Hamburg. Hamburger Nivea-Konzern tüftelt an Produkten. Im September soll etwas ganz Neues die Kundinnen begeistern. Marketing oder Revolution?
Vincent Warnery steht nicht ohne Grund im sogenannten Heritage Room der neuen Beiersdorf-Zentrale. Der Vorstandsvorsitzende des einzigen Hamburger DAX-Konzerns hat Journalisten eingeladen, um über die Vergangenheit und die Zukunft des Nivea-Herstellers zu sprechen. Da passt dieser Raum, in dem die Geschichte der Beiersdorf AG mit vielen digitalen Elementen erlebbar gemacht wird, perfekt.
„Tradition und Zukunft – beides gehört zusammen“, sagt der 55-jährige Franzose und erinnert an Unternehmensgründer Paul Beiersdorf sowie den Startschuss für das bekannteste Produkt des Konzerns: die Nivea-Creme. Warnery wagt aber auch einen Blick auf die möglichen Bestseller der Zukunft.
Selbstverständlich geht es dabei um die Haut, denn mit ihr verdient der Beiersdorf-Konzern das Gros seines Geldes. Erst Ende Februar hatten die Hamburger für das vergangene Jahr einen Gesamtumsatz von 9,5 Milliarden Euro vermeldet – den höchsten Wert in der langen Firmengeschichte. Auch den Vorsteuergewinn Ebit (ohne Sondereffekte) konnte Beiersdorf um fast zehn Prozent auf rund 1,27 Milliarden Euro steigern.
Beiersdorf-Chef: „Haut sieht bald bis zu fünf Jahre jünger aus“
Und obwohl das laufende Jahr mit Blick auf die Konsumflaute in Europa herausfordernder werden könnte, durften sich auch die Aktionäre über die erste Dividendenerhöhung seit vielen Jahren um knapp 43 Prozent auf 1 Euro pro Anteilsschein freuen. Damit Umsatz, Gewinn und Dividende weiterhin zulegen, kündigt Warnery nun eine Drei-Säulen-Strategie mit Blick auf Produktinnovationen an. Das Ziel: eine schönere Haut der Kundinnen und Kunden sowie gute Geschäfte für den Konzern.
Zum einen geht es um die Reduzierung von Pigmentflecken. Ein Thema, mit dem sich Beiersdorf schon länger beschäftigt. Mit ersten Erfolgen: Nach aktuellen Zahlen hat dieser Bereich 2023 bereits rund 350 Millionen Euro zum Gesamtumsatz beigetragen, ein Plus von 50 Prozent zum Vorjahr. Der von Beiersdorf patentierte Erfolgswirkstoff heißt Thiamidol. Warnery spricht von einer „Innovation, die nachhaltiges Wachstum schafft“. Bis zu 97 Prozent der Pigmentflecken könnten durch die Produkte mit Thiamidol reduziert werden, heißt es. Das sei das Ergebnis breit angelegter Studien mit rund 8500 Probanden. Genau dieses florierende Geschäft möchte Warnery kräftig ausbauen – weltweit.
Beiersdorf nimmt Akne und Pigmentflecken ins Visier
Als zweites Innovationsfeld beschäftigt sich Beiersdorf verstärkt mit Produkten, die Akne reduzieren sollen – eine chronisch entzündliche Hauterkrankung, die vor allem mit Pickeln und Pusteln einhergeht. „Wir sehen großes Potenzial in der Mikrobiomforschung und der Bedeutung von lebenden Bakterien für die Hautgesundheit“, sagt Warnery. Das Ziel: Die Forscher des Konzerns wollen genau verstehen, wie die Mikroorganismen auf der äußeren Hautschicht miteinander agieren und welche Folgen sie für die Hautgesundheit haben.
Um die eigene Expertise in diesem Bereich zu stärken, hat Beiersdorf bereits Ende 2022 eine Mehrheitsbeteiligung an S-Biomedic erworben, einem belgischen Spezialisten in der Mikrobiomforschung. Schon damals sprachen die Hamburger von einer „idealen strategischen Ergänzung“ des eigenen Geschäftsfeldes. Der Kampf gegen Akne soll aber erst noch richtig beginnen.
Beiersdorf sagt Hautalterung den Kampf an
Der dritte Schwerpunkt in der Forschung ist der Versuch, die Hautalterung nicht nur aufzuhalten, sondern die Haut sogar zu verjüngen. „Wir werden die Altersuhr um bis zu fünf Jahre zurückdrehen“, verspricht Warnery. Das Zauberwort in diesem Zusammenhang heißt „Epigenetik“. Bereits im September soll das erste sogenannte epigenetische Hauptpflegeprodukt unter der Marke Eucerin dazu auf den Markt kommen.
Über den Wirkstoff Epicelline in der Creme will man alte Hautzellen verjüngen. Jugendgene würden reaktiviert, so der Konzern. Warnery kündigt eine „Revolution auf dem Gebiet des Anti-Agings“ an. Allerdings ist Beiersdorf nicht der einzige Hautpflegekonzern, der mit solch markigen Werbebotschaften seinen Kundinnen und Kunden ein jüngeres und gesünderes Hautbild verspricht. Am Ende werden die Konsumenten selbst entscheiden, ob die Inhaltsstoffe aus ihrer Sicht tatsächlich halten, was Beiersdorf verspricht. Aber ein wenig Marketing kann bei der Meinungsfindung sicherlich nicht schaden.
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Wie es geschäftlich bei Beiersdorf im ersten Halbjahr 2024 nach dem Rekordumsatz 2023 weitergegangen ist, das wird Warnery bereits am Mittwoch bekannt geben. Möglicherweise haben sich die bisherigen Innovationen schon bezahlt gemacht.