allerdings nicht aus. Fast allen wurde für ihre Arbeit im vergangenen Jahr letztlich weniger überwiesen als 2022. Bei Warnery waren es 2,512 Millionen Euro, damit büßte er gut 100.000 Euro ein.

Dass die Gehälter von Vorstandsmitgliedern auch mal sinken können, ist die Folge eines Vergütungssystems, das sehr viel komplizierter ist als jeder Gehaltstarifvertrag für die Beschäftigten in Werkshallen und Büros. Grob gesagt bestehen Vorstandsgehälter aus drei Komponenten: Einem unveränderlichen Fixgehalt und einigen fest vereinbarten Nebenleistungen wie etwa einem Dienstwagen. Warnery hat ein Festgehalt von einer Million Euro im Jahr, die sechs anderen Beiersdorf-Vorstände erhalten jeweils 500.000 Euro.

Manager-Gehalt: Der Jahresbonus ist oft höher als das Fixgehalt

Der zweite und meist bedeutendere Bestandteil der Vergütung von Top-Managern ist ein variabler Jahresbonus. Seine Höhe hängt davon ab, ob bestimmte Ziele im abgelaufenen Geschäftsjahr erreicht wurden. Das können klassische Ziele sein wie Umsatz und Gewinn, aber auch Digitalisierung und Diversität im Unternehmen. Weit verbreitet sind mittlerweile Nachhaltigkeitsziele wie Energieverbrauch oder Abfallreduzierung. Und Vorständen werden zudem individuelle Zielvorgaben in dem Bereich gemacht, für den sie zuständig sind.

Warnerys Jahresbonus sank von gut 1,6 auf gut 1,5 Millionen Euro, eine ganze Reihe seiner Vorstandskollegen musste hier ebenfalls Einbußen hinnehmen. Ausgezahlt wurden fünf von ihnen aber immerhin noch zwischen 945.000 und 1,5 Millionen Euro.

Das ist für Vorstände von DAX-Unternehmen nicht gerade üppig und hat vor allem einen Grund: Warnery und fünf der sechs Vorstände sind erst seit wenigen Jahren bei Beiersdorf. Sie profitieren noch nicht von dem dritten wichtigen Gehaltsbestandteil eines Top-Managers – dem langfristigen variablen Bonus. Seine Höhe hängt von der Performance in den zurückliegenden drei bis vier Jahren ab.

Gehalt: Manager bei Beiersdorf verdiente mehr als der Konzernchef

Bei Beiersdorf ist allein der für die Wachstumsmärkte in Lateinamerika, Afrika und Lateinamerika zuständige Ramon A. Mirt lang genug im Amt, um eine mehrjährige variable Vergütung zu beziehen. Zudem zahlte ihm Beiersdorf einen üppigen Bonus, weil er seinen Vertrag verlängerte und frühzeitig zusagte, dies zu tun. Es war eine Art Bleibe-Prämie. Die kuriose Folge: Mirt verdiente 2023 mit knapp 3,1 Millionen Euro deutlich mehr als Vorstandschef Warnery.

Wobei dessen 2,512 Millionen nur ein Teil der Wahrheit sind. Tatsächlich war der CEO für den Konzern erheblich teurer. Das Unternehmen stellte allein für ihn drei Millionen Euro für die künftige langfristige variable Vergütung zurück. Alles in allem also kam der Chef des Nivea-Herstellers 2023 dann doch auf eine Vergütung von mehr als 5,5 Millionen Euro – er bekam diesen Betrag nur nicht komplett überwiesen.

Warum sich das Gehalt des Aurubis-Chefs zuletzt halbierte

Eine sehr viel heftigere Gehaltskürzung als Warnery musste für das Geschäftsjahr 2022/23 der damalige Aurubis-Vorstandsvorsitzende Roland Harings hinnehmen, der den Kupferkonzern am 1. September vorzeitig verlassen hat. Harings (Fixgehalt: 650.000 Euro sowie 260.000 Euro für Altersvorsorge) erhielt insgesamt nurmehr 1,1 Millionen Euro, ein Jahr zuvor waren es noch 2,15 Millionen gewesen. Der Langfristbonus für Harings entfiel wegen einer technischen Umstellung. Zugleich aber reduzierte sich der Jahresbonus von 545.000 auf nurmehr 178.000 Euro – obwohl der Konzern mit knapp 350 Millionen Euro das drittbeste Ergebnis seiner Geschichte eingefahren hatte.

Kupferkonzern Aurubis - Jahreszahlen
Der Jahresbonus von Roland Harings beim Kupferkonzern Aurubis ging stark zurück. Inzwischen hat der Vorstandsvorsitzende das Unternehmen verlassen. © picture alliance/dpa | Christian Charisius

Doch 2023 war in anderer Hinsicht ein Horrorjahr für das Unternehmen. Aurubis musste feststellen, dass ihm durch Kriminelle insgesamt knapp 170 Millionen Euro Schaden zugefügt worden war. Zudem gab es auf dem Hamburger Werksgelände mehrere schwere Arbeitsunfälle, bei denen drei Menschen starben. Nach offiziellen Angaben verzichtete der Vorstand daher darauf, die individuelle Zielerreichung beim variablen Jahresbonus in Anspruch zu nehmen.

Wie viel der Harings-Nachfolger Toralf Haag verdient, der vor wenigen Tagen angetreten ist, wird man erfahren, wenn Aurubis im Dezember den nächsten Geschäfts- und Vergütungsbericht veröffentlicht. Er müsste Angaben zu Haags Bezügen im September, dem letzten Monat des Aurubis-Geschäftsjahres, enthalten.

Der neue Aurubis-CEO dürfte bei den Gehaltsverhandlungen keine Zugeständnisse gemacht haben. Der Aufsichtsrat stand auf der Suche nach einem neuen Vorstandschef schließlich unter Zeitdruck. Und so misslich es für Vorstandschefs und andere Vorstände sein mag, dass ihr Gehalt bis ins Detail veröffentlicht wird – Vergütungsberichte haben auch für Top-Manager einen unschätzbaren Vorteil: Sie können leicht herausfinden, was der Vorgänger verdient hat.

Freenet-Chef Christoph Vilanek wird besser bezahlt als Kollege bei Beiersdorf

Der dienstälteste Vorstandsvorsitzende in Hamburg ist erst 56 Jahre alt und heißt Christoph Vilanek. Bereits seit 2009 führt er den Telekommunikationskonzern Freenet, sein Vertrag läuft bis Ende 2026. Freenet hat seinen offiziellen Sitz zwar im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf, doch Vilanek und seine Vorstandskollegen lenken die Geschicke des Unternehmens vorwiegend von Hamburg aus.

Christoph Vilanek  führt den Vorstand der Freenet AG bereits seit 2009. Er verdiente 2023 mehr als Beiersdorf-Chef Vincent Warnery.
Christoph Vilanek führt den Vorstand der Freenet AG bereits seit 2009. Er verdiente 2023 mehr als Beiersdorf-Chef Vincent Warnery. © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt

Gut 2,6 Milliarden Euro Umsatz und eine halbe Milliarde Euro Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) meldete der Konzern für das vergangene Jahr. Der Vergütungsbericht offenbart, dass Vilanek einen leichten Rückgang seines Jahresbonus hinnehmen musste – aber nur um 16.000 Euro. Unter dem Strich wurden ihm zusammen mit Fixgehalt und Nebenleistungen knapp 1,8 Millionen Euro ausgezahlt.

Aurubis, Beiersdorf und Co im Gehalts-Vergleich: Vorstandschef von Freenet hat Anspruch auf hohe Rente

Ein Langfristbonus wurde Vilanek zwar nicht ausgezahlt, doch es gibt da eine spezielle Spielart von Langfristzahlungen: virtuelle Aktien. Es ist ein kompliziertes Produkt. Der Besitzer kann die Auszahlung erst nach einigen Jahren verlangen, der Wert hängt von der Entwicklung des Aktienkurses ab, die Zuteilung von Gewinnparametern. Laut Vergütungsbericht erhielt Vilanek mehr als 232.000 solcher virtuellen Aktien neu hinzu, besaß Ende vergangenen Jahres insgesamt knapp 380.000. Inklusive dieser noch nicht ausgezahlten Langzeitbezüge summierte sich Vilaneks Einkommen 2023 damit auf 5,659 Millionen Euro – er hat letztlich mehr verdient als Beiersdorf-Vorstandschef Warnery.

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Und auch für das Alter hat Freenet seinen CEO gut abgesichert. Dafür zahlt der Konzern hohe Beträge in eine Unterstützungskasse ein. Vereinbart ist, dass der Vorstandschef ab dem 60. Lebensjahr das Anrecht auf 35 Prozent seines letzten Fixgehalts als Altersrente hat. Es sind – Stand heute – 350.000 Euro im Jahr.